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September 27, 2014

the world is run by clowns

 
Wie erinnern uns an Doktor Y, und wie er an mir vorbei gelaufen war mit den Händen in der Luft, über seinen Kopf: Mit dieser Geste wollte er mich nachahmen, wie ich hin und wieder getanzt habe, wenn ich von der Mucke schwer begeistert war. Diese Geste machte Doktor Y aber nach dem er mich aus der Psychotherapie-Station geschmissen hatte, mit einem erfundenem Verdacht auf psychotischer Episode, es war seine Art dem Triumph auszukosten, den er gerade dachte errungen zu haben. Es war seine Art Freude zu zeigen und praktischerweise und (natürlich völlig zufällig) ergab sich nebenbei der schöne Nebeneffekt, dass ich nochmals verspottet werden konnte, so richtig schön erniedrigt, ohne sich dabei im Geringsten exponieren zu müssen. Ja, er konnte mir so richtig eins auswischen, ja sogar herausfordern: Eine solche Chance konnte er sich natürlich nicht entgehen lassen!!!

Ich sagte schon mal zuvor: Zur Zeit halte ich die Hände unterhalb meinem Kopf, denn ich warte auf den Tag, in dem ich sie brauchen werde um Ärsche aufzureissen! Doch dies ist eine weitere Geschichte, die noch bevor steht...



In der Zwischenzeit ein Song für unsere liebe Ärzteschaft des Wahns. Ich hoffe, die Lyrics erübrigen sich, selbst für die mit einem besonders langsamen Hirnlein, selbst für die Empfänger der Botschaft.

Fuck U  ==  Placebo





Und noch ein Song der gerade so traurig gut zu passen scheint, nicht nur zu unserem Wahndoktor Y und seinem Triumpf, sondern auch zu dieser Welt und wie sie gerade komplett aus den Fugen zu geraten droht, und was junge Menschen davon halten und damit anzufangen wissen, wenn wir uns nicht schwer bemühen, ihnen von einem möglichen Sinn hinter all diesem Wahnsinn glaubhaft zu erzählen und ihnen ein Leben mit einem Sinn vorleben, einem Sinn der möglichst über

a) Geld zusammenraffen beim Kampf für die Karriere
und
b) Geld ausgeben beim Shopping
hinausgehen sollte. Denn...

Denn wenn wir es nicht machen, macht es die ISIS und holt sich die Jugendlichen, wie (wer erinnert sich?) dieser Rattenfänger mit der Flöte. Wie viele Minderjährige aus der Schweiz und den Nachbarnländern kämpfen gerade für die IS? Ein Dutzend? Mehr? Sogar Mädchen haben sich auf den Weg gemacht und kümmern sich dort um die Verpflegung der Kämpfer! Junge Dinger mit Schminkkoffer, iPhone, "Die Ärzte" auf dem iPod und Träume von der grossen Liebe, die das Leben eines Tages bringen wird... Was im Irak und Syrien auf diese junge Leute wartet, scheint für sie gerade mehr Sinn zu machen, als ihr Leben hier im Wohlstand Europas! Unsere Gesellschaft hat dringenden Handlungsbedarf — und ich meine nicht das TTIP Freihandels-Abkommen zwischen der EU und den USA! Ich meine, wir sollten zumindest in der Lage sein, unsere Jugend vor dem grössten Horror, der gerade auf Erden herrscht, zu bewahren — wir sollten in der Lage sein, ihnen diesen Horror nicht als die bessere und sinnvollere Alternative verkaufen zu lassen...



Trigger Happy Hands  ==  Placebo

The world is run by clowns with trigger happy hands
But the world is filled with people that we don’t understand
So we’re living in a culture made of death and fear
Doesn’t seem the human race will make it through the year

The world is run by lying, drunk, balding, know it alls
But my mother told me pride always come before a fall
Now remember in the day when we were young and green?
We were filled with hope; we were squeaky clean

"The world’s an unforgiving place", we've all heard this before
But we want hospitals and equal rights instead of bloody wars
We want the right to blow our minds, as crazy as it seems
The only place you’re truly free is cosy in your dreams
I said the only place you’re truly free is cosy in your dreams

put your hands in the air, and wave them like you give a fuck
Put your hands in the air, and wave them like you give a fuck
Put your hands in the air, and wave them like you give a fuck
put your hands in the air, and wave them like you give a fuck

The world is run by clowns with trigger happy hands
But the world is filled with people that we don’t understand
So we’re living in a culture made of death and fear
Doesn’t seem the human race will make it through the year

Put your hands in the air, and wave them like you give a fuck
Put your hands in the air, and wave them like you give a fuck
Put your hands in the air, and wave them like you give a fuck
Put your hands in the air, and wave them like you give a fuck

put your hands in the air, and wave them like you give a fuck
put your hands in the air, and wave them like you give a fuck
put your hands in the air, and wave them like you give a fuck
put your hands in the air, and wave them like you give a fuck



 
 

March 12, 2014

Krim, NSA und andere Tragödien

 
In Syrien ist es zum Stellvertreter-Krieg gekommen, weil niemand zur rechten und zur einzig möglichen Zeit etwas getan hat. Die Leute krepieren dort und die westliche Welt empört sich offensichtlich sehr an Putin und den Ereignissen auf der Krim... Doch, was bitteschön sollte man sonst erwarten, wenn man zuvor Herrn Putin einfach blocken und die gesamte Zivilbevölkerung Syriens potenziell auf die Schlachtbank schicken liess? Hätte man nicht spätestens damals ein starkes Zeichen setzen müssen, um Putin in die Schranken zu weisen? Man liess zu, dass er Spielregeln die zu Zeiten des kalten Kriegs missbrauchte um den gesamten Globus zur Untätigkeit zu zwingen! Ich höre auch nicht von grosser Dringlichkeit, diese Regeln der heutigen Zeit anpassen zu wollen. Ich staune nur, wie man Syrien zu diesem Dysaster verkommen liess um es sich dann sich selbst zu überlassen. Und denjenigen, die ihr Geld dort für Waffen investieren möchten, um möglicherweise an Einfluss zu gewinnen. Ein Trauerspiel der internationalen Gemeinschaft, auf Kosten der Menschen dort und deren Leben.

Was die Ukraine angeht, ist man sowas von empört!!! Was wäre in Bahrain geschehen, wenn es zu einer ähnlichen Situation gekommen wäre? Die USA hätten dafür gesorgt, dass ihre Stützpunkte auf gar keinen Fall durch politische Änderungen in Frage gestellt worden wären. Vielleicht, oder vielmehr höchst wahrscheinlich, haben die USA ja sogar aktiv hinter den Kulissen dafür gesorgt, dass es in Bahrain nicht zu grosse Umwälzungen kam. Die Saudis sind eingefahren und so ziemlich fertig war es auch schon mit der "Revolution". Genau die Saudis, denen wir nun dank unseren Repräsentanten in Bern weitere Waffen für gutes Geld liefern können. Und ich höre nichts von Verbrechen gegen die Menschheit, von Straf-Verfolgung und internationalen Gerichten... Aber in Bahrain wurde von Anfang an gegen die elementarsten Grundregeln eines jeden Konflikts verstossen: Ärzte, welche Verletze versorgten, wurden getötet, sie wurden unter Druck gesetzt in dem man ihre Familien-Angehörige bedrohte. Wer auch immer einen Arzt unterstützte, der Verletzte versorgte, musste auch mit dem Leben bezahlen. Es wurde dafür gesorgt, dass medizinische Versorgung gar nicht mehr möglich war, weil es an allem fehlte. Diese Taktik wurde von Anfang an verfolgt und mit aller Härte durchgesetzt: Das Bewusstein, Verletzte werden nicht im geringsten versorgt, nimmt auch der wütendsten Bevölkerung so ziemlich jeden Wind aus den Segeln, sich gegen die Machthabern aufzulehnen! Wo ist die internationale Gemeinschaft? Wer sanktioniert diese grausamen Verbrechen?

Ich möchte bestimmt nicht Putin in Schutz nehmen, wo er doch Schwule weniger als Hunde respektiert und keinen Widerspruch duldet. Gerade zeigte er der ganzen Welt, wie unverfroren er die russische Bevölkerung durch die von ihm kontrollierten Medien mit reinen Lügen und Phantasie-Informationen versorgt. Er lässt die Situation so darstellen, wie er sie sich gerade ausdenkt, wie sie für ihn am passendsten ist. Und wir wissen seit Jahren, was mit Journalisten und Journalistinnen passiert, die nicht den Weisungen aus dem Kreml folgen... Doch niemand fühlte sich bemüssigt, der katastrophalen Entwicklung in Russland etwas entgegen zu stellen. Was gerade auf der Krim passiert, ist harmlos gegenüber all dem was Herr Putin schon geleistet hat. Und nach dem was er mit Syrien geboten hat, wundert sich wirklich noch jemand?

Das einzig Gute, was ich Putin zugestehen muss, betrifft Herrn Snowden in Zusammenhang mit der Hexenjagd Obamas und aller amerikanischen Sicherheits-Dienste. Da ist die Vorgehensweise Putins geradezu vorbildlich, ganz besonders wenn man bedenkt wie sich ganz Europa verhalten hat und wie Österreich sogar bereit gewesen ist, einen Präsidenten-Flieger eines souveränen Staates von der Luft zu holen, weil eventuell Mister Snowden an Bord sein konnte. Woher kam diese Information? Wie sicher war sie? Wie sehr hat man auf eine zuverlässige Überprüfung bestanden, bevor man sich für ein derart gravierendes Vorgehen entschied? Hatte jemand Mister Snowden an Bord der Maschine steigen sehen, zusammen mit mehreren Dosen feinster Russischer Kaviar? Nein, in Sachen NSA und Wisthelblower Edward Snowden hat die gesamte EU und der grösste Teil der Welt nicht wirkllich eine gute Figur gemacht. Verdammt: Die USA tun ganz einfach was sie wollen und erheben de fakto Anspruch auf den weltweiten Daten- und Informationen-Fluss, ja sie nehmen sich das Recht jegliche Kommunikation zu überwachen, und in Europa regt man sich wegen der Krim auf? Wie ging das, damals? Hohe Tiere der CIA traten vor die Kamera und behaupteten, Snowden könne unmöglich derart unbeschränkten Zugang gehabt haben, hätten sie selbst ja nicht derartige Berechtigungen ohne ausdrückliche Bewilligung durch den Kongress. Ja, Putin ist nicht der Einzige, der die Medien ungeniert mit Märchen füttert. Dass ein CIA General offiziel nicht einfach Obama spionieren kann, heisst noch lange nicht, dass Snowden dies nicht konnte und die NSA dies weiterhin kann. Schätzungsweise gibt es kein System auf der ganzen Welt, was vor dem Mitlesen oder Mithören durch die Amerikaner als sicher bezeichnet werden kann. Man ist ja schliesslich auch bis in die Iranischen Atomar-Anlagen gekommen und man hat, als man es irgendwann auch wirklich wollte, Osama Bin Laden ausfindig gemacht...! Und die USA verweigern jegliche Auskunft an egal welche Regierung auf der Welt! Doch, in Europa, da regt man sich wegen der Krim auf?



Aber vielleicht ist es tatsächlich schon zu spät. Vielleicht bleibt uns auch nichts anderes mehr übrig, als uns über die Krim aufzuregen und zu empören...! Schwule werden in Russland "verarbeitet" (zusammen mit Meinungs- und Rede-Freiheit) und die gesamte Menschheit wird in den USA zu elektronischen Daten-Sätze "verarbeitet".


Ein Hoch auf Edward Snowden, Julian Assange und die Pussy Riots.
Ein Gebet und eine Spende für die Menschen in und aus Syrien.
 
 

September 30, 2013

Grenzen der Demokratie (nr.1)

 
Gerade dieser Tage haben verschiedene Länder mit den Grenzen von Demokratie zu kämpfen. Und selbst die UNO wirft rund um das Syrien-Konflikt eine ganze Reihe grundsätzlicher Fragen auf.

In Italien erpresst gerade Silvio Berlusconi die Regierung und das ganze Land, weil ihm durch eine schon so lange überfällige Verurteilung ein Verbot jeglicher politischer Aktivität droht. Zum ersten Mal seit er sich in die Politik flüchtete wurde er rechtskräftig verurteilt und riskiert jeglichen direkten Einfluss auf Gesetz-Gestaltung und stratigesche Ausrichtung der Wirtschafts-Politik aus dem Herz selbst der Macht hinaus zu verlieren. Zum ersten Mal muss er wahrscheinlich unter dem gespenst eines völligen Kontroll-Verlusts zittern. Dabei war ja ausgerechnet ein ähnliches Szenario (die Aussicht auf Verurteilung wegen Steuerhinterziehung und mafiöse Seilschaften sowie anschliessendes Gefängnis) der Auslöser für seinen Entscheid gewesen, in die Politik einzusteigen. Praktisch über Nacht gründete er eine Partei und liess sich in einer von Immunität gesegneten Position wählen. Nun hatte er Blut geleckt und eine Spielwiese gefunden, die es ihm erlaubte seine Talente zum Besten zu Geltung zu bringen.

Er schaffte genau das wovon man immer gemeint hatte, es würde durch wahre Demokratie verunmöglicht werden. Immer öfters müssen wir die auf der ganzen Welt die schmerzhafte Erfahrung machen, dass sich die Idee einer sich immer regulierenden und sich automatisch vor Missbrauch selbst schützende Demokratie als genauso falsch erweisen kann wie diese abstruse Idee eines sich völlig von selbst regulierenden Marktes, der jegliche Art ungerechter Ausbeutung von Arbeitskräfte und exzessiver Selbstbedienungs-Mentalität in den obersten Etagen der grossen Konzerne durch den Druck des Konkurrenz-Mechanismus verbannen würde. Berlusconi schaffte es, sich innerhalb vermeintlicher demokratischer Spielregeln an die Spitze des Landes zu setzen und völlig schamlos Gesetzgebung und Spielregeln nach ganz persönlichen Bedürfnisse zu gestalten. Er schaffte es, der Hälfte der Italiener das Märchen unterzujubeln wonach was für ihn gut sei(ein erfolgreicher und "self-made" Milliardär und Unternehmer) natürlich auch nichts als Gut für das Land zu sein hatte.

Nun kaufte Berlusconi bei Bedarf Stimmen im Parlament unter den Augen der ganzen Welt: Jedermann wusste darüber Bescheid doch niemand konnte etwas dagegen unternehmen. Er reizte so ziemlich jedes Gesetz zur Preväntion von Interessens-Konflikte und Vettern-Wirtschaft bis zum Äussersten aus, und wo ihm dies nicht genug war änderte er ganz einfach das Gesetzt. Seine Rechte Hand im parlamentarischen Prozess war ein Jurist, der der legislativen Versammlung von Mal zu Mal einen pfannenfertigen Gesetzestext unterbreiten konnte, das nur noch durchgewunken werden musste. Dies kann auch Demokratie sein. Oder so.


Weitere Schlachtfelder um die Zukunft von Demokatrie und deren Definition sind zum Beispiel das Haushalts-Budget der USA, wo diesmal die Republikaner zu keinerlei Kompromisse bereit zu sein scheinen in Bezug auf die gerade erst umgesetzten Gesundheits-Reform "Obamacare". Obwohl beider Häuser dieser Reform zugestimmt hatten, obwohl alle juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden und alle bemühten Gerichte die Zulässigkeit des neuen Modells bestätigt hatten, obwohl Obama danach ziemlich klar wiedergewählt wurde und somit seine Politik und ausdrücklich auch diese Reform des Gesundheitswesen, trotz all dieser Tatsachen sind die Republikaner nun fest entschlossen, die ganze Reform rückgängig zu machen, diese grundsätzliche Konzept-Änderung, diesen Dogma-Wechsel (der für die Ewigkeit mit dem Namen von Obama in die Geschichts-Bücher gehen würde) finden sich nun die Republikaner gezwungen zu fall zu bringen — koste es was es wolle!

Ich habe schon von Beginn an gesagt, Obama sei das Beste was Amerika geschehen konnte. Dieser Meinung bin ich heute noch. Dabei möchte ich keineswegs seine Fehlleistungen schönreden oder grundsätzliche Fehlverhalten der USA relativieren. Ich sage nur, kein Präsident hätte dem Land einen besseren Dienst erweisen können und in der Welt einen kleineren Schaden anrichten. Obama ist ein Politiker des "Zusammen", des "Miteinander", des Konsens, der konstruktiven Angehensweise und der gemeinschaftlichen mit Einbezug aller involvierten Parteien Lösungsfindung. Er ist kein Cowboy der mit seinem Namen unbedingt für mindestens einen — möglichst gewonnenen — Krieg stehen muss. Er ist keiner, der entscheidet und im alleingang umsetzt. Nicht umsonst war der Wahlkampf-Slogan "Yes We Can" und nicht "Yes I Can". Aus dem "Yes We Can" wurde "Yes We Scan", doch dies ist eine andere Geschichte, die in 90er des letzten Jahrhundert schon so aktuell war wie heute (erst recht seit es Internet-Browser gibt) und, leider, ging man wiedereinmal zurück zur Tagesordnung, als wäre nichts gewesen. Doch dies ist eine andere Geschichte in dieser ganzen Geschichte. Die Tatsache, dass er so viel weniger erreichen konnte als es ihm und vielen Amerikanern lieb wäre, zeigt wie schwierig und komplex legislativer und exekutiver Prozess in den USA inzwischen geworden sind, wie unglaublich mächtig die verschiedenen Interessens-Gruppen sind, welch mächtige Stimmen das eine oder andere Wörtchen mitzureden haben. Unter solchen Voraussetzungen ist ein Präsident des konstruktiven, gemeinsamen Lösungsfindung wahrlich nicht zu beneiden und prompt hat man Obama mit unglaublichen und unrealistischen Erwartungen zum scheitern vorverurteilt worden. Ganz zu schweigen von den unbegründeten Vorschuss-Lorbeeren... Entweder wir sehen der heutigen Realität ins Auge und gehen realistisch mit der Macht von Militär, NSA, CIA, Pharma-, Waffen-, Nahrungs- Industrie, Finanz-Wirtschaft und Banken, usw. usw. usw. um oder kein Präsident der Zukunft wird je mehr in der Lage sein, grosse Änderungen zum Besseren umzusetzen. Entweder wir beginnen zu akzeptieren, dass es selbst bei den staatlichen Behörden inzwischen (USA genauso wie EU) schon fast zur Regel geworden ist, die Interessen der Konzerne zu schützen und somit (so die Selbst- und Allgemeinheits-Täuschung) eine "gut funktionierende Wirtschaft" zu gewährleisten.

Nun stellt sich also ein Teil der demokratisch gewählten Repräsentanten des amerikanischen Volks stur und droht das ganze Land komplett zu destabilisieren. Dies trotz der möglichen katastrophalen Auswirkungen auf die globale Wirtschaft, die Devisen-Stabilität und vor allem trotz der Tatsache, dass nachweislich so ziemlich niemand im Lande das sie repräsentieren auch nur im entferntestens eine Insolvenz des Staates als mögliches Druckmittel zur Umsetzung gewünschter Ziele in kauf zu nehmen bereit wäre. Doch die politische Klasse scheint dies anders zu sehen. Eine demokratisch erarbeitete und umgesetzte Reform soll nun auf biegen und brechen wieder aus der Welt geschaffen werden. Dies kann auch Demokratie sein. Oder so.


In der Schweiz brodelt es auch immer wieder, wenn es um das Gesundheits-System geht. Und ich bin vor einigen Monaten erschrocken, als ich die Aussagen von SVP-Präsident Toni Brunner hörte. Die Finanzierung des Systems und die Kosten-Entwicklung sind ein Dauer-Thema hierzulande und so befindet sich der verantwortliche Minister seit je her auf einer grossen Baustelle, die wohl nie zu einem Ende finden wird. Kürzlich wurde ein ernsthafter Beitrag zu einer Entschärftung der akutesten Problemen bachab geschickt: Das "Managed Care" Modell wurde mit dem fadenscheinigem Argument der freien Arzt-Wahl geopfert, wobei diese weiterhin gewehrleistet war. Die reale Bremse der Kosten-Explosion wurde lässig in Namen irgendwelcher intransparenten Interessen geopfert. Jedermann weiss inzwischen, dass unser Gesundheits-System unaufhaltsam richtung Kollaps steuert und dennoch wird jede dem Parlament und dem Volk vorgeschlagene Anpassung instrumentalisiert und schlussendlich zu Grabe getragen.

Soweit die Sachlage heute. Nun kommt Toni Brunner und meint, bald sei das Obligatorium der Krankenversicherung aufzuheben, denn das System sei schlicht nicht mehr zu finanzieren. Es sei ihm bewusst, dieses Thema sei heute (noch) nicht mehrheits-fähig und die Partei müsse noch einige Jahre warten müssen, doch früher oder später wird der Moment kommen und die SVP wird bereit sein um all die Menschen zu repräsentieren, die so hohe Monatskosten für die Finanzierung der Krankheiten anderer Menschen nicht mehr zu tolerieren bereit sind. Obwohl die SVP gegen jeglichen Einfluss aus dem Ausland ist, scheint sie bei der Wahl von Themen die sie bewirtschaften möchte recht oft in richtung USA zu schielen... Was dort für die Republikaner funktioniert, wird wohl auch in der kleinen, auf ihre Traditionen bedachte Schweiz ziehen können... Oder, Herr Brunner? Ich glaube, niemand wird in der Schweiz ernsthaft bestreiten wollen, dass die Einführung des Krankenkassen-Obligatoriums und die solidarische Versicherung der ganzen Bevölkerung, mit inbegriffen der am meisten benachteiligten Schichten, eine grosse Errungenschaft von zivilisatorischem Fortschritt gewesen sei. Niemand wird doch AHV und IV ernsthaft in Frage stellen wollen, oder? Doch in diesem Fall, aus völlig unersichtlichen Gründen, fühlt sich die SVP bemüssigt, anstatt nach Lösungen zu suchen und somit gemeinsam mit allen Kräfte und, zugegeben, wie immer im demokratischen Prozess auch zu Kompromisse fähig, für die Erhaltung eines solchen Meilensteins der Zivilisation und der Kultur einzustehen, ganz einfach untätig zu bleiben und in aller Seelenruhe auf den Moment des Kollaps zu warten, um dann als erste politische Kraft auf das Solidaritäts-Prinzip verzichten zu wollen... Eine solche Art zu politisieren, das muss ich ganz ehrlich zugeben, macht mir schon ein bisschen Angst, denn sie ist bereit auf jegliche gemeinschaftliche Errungenschaft zu verzichten, im Namen einer "nicht Realitäts-Fremden" Einschätzung der Lage. Bis es soweit sein wird, fühlt man sich bei der SVP in Sachen Gesundheits-System offensichtlich von jeder Verantwortung entbunden, oder? Auch dies soll demokratie sein. Oder so.



P.S. Schon wieder schimpfe ich über die SVP... An dieser Stelle möchte ich nur kurz anmerken, dass ich letztens auch wiederholt von einigen Repräsentanten dieser Partei sehr positiv überrascht wurde, darunter zum Beispiel This Jenny, Christoph Blocher und andere. Ich hoffe dennoch, ich komme demnächst dazu, über diese Fälle zu schreiben und über die Notwendigkeit, eine Kraft wie die SVP zu haben. Ich bin der Meinung, dass die Schweiz durchaus das eine oder andere wirklich der SVP zu verdanken hat und dies oft gerade dann, wenn sie zuerst vielleicht die einzige Kraft ist, die sich traut eine Position zu unterstützen, entgegen aller anderer Parteien. Leider ist hier aber fast immer auch schon das Ende der Fahnenstange erreicht, wenn es um konstruktive Gestaltung des Zusammenlebens geht. Ich hoffe aber, dass ich sie in Zukunft nicht allzu oft werde loben können, denn dies würde ein systematisches Versagen anderer Kräfte bedeuten. Und auch dies soll demokratie sein. Oder so.
 
 

January 27, 2013

nachträglich weihnachtlich

 
Dieses Jahr reichte meine Energie nicht aus, um die Advents- und die Weihnachts-Zeit gebührend zu feiern. Ich meinte, ich lasse es einfach sein und denke nicht mehr daran, die Welt dreht sich auch ohne die paar Posts weiter.

Ich habe keine Energie, doch ausgerechnet beim Thema Energie ist mir definitiv der Kragen geplatzt. Nun kann ich es doch nicht sein lassen, denn man fordert mich einfach heraus, man strapaziert einfach meine Geduld bis zum äussersten, man lässt mich einfach nicht in Ruhe krank sein, ohne dass man mich regelmässig auf die Palme bringen würde. Während sich die Elite der Welt-Wirtschaft und -Politik dieser Tage in Davos getroffen hat und dort über weitere Krisen-Bewältigung philosophierte, wird die Situation auf der ganzen Welt von Tag zu Tag noch wahnsinniger — in der Tat denken wir all immer wieder, schlimmer als so kann es gar nicht werden, doch immer wieder belehrt uns die unmittelbare Zukunft eines Besseren. So spricht ein ganzer Kontinent Europa schon seit mehreren Jahren über nichts als Märkte, "Stückzahl-Preise", Spread, "Triple A" usw. während in der Zwischenzeit "Coca-Cola Griechenland" ihren Sitz in die Schweiz verlagert (sollte eigentlich nicht schon dies ausreichen, um ein ganzes Jahr darüber nachdenken und zum Schluss kommen zu müssen, etwas läuft hier definitiv komplett falsch und benötigt drastische Massnahmen?), Portugal gezwungen wird die wenigen Dingen die in den nächsten Jahrzehnten regelmässige Einkünfte sichern würden dem Steuerzahler zu entreissen und deren Gewinne "dem Markt" zu Verfügung zu stellen (siehe Flughafen Lissabon!) und in der Schweiz Economiesuisse so tut als würden wir alle in 10 Jahren den Hungertod sterben werden falls wir Schweizer so dumm sein sollten, die Minder-Initiative anzunehmen... Dabei könnte demnächst der Syrien-Konflikt die ersten Hunger-Tode hervorbringen, zusätzlich zu all den unsäglichen Katastrophen die seit Jahren unter den Augen der ganzen Welt "einfach zu geschehen scheinen".

Doch ich kann nicht widerstehen, wenn ich sehe mit welcher Entschlossenheit man niemals die Energie-Wende in der Schweiz hinnehmen wird. Falls nötig bis zum bitteren Ende! In jedem guten Unternehmen würde man Doris Leuthard und ihre Leute arbeiten lassen, vielleicht zusammen mit Martin Bäumle, und die Energie-Wende wäre die reinste Erfolgs-Story, weil machbar. Und ohne vermeintlich katastrophalen Folgen für Wirtschaft und Volk! Aber nein... Es gibt Kräfte die fest dazu entschlossen sind, diese Wahrheit, dessen Machbarkeit bis zum äussersten zu bekämpfen und zu verhindern.

Es ist in etwas derselbe Mechanismus, der zur Zeit so viele Politiker und Interessen-Gruppen dazu bringt, Unsummen und unglaublich viel Energie in der Bekämpfung der Minder-Initiative zu investieren: Der grosse gemeinsame Nenner ist Angstmache, die Details ändern dann von Thema zu Thema. Keiner kann mich dazu bringen zu glauben, die Minder-Initiative sei der Jung-SVP wirklich so wichtig und ein derartiges Anliegen, dass diese sogar sich dazu gezwungen sehen, Guerilla-Marketing Aktionen durchführen zu müssen. Keiner macht mich glauben, dass sich Erich Hess wirklich Sorgen über die Folgen der Minder-Initiative Annahme auf die Gesamt-Wirtschaft und den Wohlstand der Schweizer Bevölkerung macht... Keiner! Meine ganz persönliche Meinung ist vielmehr die, dass Erich Hess und Christoph Blocher und die Economiesuisse und all die andern viel mehr grosse grosse Sorgen darüber machen, dass sie weniger Geld von den von der Minder-Initiative betroffenen unternehmen (32 an der Zahl) bekommen könnten, in nächster Zukunft. Blocher ganz besonders, der ja so oft seine Richtung geändert hat in Sachen Abzocker-Initiative wie er verschiedene Interessen zu vertreten versucht, für sich und für all diejenigen die seine Partei mitfinanzieren.

Auf eine ähnlichen Weise kommt es auch dazu, dass die Angelegenheit der Energie-Wende noch lange lange nicht vom Tisch sein wird, obwohl das Schweizer Volk eigentlich mit Erleichterung davon ausgegangen war. Erschwerend kommt noch die Tatsache dazu, dass Deutschland stark subventionierten und mit Braunkohle produzierten Strom auf den internationalen Markt bringt, der nur halb so teuer ist, wie nachhaltig produzierter Wasserkraft-Strom in der Schweiz. Auf diese Weise werden neue Investitionen im Bereich alternativen Energien schon im Keim erstickt, sei dies gewollt oder nicht. In der Zwischenzeit hat das Ensi immer mehr Mühe, wahre Unabhängigkeit von der Atom-Industrie den wenigen Menschen glaubhaft unterzujubeln, denen das alles nicht komplett egal ist.

Also kann ich einfach nicht widerstehen und muss den so passenden Sketch von Loriot vorschlagen. Lasst uns also weiter mit der Atom-Energie spielen! In diesem Sinne, wünsche ich der ganzen Schweiz nachträglich fröhliche Weihnachten!



Weihnachten bei Hoppenstedts  ==  Loriot


 
 

July 15, 2012

42

 
Ich sehe mir Tomáš Sedláček zum zweiten Mal in der Sternstunde auf SF an und bin genau so begeistert wie das erste Mal, wenn nicht noch mehr. Siehe auch den Post "Immer noch Wachstum".


Er spricht Dinge an, die mich schon seit langer Zeit beschäftigen. Zum Beispiel war ich, schon bevor ich ihn hörte, der Meinung, es sei ein riesen Fehler zu meinen, Wirtschaft sei eine reine beschreibende Wissenschaft, so wie es die Kartographie sein könnte. Und der grösste Fehler ist der grundlegende Anspruch, sie sei wertfrei! Was für ein folgenschwerer Irrtum... Zu dieser Schlussfolgerung kam ich schon als ich hörte wie man gerade zur Zeit dabei ist, mit grosser Anstrengung und vielen Schwierigkeiten, auf empirische Weise zu beweisen, dass sich der Mensch im Angesicht von Geld anders verhaltet als bei anderen Gütern. Was gibt es denn offensichtlicheres als die Tatsache, dass der Mensch sich zu einer Bestie verwandeln kann, sobald Geld irgendwie ins Spiel kommt???

Ich habe gerade einen ganz radikalen Kapitalisten sagen hören, erst das Anhäufen von Kapital habe überhaupt den Fortschritt ermöglicht, den wir gerade erleben. Erst seit der Mensch den Kapitalismus pflege, sei er also kurturell vom Fleck gekommen. Einen grösseren Schwachsinn habe ich schon lange nicht mehr gehört: Austausch unter den Völkern, Bildung, und andere Dinge hat er mit keinem Wort erwähnt. Unsere Geschichte lehrt uns zwar eine ganze Anzahl Dinge, doch wie der Mensch plötzlich jegliche Moral und Ethik über Bord werfen kann beim Gedanken, einige Kröten das Seine nennen zu dürfen, gehört ganz bestimmt dazu. Wirklich beunruhigend finde ich die Tatsache, dass wir dies inzwischen für völlig normal und sogar legitim halten. Wir akzeptieren, ohne dass uns dies bewusst wäre, schon sehr oft dass Geld und Geschäft höhere Priorität und grössere Wichtigkeit haben als das Wohlergehen unserer Mitmenschen. Selbst in demoktratischen Ländern tappen Leute mit den besten Absichten in diese Falle der Beurteilung. Sedláček ist ein Meister darin, in die Geschichte zurück zu gehen und die ökonomische Seite der Überlieferungen zu verdeutlichen. Ein Beispiel dazu kommt mir in den Sinn — von dem ich nicht weiss ob Sedláček es auch in seinem Buch bringt: "Die Ökonomie von Gut und Böse" im Hanser Verlag erschienen: Jesus soll ein einziges Mal wirklich die Fassung verloren haben, ein einziges Mal brachte ihn das Benehmen seiner Mitmenschen dazu, die Beherrschung zu verlieren (und dies ist nicht etwa in Zusammenhang mit seiner Hinrichtung geschehen, wie man von jedem "normalen" sterblichen annehmen würde, nein), es geschah in Zusammenhang mit den Händlern vor dem Tempel, die sich auf Kosten der Gläubigen bereicherten! Inzwischen funktioniert unsere ganze Zivilisation auf dem Prinzip den die Händler damals folgten...

Ich habe schon einige Posts geschrieben und da ist es unvermeidbar, dass sich der eine oder andere Fehler mit einschleicht, oder irgendwie eine Aussage die missverstanden werden könnte. So schrieb ich zum Beispiel, Geld das mit 0% Zinsen gekauft werden könnte, das so ziemlich unmoralischste sei, was man sich vorstellen könnte. Dies war natürlich in einer Welt gemeint, in der jeder Hausbesitzer in den USA der zu einer 2. Hypothek auf seinem Haus verführt wurde, für seinen Subprime Kredit bis zu 14% Zinsen zu berappen hat.

Auf dieses Problem gibt es unzählige Lösungs-Ansätze. Inzwischen denkt nämlich fast jeder einigermassen intelligenter und mit einem Minimum an Sensibilität ausgestatteter Mensch auf dieser Welt, wie man all die Probleme überwinden könnte, die uns die Finanz-Industrie und der gängige Investitions-Mechanismus beschert haben. Auf schlüssige Antwort warten wir vergebens. Und werden es noch für lange Zeit tun. Auf definitive Antworten sollten wir wahrscheinlich noch nicht einmal hoffen. Dennoch gibt es sie, die vermeintlichen Lösung, oder die Teile einer möglichen Lösung. Religionen haben den Zins-Verbot ausgesprochen, was schon mal ein sehr guter Ansatz wäre. Der Mensch aber hat 1000 Wege und Begründungen gefunden, dieses Verbot zu umgehen. Die Ökonomie sagt uns auch, dass Zins auf Geld die Basis unseren Wohlstands sei und die meisten Menschen nehmen dies als gegeben Wahrheit.

So nehmen wir auch die "Unsichtbare Hand" als gegeben. Und meinen nur, man müsse die Menschen und die Gesellschaft so zurecht biegen, gerade mal so sehr regulieren dass die "Unsichtbare Hand" alles in Ordnung bringen kann und nicht zu sehr regulieren dass die "Unsichtbare Hand" vom Gesetzt behindert wird. Diese "Unsichtbare Hand" soll perfekt sein, sie soll alles so zusammen spielen lassen, dass der Mensch in Wohlstand leben kann und sich mit Freude und Harmonie dem Fortschritt widmet, das ihm noch mehr Wohlstand bringen wird. Jeder Krieg, jeder Konflikt, jede Ausbeutung soll nichts mit dieser Hand zu tun haben.



Ich aber stelle eine Frage:

Was, wenn uns die "Unsichtbare Hand" schon immer den Stinke-Finger gezeigt hat?


Oder, um es mit Andreas Rebers zu sagen, was wenn das "Tischlein Deck Dich" am Ende des Tunnels nur sagt "Leck mich"? Siehe auch den Post "Das Konjunktur-Paket".

Was dann?




Autor unbekannt




Alternative Lösungs-Ansätze werden um so populärer und erhalten immer mehr Gehör, desto dringender die Probleme der Finanz werden. Dennoch schleicht die Umsetzung solcher Lösungen in einem nicht zu ertragbaren Tempo der Realität hinterher. Sarkozy hatte ja Grosses vor, mit den G20: Getan wurde nichts. Frau Merkel stolpert von einer Meinungs-Umfrage auf die nächste. Man muss ihr aber lassen, dass sie sich für ihre Entscheidungen aber auch noch auf Informations-Brochüren der verschiedenen Lobbyisten-Kreise stützt. Vielleicht wird die EU irgendwann eine Finanztransaktions-Steuer einführen, vielleicht wird sie irgendwann Leer-Einkäufe verbieten, vielleicht, vielleicht, vielleicht.... In der Zwischenzeit aber? Was geht gerade ab? Mit den spanischen Banken? Aber dies ist eine andere Geschichte, die ich ein ander Mal erzählen möchte.

Alternative Lösungen gibt es viele. Ideen gibt es zu Haufen. So schwärmen einige Leute von einem Geld mit Verfallsdatum, das sozusagen "rostet". Andere denken an eine Gesellschaft der Tausch-Güter. Oder eben an einem echtem Zins-Verbot. Und so weiter und so fort.

Ich bin der Meinung, Regulierung ist dringen nötig: Das von Margaret Thatcher hinterlassene und dann schnell von den Amerikanern übernommene Vermächtnis der Deregulierung der Finanz-Märkte ist rückgängig zu machen. Dennoch bin ich auch der Meinung, keine Regierung, keine Institution, keine Gesetze werden je ausreichend regulieren und somit die dunklen Seiten von Finanz und Kapitalismus in Schach halten können — jedenfalls nicht in einer funktionierenden Demokratie. Es ist meine Überzeugung, dass wir noch einen sehr langen Weg vor uns haben bis wir den heute als allgemein gültigen Umgang in Finanz und Wirtschaft werden überwinden können, ein Weg der nicht an der völligen Transparenz vorbeikommen wird. An eine freiwillige, selbst auferlegte Transparenz aller Akteure, die mit an einem jeglichen wirtschaftlichen Austausch teil haben möchten. Denn erst dann wird jede Konsumentengruppe und jedes Unternehmen basis- demokratisch, objektiv und mit fundierten Argumenten entscheiden können, mit wem man geschäften möchte oder lieber nicht.

Heute aber ist das Geschäfts-Geheimnis eine tragende Säule des Kapitalismus: Es ist für jeden Händler von grösster Wichtigkeit, dass sein Konkurrent nicht die genauen Kosten seiner Rohstoffe kennt oder die Kosten-Struktur beim Prozess der Verarbeitung. Genau dieses Unwissen der "Gegenpartei" verschafft einen Markt-Vorsprung. Welchen genau?

Nun, dies ist generell ein Problem des Kapitalismus. Nicht jeder Markt-Vorsprung (was aber immer für ein Unternehmen wünschenswert und von Vorteil ist) ist etwas, dass automatisch auch für die Gesellschaft gut sein muss. So ist es zum Beispiel ein in der heutigen Zeit immer wichtiger Markt-Vorsprung, wenn es einem Unternehmen gelingt seine Zulieferer dazu zu zwingen, sich gegenseitig immer wieder im Preis zu unterbieten. Das Unternehmen wird billiger einkaufen können und somit billiger verkaufen, und dies hält man allgemein für gute Dinge. Doch die Zulieferer werden eventuell dazu gezwungen, ihre Mitarbeiter auszubeuten. Das höchst erfolgreiche Unternehmen mit dem meist verkauften Stückzahlen und dem grösste finanziellen Erfolg, ist also ursprünglich der Grund dafür, dass sich die Arbeitnehmer nicht mehr von ihrem Lohn ernähren können und somit vom Staat unterstützt werden müssen. Deutschland ist zum Beispiel ein grosser Meister darin, Billig-Arbeit zu fördern und mit Steuergelder zu subventionieren. Ein recht grosser Teil der berühmten Deutschen Konkurrenz-Fähigkeit entspringt aus einer solchen Aberration des staatlichen Auftrags. Dies alles ist ist aber eine andere Geschichte, die ich ein ander Mal erzählen werde.

Was ich heute ansprechen wollte ist die Tatsache, dass man mit Mühe und Not empirisch zu beweisen Versucht, dass sich der Mensch bei Geld anders Verhält als bei jedem anderen Gut. Dies in einer Gesellschaft in der die Wirtschaft inzwischen die einzige wirklich lebendige, vom Volk gelebte Religion ist. Während man sich zur Zeiten der Renaissance mühsam zu einem neuen Weltbild, zu einem anderen Verständnis von Gott und dessen Fürsprechern durchkämpfen musste, so wie man es Jahrhunderte zuvor gemacht hatte als man den Monotheismus eingeführt hatte, so werden wir die nächsten Jahrzehnten oder länger damit beschäftigt sein, unser Verständnis von Geld zu revidieren.

Wir können nur hoffen, dass uns die Zeit dazu nicht ausgehen wird. Denn, in der Zwischenzeit sind Computers auf der ganzen Welt am rechnen... Sie rechnen dies und jenes, steuern in Millisekunden die Börsen-Transaktionen, sie suchen nach dem Higgs-Teilchen und sie steuern bald jede Kaffeemaschinen, wo sie schon heute in jedem Telefon stecken. Sie haben schon so ziemlich jeden Bereich unseres Lebens erobert, doch sie sind noch immer dabei zu rechnen, was die ultimative, letzte Antwort ist. Irgendwann wird ein Super-Computer auf dieser Welt auf die Antwort kommen — und nicht erst in einigen Millionen von Jahren! Die Entwicklung schreitet so rasant voran, dass es jeden Augenblick so weit sein könnte. Und wenn dieser eine Computer auf diese eine Antwort stossen wird, dann...

Dann wird das Universum seinen Zweck erfüllt haben und in sich selbst implodieren. Denn Computers, so wissen wir von der Wirtschaft, haben immer recht!


Siehe auch in Wikipedia den Eintrag 42 (Antwort).
 
 

July 08, 2012

solange Kinder...

 
Wenn ich gerade mal nicht schlafe weil ich mir nur knapp keine Überdosis Kaffee verpasst habe, dann könnte ich fast kotzen wegen all den Dingen die überall auf der Welt zum Himmel stinken. Wenn man zum Beispiel nach Syrien blickt, dann ist das inzwischen nicht mehr auszuhalten. Hätte ich Putin vor mir, dann würde ich ihn wahrscheinlich vollkotzen. Vor den Augen der ganzen Welt wird in Syrien Jung und Alt, Frau und Kind gefoltert und gemordet, medizinische Nothilfe wird verunmöglicht. Und was hat Putin für Sorgen? Er muss sich im ganzen Land auf der Mattscheibe in einem Flieger zeigen, wie er irgend einem Zivilschutz-Fritzen sagt, man müsse jetzt zuerst an all die Menschen denken, die in Russland durch die Unwetter am leiden sind. Ausserdem ist es durchaus wichtig, die NGOs zu schikanieren: Diese "konspirativen ausländische Agenten". Schande auf Putin. Kotze auf ihn.

Schande auf die Obama-Regierung, die grosse Töne spukt wenn es um Syrien und somit um Russland geht: Was aber wenn es um Bahrain geht? Wenn dort die Saudis mit ihrem Militär einfahren? Das nimmt man in Washington zur Kenntnis — schliesslich möchte man sich nicht die Stimmung mit den Verbündeten trüben. Wenn es aber Russland macht ist es nicht OK!

Schande auf die Schweiz, weil unsere Hand-Granaten über das von uns belieferte Saudi-Arabien Menschen in Syrien töten. Wird dies ernsthafte Konsequenzen in der Schweizer Politik betreffend Waffen-Exporte haben? Nein, denn schliesslich ist man auf gute Kunden angewiesen! Schande auf uns Schweizer.

Schande auf Israel, wo es inzwischen tatsächlich Anhaltspunkte gibt, es habe nicht Mal davor Halt gemacht, Palästinenser-Präsident Arafat zu ermorden. Schande auf Israel, das nicht einmal davor zurückschreckte mit dem Apartheid-Regime zusammen zu arbeiten, um damals an Uranium zu gelangen (siehe den Film "Israel und die Bombe" von Dirk Pohlmann). Israel geschäftet mit dem Apartheid: Gibt es etwas groteskeres? Schande auf Israel, wo seit Jahrzehnten schmutzige Politik betrieben wird.

Schande auf die ANC: So viele Menschen sind gestorben, so viele andere hätten ihr Leben gegeben, so viele haben gelitten und sich durchgekämpft um das Land von der Apartheid zu befreien, um der ANC die Möglichkeit zu geben Demokratie zu instaurieren. So viele Menschen haben so viele Jahre gewartet, Jahre in denen einige wenige grosse Gestalten der Geschichte wie Mandela, Tutu und Biko ihre einzige Hoffnung waren. Und nun? Nun stellt sich heraus, dass die führende Etage der ANC genauso korrupt und skruppelos wie jedes beliebige andere korrupte Land in Africa ist. Es stellt sich heraus, dass sie nicht einmal vor der Unterdrückung der eigenen Leute zurückschrecken, den Leuten die ihnen überhaupt erlaubten, ihre Position zu erlangen. Schande auf diese beschämenden Schandetaten.

Und nochmals Schande auf die Schweiz, die sich damit brüstet den Sitz internationaler Organisationen wie das IKRK oder die FIFA zu beherbergen um dann so viele ausländische Firmen wie nur irgendwie möglich ins Land zu locken und nicht das kleinste Effort unternimmt um diese umzustimmen oder kontrollieren, auf dass sie sich überall in der 3. Welt etwas weniger Menschen- und Natur-Verarchtend benehmen sollen. Auf dass sie aufhören, Korruption als absolute Normalität und Alltag der Geschäfttätigkeit zu betrachten, und somit in extrem hohen Masse dazu beitragen, dass viele Länder in den letzten Jahrzehnten nicht die geringste Besserung der Lebensumstände in der Bevölkerung vorzuweisen haben. Ja, nicht einmal bei einer sogenannten Sport-Organisation wie der FIFA schafft es die politische Schweiz, auch nur ein Minimum an Ethik zu fordern, also geschweige dann bei all den gut verdieneden Multinationals der Privat-Wirtschaft! Schande auf die Schweiz und Schande auf all diese Unternehmen.


Ich könnte jetzt eine halbe Stunde lang so weiter machen. Denn, verdammt nochmal, es gibt viele Dinge zur Zeit, die mich fast zum Kotzen bringen. Dass sich die gesamte EU, zum Teil missbrauchen lässt und zum Teil sogar selbst missbrauchen muss um für die Finanz-Industrie Geld einzutreiben, ist inzwischen fast eine tragisch-komische Volks-Weisheit. Dass in Nigeria die Firma Shell das Land als überdimensionierte Sondermüll-Deponie missbraucht scheint wenige Menschen in Europa gross zu stören. Dass die SP-Politiker in der Schweiz jetzt keine anderen Sorgen haben als der EU beizutreten, scheint fast schon lächerlich banal zu sein, in der heutigen Zeit. Sie wollen in die EU um dort, zusammen mit den Französischen Kollegen, klotzen zu dürfen anstatt weiterhin zu kleckern. Dass all diese Politiker bis zu den Wahlen noch gelogen haben und geradeaus das Gegenteil erzählten von dem was sie jetzt zum Besten geben, das bringt mich dennoch irgendwie auch fast zum kotzen. Da lob ich mir Herrn Christoph Blocher, der bezüglich EU-Beitritt wirklich einen Verdienst hat. Blocher und die SVP, die will ich für ein Mal in Ruhe lassen, denn es gibt wahrhaftig genügend andere Dinge die mich zum Kotzen bringen.


Ja, die Welt ist zum kotzen! Es stinkt überall zum Himmel! Und es wird nicht besser, das ist das Verrückte daran. Da kommt mir einen Satz in den Sinn, ich weiss nicht mehr von wem, er könnte vielleicht sogar von meinem Yogi Tee-Beutel stammen:
Solange Kinder unnötig leiden müssen, gibt es für die Menschheit keine wirklichen Errungenschaften.


Ich habe Angst, die nächste wahre Errungschaft von uns Menschen, die liegt noch weit weit in der Zukunft...
 
 

December 13, 2011

Captain Einsicht am Werk

 
Während ich mir Gedanken mache, wann das mit der Übernahme der Demokratie durch "die Märkte" begonnen hat, gibt es natürlich Menschen die schon viel schlauere und fundiertere Dinge darüber geschrieben haben. So zum Beispiel David Graeber, der mit seinem Buch Debt 5000 Jahre zurück in die Geschichte geht und das Thema Schulden etwas distanzierter beleuchtet, als was die aktuelle Panik üblicherweise erlaubt. Schulden: die ersten 5000 Jahre ist bei Klett-Cotta erschienen. Dieses Buch soll so was wie das Manifest der 99% Bewegung sein, sozusagen ein Must für jeden Occupy Aktivisten.

Denn eine Befürchtung von mir wird immer grösser: Bei all den nötigen Massnahmen, welche Merkozy umsetzen werden, bei aller Volatilität der Märkte, bei all den schmerzlichen Korrekturen die noch auf uns zukommen, haben wir hoffentlich dennoch genügend Grips und Energien um nicht nur die Grund-Fehler der Euro-Union zu beseitigen, sondern auch der Wirtschaft allgemein. Die Fehler des Geldes und ihr Einfluss auf unsere Leben: Daran müssen wir nämlich auch noch arbeiten, wenn wir erst einmal das Gröbste überlebt haben. Unsere Aufmerksamkeit wird an jeder Ecke und in jeder Sekunde geraubt. Wir sollen ja nicht all zu viel nachdenken. Und natürlich konsumieren! Arbeiten und konsumieren. Mehr verlangt keine Regierung in Europa von uns. Wir müssen uns aber wirklich mal darüber Gedanken machen, was wir in Zukunft von den Märkten und der Demokratie verlangen möchten. Doch dies ist eine andere Geschichte, ein anderer Post den ich bald schreiben werde.

Heute möchte ich eigentlich nur 2 gute Bücher vorschlagen. Das zweite ist bei Suhrkamp erschienen und ist von Colin Crouch und trägt den schönen Titel Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus. Dieses Buch sollte meiner Meinung nach Pflicht im Kindergarten werden. Der Autor beschuldigt nämlich nicht ein virtuelles neo-liberales System oder Denken, er meint wir alle seien daran schuld, wenn zum Beispiel die Finanzkrise 2008 nicht nur nicht das System zum Untergang brachte sondern dieses sogar noch gestärkt aus der ganzen Sache kam. Dieser Ansatz gefällt mir, ist Einsicht doch der erste Schritt zur Besserung und Captain Einsicht der zur Zeit meist beschäftigte Comic-Held. Nach dem ersten Schritt aber, steht noch der ganze lange Weg vor uns, den wir zu gehen haben.
 
 

November 11, 2011

vertrauensvoll demokratisch

 
Inzwischen habe selbst ich fast die Schnauze voll, von all den Nachrichten über Märkte, Politik, Finanzen, Krisen, drohender Rezession, drohender Pleiten, vermeintlicher sozialen Ungerechtigkeit, Rating Agenturen, BIP, Verlangsamung des Wachstums, technische Korrekturen der Kurse, Prognosen, Modelle, Optionen, Aussichten, Gipfel, usw. Ich, der ja auf eine irgendwie komische Weise fasziniert bin, von diesen Märkten. Auf eine vielleicht perverse, masochistische Weise. Ich, der findet die Märkte sind absolut genial, wenn sie endlich die Italiener dazu zwingen, ihren Berlusconi loszuwerden. Ich, habe die Schnauze fast voll... Was sollen dann erst die Griechen fühlen, zur Zeit? Die Griechen, die im Gegensatz zu den Italienern noch eine politische Klasse von einigermassen vernünftigen Menschen haben. Die, bestimmt, ein etwas veraltetes Verständnis von Staat haben, aber immerhin noch ein Verständnis dafür.

Leider freu ich mich nicht nur darüber, dass Berlusconi jetzt gehen muss. Denn ich weiss weshalb er erst jetzt gehen muss: Die Märkte lassen so ziemlich alles durchgehen, niemals aber mangelnde Vertrauenswürdigkeit. Berlusconi kann man nicht mehr vertrauen und das hat ihm den Kragen gekostet. Aber wieso erst jetzt? Ich meine: Er ist doch schon seit einer ganzen Weile unglaubwürdig, in der Welt ausserhalb Italiens. Wieso also haben die Märkte nicht vorher reagiert? Weil er immer noch nach Geld roch, der Cavaliere. Und Geld stinkt bekanntlich nicht. Ohne Gheddafi ist er eh viele Milliarden weniger wert, der Cavaliere. Dass Italien inzwischen Lichtjahre davon entfernt ist, eine Demokratie zu sein, hat die Märkte nie allzu sehr gestört. Ja, man glaubt es kaum, aber mitten in Europa hat sich ein Land von der Demokratie verabschiedet, schon lange bevor es Ungarn tat. Ein Beispiel? Der Angriff, den Berlusconi vor dem Europa Parlament gegen den Abgeordneten Schulz geschwafelt hat? Diese unerträgliche Quängelei, als er sich zu entschuldigen weigert, er der mit Humor gesprochen hat. Er, der sich nicht entschuldigen wird, solange Schulz sich nicht beim ihm entschuldigt. Schulz, der nicht mit Humor sondern ganz ganz böse persönlich geworden ist! Und ich, Berlusconi in Person, sollte mich dafür entschuldigen, ihn als Leiter eines KZs vorgeschlagen haben? Niemals! Nun, diese Bilder, diesen völligen fassungslosen Berlusconi haben die Italiener niemals am Bildschirm zu sehen bekommen! Jawohl: Kein Fernsehsender in Italien hat sich je getraut, die komplette Szene auszustrahlen! In einer Demokratie!

Ja, vielleicht habe ich deswegen die Schnauze fast voll. Weil ich weiss, es kann noch alles viel schlimmer kommen. Ich meine: Es könnte ja zum Beispiel geschehen, dass die Agentur Standard & Poor's Frankreich herabstuft. Und sie könnte unmittelbar danach behaupten, es handle sich dabei um nichts als eine technische Panne. Ja, ich weiss... Sowas ist pure Fantasie, so ein Witz kann nie und nimmer in der Realität geschehen. Ich weiss, ich weiss: Ich male immer alles nur schwarz. Und viel zu wenig weiss. Denn: Was weiss ich denn schon? Sollte es aber jemals zu einer so unglaublichen Geschichte kommen, in der realen Welt meine ich jetzt, dann hoffe ich wirklich sehr, dass Sarkozy ein paar Leute in die Eier treten wird. Ich könnte fast dafür die Hand ins Feuer legen, dass er dabei sogar auf die demokratische Unterstützung von 99% der Frankreicher, ja sogar der Europäer zählen könnte.

Oder vielleicht habe ich die Schnauze fast voll, weil ich die Ökonomen reden höre. Ja, ich höre sie sagen "Also unsere Modelle zeigen ganz genau, dass in der Schweiz dies und jenes geschehen wird. Es ist also völlig absurd so zu argumentieren, wie Sie es gerade tun, mein werter Kollege!" Da kommt mir gerade ein Versicherungs-Angestellter in den Sinn, der Policen nach dem Alphabet ordnet. Doch dies ist wohl eine andere Geschichte. Zurück zu den Ökonomen: Ihre Modelle haben ja auch bestens funktioniert, seit der Jahrtausend-Wende. Oder so...

Vielleicht aber habe ich die Schnauze fast voll, weil ich die selben Menschen sagen höre "Es wäre schon ein wenig kurz gegriffen, wenn man die Ursachen für die aktuelle Lage in der Banken- und Schulden-Krisen suchen würde. Ich möchte daran erinnern, dass es eine Immobilien-Blase in den Staaten gab, vor langer langer Zeit, und ich möchte daran erinnern, dass billiges Hauseigentum für jedermann einem genauen politischen Willen entsprach!" Genau... Doch, dass man der Politik einen solchen Willen sehr schwer hätte büssen lassen, dass eine solche Schnaps-Idee ernsthafte Folgen haben müsse, dieser Wille kam von anderswo. Dass man eine solche reaktionäre Idee der ganzen Welt als "AAA" Papiere verkaufen würde, nein, nicht die Idee, sondern irgendwelchen Müll in einer Verpackung mit dem Foto der Idee und eben den Stempel "AAA" drauf, dieser Wille wurde auch demokratisch geboren. Oder so...

Oder vielleicht habe ich die Schnauze fast voll, weil ich eine viel zu gute Erinnerung zu haben scheine. Ohne jegliche Recherche, ohne einmal Google benutzt zu haben, kommen mir, einem Typ der nichts als Schulden besitzt, aus dem Stegreif zum Beispiel Enron und eine DotCom-Blase in Sinn, und erst dann eine US-Hypothekar-Krise. Dann schiessen mir Goldman Sachs und die Bush Regierung durch den Kopf. Moment... Da kommt mir noch was in den Sinn: Michael Moore. Was hat der jetzt damit zu tun? Und Zeitgeist kommt mir auch gerade in den Sinn. Aber was weiss ich denn schon? Wenn ich etwas recherchieren würde, anstatt dumme Behauptungen zu machen, würde ich eine Ahnung für die Komplexität der Sache bekommen, und verstehen dass einfache Erklärungen völlig kurz gegriffen und somit deplatziert sind, in dieser Angelegenheit.

Doch die Wissenschaft wusste schon: Ein Euro ohne Ausstiegs-Möglichkeit, ohne Plan für die Krise, ist eine Fehl-Konstruktion. Ich frage mich einfach wo diese Wissenschaftler versteckt hielten, während den letzten 20 Jahren. Einige von ihnen waren damit beschäftigt, die demokratisch gewählten Regierungen Europas zu beraten. Für teures Geld. Doch die Politik wollte partout nicht so was hören, damals... sagen sie uns heute. Und wie wir inzwischen wissen: Die Märkte, die Regeln ja alles. Früher oder später. Auf die eine Art oder die andere. Oder so...

Ich frage mich gerade ob ein Ende mit Schrecken nicht besser ist, in gewissen Fälle, als ein Schrecken ohne Ende. Die Frage heute ist: Wie Gross wäre der Schrecken eines Ende mit Schrecken? Davor haben alle einen riesen Schreck! Das Undenkbare würde passieren! Und gerade frage ich mich: Darf man solche Fragen überhaupt noch stellen? Oder schade ich mit der blossen Idee den Märkten? Und somit der demokratischen Gesellschaft? Bin ich Überträger eines gefährlichen Gedankenguts? Eines Virus?

Was auch immer ich sein mag: Die Politiker, die müssen weitermachen. Demokratisch. Von Gipfel zu Gipfel. Von Krise zu Krise. Solange die das Aushalten können. Die EU warnte: "Der neuen Regierung in Griechenland steht eine wahnsinnig hohe Arbeits-Belastung vor". Nein... Das Wort "wahnsinnig" wird wohl nicht im Kommuniqué der EU vorgekommen sein. Aber irgendwie sinngemäss ging das schon. Denn die EU-Politiker schaffen seit einigen Monaten fast Unmenschliches. Wenn sie dann irgendwann umfallen, wenn sie "versagen", werden sie ja demokratisch ausgetauscht. Damit die Märkte ja nicht darunter zu leiden haben. Das will ja wirklich niemand, oder? Oder etwa so?

Ich glaube wirklich nicht wirtschafts-feindlich zu sein. Oder verlange ich schon zu viel von den Märkten, wenn ich die Frage stellen möchte, was für eine Wirtschaft wir überhaupt wollen? Letztlich definierte ein Banker in etwa auf diese Weise eine sozial-nützliche Finanz "Der Sparer und der Markt werden zusammengebracht". Genau: Er sagte "der Sparer". Der Sparer... Nicht der, der sich Geld leiht, um mit dem geliehenen Geld Profit zu machen. Nein. Der Sparer. So einfach. Doch nun, nun, gibt es den Sparer gar nicht mehr. "Wir haben alle über unsere Verhältnisse gelebt". Die Schulden sind in 10 Jahren von so was wie 70'000 Milliarden auf unglaubliche 210'000 und mehr Milliarden gewachsen. In 10 Jahren! Ganz demokratisch. Vertrauensvoll. Wofür wurde das Geld über eingesetzt, ausser Krieg, Terrorismus-Bekämpfung und -Erzäugung, Wirtschafts-Förderung? Und wie viele Tausend Milliarden horten gerade Schweizer Unternehmen, in vertrauensvollem Warten auf bessere Zeiten? Aber zum Glück sind wir durch gerade durch ein Wirtschafts-Hoch, nicht wahr? Zum Glück sind, trotz Schulden überall, wenigstens alle Sozial-Werke Europas in bester Gesundheit! Zum Glück... Angela Merkel kann die Mittel-Schicht um ganze 2 Milliarden Euro dieses Jahr und, man staunt, unglaubliche 4 Milliarden Euro das nächste Jahr entlasten. Ja! Sie schenkt dem Volk das Geld, einfach so! Weil... Was sagte sie, weshalb sie so unwahrscheinlich viel Geld auf einmal verschenken kann?

Während sich die Politiker der EU und USA um ihre Staatskassen kümmern müssen, haben unsere Politiker in der Schweiz das Glück keine Schulden zu haben. Deswegen müssen sie sich nicht um die Finanz kümmern. Das Problem von Geld-Wäscherei wurde mit grossem medialen Echo schon vor Jahren als gelöst erklärt, bleibt also einzig das klitzekleine Problemchen mit den Steuern-Geldern von Griechenland und Kollegen. Denn, so viel sei einfach mal gesagt, nur 4 Fälle wurden von der Finma in Zusammenhang mit Geld-Wäscherei gemeldet. 4 Fälle von 20. Sozusagen 1 von 5. Und... Was will man da tun? Vereinzelte schwarze Schafe gibt es halt immer, so wie absolute Sicherheit nicht zu haben ist. 1 von 5. Der Finanzplatz Schweiz: Das ist 'ne saubere Sache. Whitewashed. Ernsthafte Menschen die ehrliche, ernsthafte Geschäfte machen. Genau.

Und ich habe fast die Schnauze voll, von all dem Vertrauen. Doch ich bin auch ein Optimist: Am Schluss, kann ich gar nicht anders als vertrauen. Und zwar in die Demokratie.
 
 

October 08, 2011

there's no path to follow

 
Inzwischen gibt sich jedermann empört darüber was Finanzen, Banken, und ganz allgemein Gier und Macht-Gelüste in der Welt angerichtet haben. In den Staaten nimmt eine Bewegung Form an, die selbst auf das Verständnis des Amerikanischen Präsidenten zählen kann: "Occupy Wall Street". In Europa kämpfen die Staaten mit Händen und Füssen gegen einen Kollaps der Märkte. China bietet ihre Hilfe an und fordert im Gegenzug die Anerkennung als "Lupenreine Wirtschaft" und obwohl China nicht einmal durch ein umgekehrtes Fernrohr betrachtet etwas reines hat wird sie diese Anerkennung wahrscheinlich erhalten. Dies ist der Preis den Europa und die Staaten nun zahlen müssen weil die Gier nicht einmal vor der Chinesischen Mauer halt machte. Doch dies ist zur Zeit wahrscheinlich das kleinste Übel, wenn man an Griechenland und andere europäische Staaten denkt. Bei all dem Übel der in Zukunft noch auf uns zukommen wird, ist positiv zu bemerken dass wenigsten weltweit ein grösseres Bewusstsein über die Fehlentwicklungen in unserer Gesellschaft am entstehen ist.

Und wenn heute schon jeder Präsident und jeder CEO über Spekulanten wettert, dann erwarte ich aber demnächst klare Tatsachen: Wie lange wird es noch dauern, bis sich das erste grosse Unternehmen endlich von diesem System verabschieden wird, bis es sich freiwillig aus der Börse kaufen und mit der wirklichen Arbeit, die vor uns steht, beginnen wird? Wann wird damit begonnen, Kapital von den üblichen Kanälen zu nehmen und es in neue Kanäle zu leiten, die anderen Gesetzen folgen als die, die uns in diesen Schlamassel geritten haben? Wann werden grosse Unternehmen damit beginnen, ihre Kapitalisierung nicht mehr einzig in Bezug auf den Gewinn zu organisieren, sondern auch in Anbetracht menschlicher und gesellschaftlicher Aspekte? Wann wird eine Kapital-Beteiligung wieder zu einer Verpflichtung und zu einer Partnerschaft mit der unterstützten Gesellschaft und den Menschen die dort arbeiten?

Wann werden endlich auf viele Worte die ersten Taten folgen? Denn, eines ist sicher: Dieses System wird so weiter funktionieren und so viele unter seinen Rädern nehmen bis wir nicht damit beginnen werden ein Parallel-System aufzubauen, auf das wir hoffentlich irgendwann ganz werden umstellen können! Bis dahin werden alle Bemühungen nur Versuche sein, ein System dem Menschen zu unterordnen, dass sich nicht unterordnen lässt, weil es eben ein geschlossenes System ist und nie auf den Menschen zugeschnitten. Wir müssen nicht dieses System flicken, wir müssen uns überlegen wie wir mit Geld in Zukunft umgehen möchten und wozu genau wir es benötigen werden, dann müssen wir ein neues System entwerfen, was diesen Bedingungen gerecht werden kann. Somit wird sich wahrscheinlich auch die Art und Weise ändern, wie Geld überhaupt geschaffen und in Umlauf gebracht wird. Der Mechanismus der Geld-Vermehrung aus Geld wird es nicht mehr geben. Es wird nicht mehr so sein, dass wer weniger hat auch noch mit einem schwierigeren Zugang zu Geld beschert wird. Es wird vieles anders sein, wenn wir endlich eine Art des Zusammenlebens gestalten möchten, welches diesen Namen auch verdient.

Bis dahin ist es ein weiter Weg. Und dieser Weg ist noch nie begangen worden. Also können wir nicht erwarten, dass in uns jemand zeigt. Wir müssen damit beginnen, die Art wie wir unsere Existenz als Menschen auf diesem unseren und Gottes Planeten leben möchten selbst zu gestalten. Und bei so vielen gescheiten und grundsätzlich gütigen und aufrechten Menschen auf der Welt, hoffe ich dass jetzt damit begonnen wird, an dieser neuen Gesellschafts-Form zu arbeiten. Im grossen Stil. Schritt für Schritt. Versuch für Versuch. Mit dem eigenen Beispiel voraus.

Welches Unternehmen wird das Erste sein?




No Path To Follow  ==  The Chemical Brothers


 
 

August 10, 2011

finance vs. politics

 
Erst heute morgen fragte ich wie es möglich sei, dass aus einer Finanz-Krise in relativ kurzer Zeit eine Staaten-Krise werden konnte. Später sah ich Michael Moore's Film "Capitalism: A Love Story", und er passte perfekt in den Tag (besonders wenn man bedenkt, dass ich gerade vor einigen Tagen einen Post wie "The Markets Are Waiting" geschrieben haben, noch ohne von Film und Thema zu wissen! Viel mehr gibt es dazu wohl nicht zu sagen, oder? Ausser, vielleicht, dass gerade in diesen Monaten das nächstes Kapitel oder der nächste Film geschrieben wird, und zwar weltweit.

Es ist ja nicht immer erfreulich, bei all den Problemen die wir schon haben, sich von Michael Moore immer und immer wieder einen Spiegel vors Gesicht setzen zu lassen, das ist wahr, und was er am Schluss vom Zuschauer verlangt, das ist ein ziemlicher Brocken — man soll ihn doch tatsächlich dabei helfen, die Demokratie wieder einzuführen! Doch es gibt Alternativen. Ich weiss nicht mehr in welcher Episode von South Park wird zum Beispiel die Methode "Kopf in den Sand" vorgestellt.

Szene aus South Park



Ich finde dies eine gute Methode, besonders in der Schweiz, wo sich Politik und Konzerne um das Wohlergehen der Menschen kümmern. Dass diese Methode jedoch auf langer Sicht nicht ziemlich ermüdend wirken könnte, kann ich nicht versprechen. Gerade in der Schweiz, wo wir es ja mit sehr viel kleineren Problemen zu tun haben als die Amerikaner, oder die Europäer, oder praktisch der ganze Rest der Welt! Hier könnte es etwas schwierig werden, den Sand für alle zu finden, da wir keine Wüsten haben. Doch dies ist eben eines unserer Luxus-Probleme. Seien wir froh drum! Denn unser Problem sind nicht ganze Quartiere mit Obdachlosen die vor den leeren Häusern in Trucks übernachten müssen... Wir versuchen alle Multis und viele Reiche aus der ganzen Welt zu uns zu locken und wundern uns dann, wenn der Immobilien-Markt eine Blase erfahren könnte, oder wenn der Export zum erliegen kommt wegen dem starken Franken. Nun interveniert wieder die National-Bank (diesmal ist vielleicht sogar die SVP mit dem Direktor zufrieden): es werden Milliarden auf den Markt geworfen. So weit, so gut. Wahr ist aber auch, dass diese Milliarden eigentlich in die Banken geworfen werden. Und was diese damit zu tun haben, sagt ihnen keiner. Keine "störende" Politik, die vielleicht die Investition in erneuerbaren Energien zu bevorzugen versucht. Oder die exportierende Unternehmen von der Steuer zu befreien versucht und diese Gelder als Entschädigung annimmt (auf dem Markt wär das Geld allemal). Es gibt sicher tausende Sachen mit denen Geld gemacht werden könnte und die mindestens so viel zur Schwächung des Franken beitragen könnten wie es nun die Banken tun werden. Denn was machen diese damit? Wer weiss das schon? Vielleicht werden sie sie sogar, zu einem Teil auf einen steigenden Franken wetten — weshalb sollten sie nicht, solange es Ertrag verspricht? Wer weiss das schon so genau? Und nicht zu vergessen: Hypotheken zu verteilen bleibt für die Banken eine sehr geschätze Art Geld zu verteilen, obwohl gerade die National-Bank schon seit langer Zeit vor einer Blase warnt. Freuen wir uns aber darüber, uns nur mit Luxus-Problemen rumschlagen zu müssen! Und wenn wir keine Touristen mehr haben, wenn es keine Export-Wirtschaft mehr gibt, dann werden wir alle im Finanz-Sektor eine Beschäftigung finden... Um dem Schweizer Franken steht es gerade so schlecht, dass sogar für den SP Präsident Christian Levrat "eine mägliche Rezession momentan das kleiner Übel wäre". Wenn man nun bedenkt, Rezession bedeutet am Schluss nichts anderes als "die Rechnung zahlt der Eidgenosse aus der eigenen Tasche", dann hat man in etwa eine Idee über die aktuelle Lage. Wie auch immer: Freuen wir uns darüber, nur Luxus-Probleme zu haben!


Autor unbekannt



Wem dies aber als eine zu anstrengende Methode erscheinen mag, der kann sich natürlich, wie ich heute morgen schrieb, für 8 Wochen Klapse entscheiden. Doch dies ist eine andere Geschichte, die eine junge Frau viel viel besser geschrieben hat...
 
 

August 09, 2011

er macht die Wirtschaft kaputt

 
Ich war schon etwas verdutzt, ja sogar ein bisschen empört: Obama macht die Wirtschaft kaputt! Obama ist tatsächlich dabei, die Wirtschaft kaputt zu machen! Und ich, ich hatte gedacht, Obama sei etwas vom Besten, was den USA passieren konnte... Und jetzt?

In meiner ganzen Verzweiflung, in meiner Desilussionierung habe ich zum Glück aber die Republikaner entdeckt: Die hatten es nämlich schon von anfang an gesagt, dass Obama die Wirtschaft kaputt machen würde! Jawohl, die Republikaner hatten schon immer recht. Schon immer hatten sie ganz Amerika, ja sogar die Welt davor gewarnt, dass Obama die Wirtschaft kaputt machen würde...

Da es einigen Republikanern nicht gelang, die Debatte über die Schulden-Limite für sich zu entscheiden, kam nun zum gänzlich dümmsten denkbaren Zeitpunkt die Herabstufung der USA durch Standard & Poor's: Dank ihnen weiss jetzt die ganze Welt, dass Obama die Wirtschaft kaputt macht! S&P hat die USA jetzt herabgestuft, Moody's hat quasi "versprochen", es vor dem 2013 zu tun. Zum Glück haben wir die Republikaner und die Rating-Agenturen! Zum Glück...

Nun können wir uns getröstet zurücklehnen und zusehen, wie die Präsidentschaft des Obama nur eine Legislatur dauern wird. Alles ist perfekt arrangiert um 2012 einen republikanischen Präsidenten herbei zu zaubern, der die USA und die Welt wird retten können. Natürlich werden dann S&P und die anderen Rating-Agenturen alle wieder einverstanden sein und sagen:

USA are AAA


Ich verstehe zur Zeit nicht genau weshalb immer von der "Schulden-Krise" gesprochen wird, wenn an der Börse gestern einzig die staatlichen Anleihen von USA, Spanien und Italien vorwärts machen konnten. Während die ganze Wirtschaft, all die Firmen die Rekord-Gewinne erziehlt haben, jetzt unglaublich an Wert verloren haben, sind die Staats-Anleihen der Länder die anscheinend Schuld an der ganzen weltweiten Krise sein sollen begehrte Investitions-Papiere. Schon komisch, was diese Wirtschaft so alles tut. Schon schwierig, diese Wirtschaft zu verstehen.

Und dann ist noch dieser Obama, der sie kaputt macht! Ich frage mich was er, nachts wenn niemand zusehen kann, mit der Wirtschaft so alles anstellt... Das müssen grauenhafte Dinge sein, die er macht! Denn er macht die Wirtschaft kaputt!
 
 

June 11, 2011

ist die Schweiz liberal?

 
Mein Vater hat sein Leben lang Liberal gewählt, aus Überzeugung. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er heute über seine politischen Vertretern wenig erfreut wäre. Symbolisch dafür finde ich den Auftritt in der Sendung Arena von letzter Woche, wo Fulvio Pelli, nachdem ihm der Kragen geplatzt war, er seinen "verlorenen Verbündeten" Christoph Blocher auf ein Duell herausforderte. Seine Idee war es, Blocher die Leviten zu lesen, ihn für seine Unvernunft in Sachen Umgang mit dem Freizügigkeits-Abkommen anzuprangern, ihn für die fehlende Kooperation im politischen Alltag zu rügen. Doch, es sollte anders kommen als sich es Herr Pelli vorgestellt hatte. Irgendwann kritisierten fast alle Anwesenden ihn anstatt Herrn Blocher. Lustig wurde es, als man der FDP vorwarf, von der Atom-Industrie mit finanziert zu werden: Herr Pelli begann, mit einer um eine Oktave höheren Stimme, zu schreien, man solle mit solchen Lügen aufhören! Als man ihn an unser Miliz-System erinnerte, wurde er still. Doch dies ist eine andere Geschichte...

Jemand hat die aktuelle politische Lage mit einem Zitat perfekt beschrieben
Es ist die Schuld von FDP und generell der Mitte-Parteien, die ihre Verantwortungen nicht wahrnehmen und sich vor schwierigen Themen drücken, wenn dann das Feld für die SVP offen bleibt und diese mit der Dampfwalze kommen kann.
So weit so gut. Könnte mich, eigentlich, auch überhaupt nicht interessieren, das Ganze. Doch einige Äusserungen von Herrn Pelli haben mir wirklich etwas Angst gemacht.

Da ist zum Beispiel die Linke: Sie sagt, die Personen-Freizügigkeit würde nur dann funktionieren, wenn die flankierenden Massnahmen sauber implementiert wären. Wenn ein Riegel geschoben werde, was Schein-Selbständigkeit, Minimal-Löhne, Mieten, usw. angeht, wenn sie überwacht und Wiederhandlungen sanktioniert würden. Dies heisst, in anderen Worten, die FDP hätte in der SP sehr wohl einen Partner in Sachen Personen-Freizügigkeit, wenn sie auf ihre mehr als berechtigten Forderungen eingehen würde. Doch, was macht Herr Pelli, stattdessen? Er lobt wieder einmal das Erfolgs-Modell, beteuert wie es Grundstein für Wohlstand und Erfolg sei, und... Und nichts! Damit hat sich's! Nein... Er sagt noch, er freue sich für wen von der Lage profitieren könne, für die anderen sei er nicht zuständig. Er wendet sich noch zu Herrn Blocher und sagt ihm, man dürfe die SP nicht so machen lassen, diese wolle doch nur Kontrollen und Bürokraten. Er sagt an die Adresse der SP, es sei schlicht unmöglich, jede Baustelle, jeden Betrieb zu überprüfen.

Ich weiss nicht... Ich wohne in Zürich, neben dem Haus wo ich wohne befindet sich ein kosten-pflichtiger Parkplatz (auch SA und SO): Jeden Tag kommen mehrmals Politessen vorbei, um Bussen zu verteilen. In Zürich ist es also möglich, jeden Parkplatz mehrmals täglich zu kontrollieren und niemand scheint dies als absurd zu betrachten. Wir haben Menschen, die kleine Maschinen mit einer Uhr drin mehrmals täglich kontrollieren gehen. Doch in der Schweiz soll es nicht möglich sein, Missstände auf den Arbeitsplätzen zu kontrollieren und sanktionieren? Man kann also nicht dafür sorgen, dass arbeitende Menschen unter menschenwürdige Unstände arbeiten? Weshalb stört man sich in den bürgerlichen Parteien darmassen daran, wenn flächendeckende Kontrollen gefordert werden? Ich finde es auch lächerlich, wenn in Zürich jeder Quadrat-Zentimeter vor einer Bar reglementiert ist, wenn dort Pflanzen verboten werden, wenn durch irrwitzige Verbote Lebens-Qualität verhindert wird. Doch finde ich es geradezu tragisch, wenn ein Mensch 8 Stunden am Tag schuften muss, hart schuften, um sich dann beim Sozialamt melden zu müssen, rein um überleben zu können.

In Sachen Energie-Politik wirft Herr Pelli gerade ziemlich allen (ausser der SVP) vor, sie würden nach dem Prinzip "Ideologie" debattieren und handeln. Ich aber behaupte, seine unumstössliche Linie in Sachen Liberalismus ist noch viel mehr ideologisch geprägt. Es ist die Ideologie des Ronald Reagans, nicht mehr und nicht weniger. Herr und Frau Schweizer mögen sehr wohl pragmatische Liberale sein, wie es Herr Pelli behauptet. Doch ich glaube auch, dass sie es nur so lange sind, bis es nicht wirklich nötig ist, den Staat einzuschalten. Nicht ohne Grund haben sich Herr und Frau Schweizer, diese "Liberalen", für eine AHV, für eine IV, für eine 3. Säule entschieden. Nicht ohne Grund haben die Schweizer das Modell der Berufs-Lehre — lange Zeit im Ausland belächelt und inzwischen bewundert und kopiert.

Ich glaube, die Schweizer sind bereit liberal zu sein, solange nichts dagegen spricht. Und ich glaube, Herr und Frau Schweizer haben sich nicht wirklich über irgendwelche Minarette geärgert, damals. Ich glaube vielmehr sie wollten mit ihrer Stimme einen Denkzettel an die regierenden Mitte-Parteien verpassen. Diese wollten einfach nicht realisieren, dass sich Unzufriedenheit in der Bevölkerung breit machte, die nicht so sehr mit den Ausländern zu tun hatte, als vielmehr mit dem Ausufern der Personen-Freizügigkeit.

Herr Pelli, die FDP und die CVP können schon versuchen, entgegen der SP zu arbeiten, sich als ruhender Pol zwischen SP und SVP zu verstehen. Ich aber beschwöre Herrn Pelli eher mit der SP zusammen zu arbeiten als mit der SVP. Weshalb? Nicht zuletzt auch um den Liberalismus zu retten! Lassen Sie es mir mit einem sehr schönen Zitat erklären:
If a free society cannot help the many who are poor,
it cannot save the few who are rich.
John F. Kennedy
Folglich, kann eine Gesellschaft nicht wirklich frei sein, wenn sie nicht den vielen Armen helfen kann und dennoch die wenigen Reichen beschützt. Dies gilt auch wenn es wenige Arme sind, viele weniger Arme und wenige Reiche.

Und ich bin davon überzeugt, Herr Pelli, dass Freisinn und Liberalismus auf Freiheit basieren. Freiheit an die ich auch glaube. Die ich aber auch gerne in der Gesellschaft in der ich lebe sehen würde. Und von der wir uns zur Zeit, wieder, am entfernen sind. Freiheit für alle.

Ich bin mir ziemlich sicher, mein Vater wäre mit mir einverstanden.
 
 

May 20, 2011

die Schweiz & das Handeln

 
Swiss Economyc Forum: rhetorisch solider Vortrag eines liberalen europäischen Wirtschafts-Minister, der Europäischer nicht sein könnte, der liberaler nicht sein könnte. Und, wie so oft, haben die Dinge 2 Seiten. Nach einigen eher sinn- und glanzlosen Worte von Schneider-Amman, sprach ein Politik von internationalen Format. Und nach der Rede von Guido Westerwelle könnte ich meinen, es gibt nichts ausser Märkte. Die ganze Welt besteht aus Märkten. Der Markt der Informations-Elektronik hat den Menschen in Nord-Afrika erst die Schuppen vor den Augen genommen, hat ihren Willen auf Demokratie und auf bessere Lebens-Chancen entfacht. Das mag nicht falsch sein, doch ist es die ganze Wahrheit? Es gefiel mir, als er in der kleinen Gesprächs-Runde nach dem Vortrag noch an die Verantwortung des Westens erinnerte, den begonnen Umbruch in Ägypten und Tunesien zu unterstützen, finanziell zu unsterstützen — das stimmt auch wieder, denn ohne Geld geht gar nichts. Doch, ausser Märkte habe ich nicht viel Gehört. Dass sich Deutschland neue Verbündete sucht, zum Beispiel im Rahmen des G4. Wobei sein Streben nach einer gewichtigeren Positionierung der Schwellenländer, Asiens sowie des Afrikanischen Kontinents im UN Sicherheitsrat durchaus zu unterstützen ist, denn die Welt ist nicht mehr die selbe wie noch vor 10 Jahren.

Ich hörte davon, wie sich der wichtigste Rohstoff Europas nicht zwischen den Füssen sondern zwischen den Schläfen befände. Besser kann man das wohl kaum formulieren. Ich hörte von Demokratisierung in verschiedenen Regionen der Welt. Sehr gut. Doch ich hörte absolut nichts davon, dass man sehr wohl unseren Wohlstand ausbauen und sichern sollte, dies aber im Respekt des Menschen und der Natur. Ich hörte kein Wort über Werte, die nicht ökonomischer Art gewesen wären. Ist das etwa zu viel verlangt, an einem Swiss Economyc Forum? Ich weiss nicht. Ich wage zu hoffen, dies sei nicht der Fall. Ich wage zu hoffen, der unmittelbar auf Westerwelle folgende Beitrag sei nicht nur als Unterhaltung gemeint gewesen. Ich wage zu hoffen, in dieser neuen Welt machen sich auch Geschäftsleute am Swiss Economyc Forum den einen oder anderen Gedanken darüber, wie man unsern Wohlstand sichern kann, ohne dabei die Welt abschmieren zu lassen. Westerwelle endete seinen Vortrag mit
[...] zähle ich auf viele Verbündete für eine Welt-Offene Politik, die sich nicht abschottet, sondern aufgeschlossen ist und die Chancen des Handelns in der Welt begreift.

Ich finde es durchaus spannend, wie das Wort "Handeln" auf Deutsch sowohl die wirtschaftliche Transaktion beschreibt, wie aber auch das Handeln ganz allgemein. Denn ein "Handelnder" kam nach Westerwelle auf die Bühne. Ein Mensch, der uns allen zeigt, was "Handeln" in der Welt bedeuten kann. Da kommt ein Bäcker und Konditor aus Hamburg auf die Bühne, Rüdiger Nehberg, und spricht davon wie er Dinge gemacht hat, die man glauben kann weil sie im Vorspann dokumentiert sind. Er spricht dann aber davon, wie durch seine eigene Initiative, durch sein Engagement, durch sein Handeln er Dinge erreichen konnte auf dieser Welt, die genau so wichtig sind wie die Märkte. Für die direkt betroffenen Menschen sind sie sogar das einzig Wichtige. Der Deutsche Bäcker bringt die Regierung Brasiliens dazu, einen Massaker an Ureinwohnern des Amazonas stoppen zu lassen. Massaker das, nota bene, durch einen Markt, durch ein Handeln verursacht wurde, nämlich der Handel mit Gold. Er spricht davon, wie er den Sufi der renommierten Universität Al Azhar von Kairo — zusammen mit vielen anderen — dazu bringt, sich offiziell und schriftlich gegen die Frauen-Beschneidung zu bekennen. Er spricht davon, wie bei solchen Projekten die Verbündeten von sich mit auf den Weg kommen. Auf Westerwelle, der die freien Märkte propagiert, welche unseren Wohlstand garantieren sollen, auf diesen Wirtschafts-Minister folgt also eine Privat-Person die uns die positiven Seite dieser globalisierten Welt zeigt: Nämlich dass ein deutscher Bäcker im Amazonas und in der undurchdringlichen Welt des Islams grundsätzliche Änderungen bewirken kann. Änderungen, die das Leben vieler Menschen retten können und werden.

Siehe auch die Webseite von TARGET, die Organisation im Kampf gegen genitaler Verstümmelung an Frauen.


Westerwelle und Schneider-Ammann wissen beide über die Schwierigkeit, in der Schweiz Verbündete für einen EU-Beitritt zu finden. Und ich denke, dies ist gut so. Ich denke, dies sollte so bleiben. Aber nicht, weil die EU unbedingt eine schlechte Sache wäre, nein. Sie hat, in meinen Augen, eine wichtige Rolle. Wie Westerwelle sagte, ist sie zuerst einmal Garant für Stabilität in diesem von unglaublichen Kriegen gezeichnetes Fleck Erde. Sie ist auch wirtschaftlich ein Gewicht auf der Wagenschale, die kein Land für sich alleine je hätte erreichen können, als Gegengewicht zu den ganz Grossen und den neuen Grossen. Ich glaube aber auch, dass die Schweiz viele Gründe hat, um das kleine Land mit vielen Sprachen und Kulturen zu bleiben, dass sie ist. Ich glaube es ist verständlich wie die Schweizer, die nicht an den kämpferischen Handlungen der Weltkriege teil hatten, sich als Spezialfall betrachten. Sie sind es in den letzten Hundert Jahren gewesen. Und sie wollen dies nicht jetzt ändern. Viele Schweizer geben ihrem Land durchaus einen Sonder-Status in der geographischen Realität Europas.

Ich bin aber auch davon überzeugt, dass die Schweiz in den Augen der Welt wieder ihre Berechtigung zum Spezialfall beweisen muss. Ich kann mir vorstellen wie Westerwelle und Tremonti, die mit neuen Mitgliedern wie Rumänien oder Estland zu haben, Staaten die also nicht grosse Affinitäten mit den Eigenen haben, ich kann mir vorstellen wie sich diese Minister fragen, weshalb nun die kleine Schweiz unbedingt den Sonder-Status raus nehmen möchte. Es stellt sich nun also die Frage, wie definiert sich dieser Sonder-Status? Natürlich, wir sind ein neutrales, souveränes Land und das Volk hat gegen einen Beitritt zur EU gestimmt. Doch dies kann doch nicht der einzige Grund sein. Auf was basierten die Schweizer ihren Entscheid? Worauf basiert eigentlich die Besonderheit der Schweiz?

Nun... Unser Wohlstand, das sollte uns allen klar sein, basierte früher auf einen Sonder-Status der Schweizer Banken. Dieser wurde eigentlich einzig als Kollateral-Effekt des kalten Krieges bis heute weitergeführt. Ein Geschenk an die Konfederierten, die der Kalte Krieg machte. Denn, ohne diesen, hätte das Bank-Geheimnis nach dem zweiten Weltkrieg keine Überlebens-Chance mehr gehabt. Früher oder später musste dies ein Ende finden und wir erleben es gerade. Wir können eigentlich von Glück sagen, dass es so lange dauerte, bis es nicht mehr ging.

Heute bringt uns die globalisierte Welt neuen Wohlstand. Vor allem der Steuer-Wettbewerb. Auch gut. Solange es geht. Auf die moralischen Aspekte möchte ich jetzt nicht eingehen (auch weil unter den vielen Kritikern im Ausland durchaus auch Neider zu finden sind) denn es ist eine Tatsache, dass wir heute sehr viele internationale Unternehmen ins Land gelockt haben und es ist eine Tatsache, dass dies auch sehr viele gute Seiten hat. Beginnend beim Know-How über die Finanzierung der Sozial-Werke, bis hin zu Steuer-Einnahmen. Dieser Wohlstand gibt uns aber noch nicht die Legitimierung zu einem Sonder-Status, in den Augen der EU. Ganz im Gegenteil: Natürlich schauen andere Länder mit Neid und Wut auf uns und möchten uns am Liebsten jeden Spielraum nehmen, den wir gegenüber den Rest der EU haben. Doch, auch im historischen Kontext gesehen und für unser Eigen-Bild sollten wir doch einen besseren Grund haben, den Sonder-Status zu beanspruchen.

Es gab Zeiten, da wurde in der Schweiz so was wie das IKRK gegründet. Oder es wurden die Grundsteine für Institutionen geschaffen, die für mehr Recht und Ordnung, für die Achtung der Menschen-Rechte auf der ganzen Welt standen. Es gab Zeiten, da hatte die Schweiz nicht nur das Bank-Geheimnis oder Steuer-Paradiese, sondern auch die Legitimation zu einem Sonder-Status in den Augen der ganzen Welt. Und wenn es stimmt, dass auf dem europäischen der einzige Rohstoff zwischen den Schläfen zu finden ist, dann wäre es vielleicht an der Zeit, an einer Legitimation unseren schönen Schweiz zu arbeiten. In einer Welt, in der ein deutscher Bäcker brasilianische Ureinwohner rettet, gibt es für uns bestimmt noch eine ganze Menge zu tun. In einer Zeit, in der deutsche Discounter Kleider-Stücke für wenige Cents in Bangladesh bestellt werden, wo sie Arbeiterinnen produzieren die höchstens 5 Jahre lang ihre miserablen Arbeits-Bedingungen durchhalten können, in dieser Welt gibt es bestimmt etwas für die Schweiz zu tun.

Wir haben viele gute Produkte und sehr viel Know-How. Wir sind auf dem globalisierten Markt konkurrenzfähig. Kann es sein, dass wir einzig den Aufschwung feiern und unseren Wohlstand sichern möchten? Die Welt benötigt dringendst Lösungen in Sachen Energie, sie benötigt Technologie und Know-How, sie benötigt Entwicklung und Kapital, um neue Wege gehen zu können. Sie benötigt aber auch Märkte, die nicht nur die Wirtschaft sichern, sondern auch das Leben der Menschen. Der Handels-Bedarf ist gross und alles deutet darauf hin, dass er noch steigen wird. Es ist an uns, zu entscheiden, welche Art des Handelns wir für die Schweiz möchten.

Zwischen EU-Beitritt und Abschottung gibt es noch eine ganze Palette anderer Möglichkeiten. Lassen wir uns nicht darauf ein, sie auf einzig diese zwei zu reduzieren.
 
 

Frust und Freude

 
Christoph Mörgeli beim SonnTalk
Ärgernis der Woche: Die SVP ist schon gefrustet, in letzter Zeit. Wir haben immer gesagt, der EWR sei nichts gutes, die EU sei nicht das Tollste, das mit Schengen und Dublin würde nicht funktionieren, die Personen-Freizügigkeit würde aus dem Ruder laufen, usw. Kurz gesagt: Wir möchten, dass man unsere Argumente aufnimmt und uns zuhört! Man muss sie ja nicht teilen, aber zumindest zuhören und ernst nehmen. Denn, eines kann ich garantieren: Die Politiker und die Wähler der SVP sind nicht dümmer als andere.
Weshalb es ein Frust sein soll, wenn nun plötzlich auch die anderen Parteien merken, dass es zum Teil sogar massive Probleme in Bereiche gibt, die von der SVP schon immer bewirtschaftet wurden, verstehe ich nicht ganz. Im Gegenteil: Sollte man sich nicht freuen, wenn nun die Gegner zur Einsicht kommen, dass man sozusagen Recht hatte?

Wobei ich mich frage, ob dies der fall ist. Wenn sich nun andere politische Gruppierungen für die Einschränkung der Einwanderung stark machen, heisst es noch nicht dass dies die Beweis-Führung für die Richtigkeit der Argumente der SVP gegen Ausländer abgeschlossen und bestätigt ist. Denn, so scheint es mir, ist es nicht unbedingt das Gleiche zu sagen a) man müsse der Islamisierung Einhalt gebieten und man dürfe keinen Turm mehr auf einer Kultstätte bauen oder dann b) man müsse sich um die Bewahrung der intakten Flächen bemühen und man müsse unbedingt die Zersiedelung stoppen. Es kommt nicht unbedingt auf das Selbe hinaus, wenn man sagt Schengen sei der Teufel, man solle wieder alle Zölle dicht machen oder ob man behauptet es müsse dezidiert gegen das Phänomen des Lohn-Dumpings vorgegangen werden.

Genau so, sehe ich den Unterschied zwischen dem, der sich um den Waffen-Export aus der Schweiz sorgen macht oder vielleicht sogar wagt die Berechtigung einer Schweizer Armee in der heutigen Welt in Frage stellen, und einem Feind der Schweiz der unbedingt die Armee und vielleicht sogar die Schweiz selbst auflösen möchte. Komischerweise ist dann die SVP, wenn es um die Abschaffung der Atom-Energie geht, ziemlich still. Ich denke aber nicht, dass sich diejenigen, die schon seit je her gegen die Atom-Industrie gekämpft haben, getrübt sein würden, wenn sich nun auch endlich die SVP für einen anderen Weg entscheiden würde. Selbst dann nicht, wenn die Schweizer Reaktoren als sicher bezeichnet werden, doch der "unwahrscheinliche Fall einer kriegerischen Handlung" offiziell nicht in die definition von Sicherheit der ENSI einfliesst. Und obwohl ich die Berechtigung einer Schweizer Armee in Frage stelle, wo ja selbst die sicheren Schweizer Reaktoren keine Armee zu brauchen scheinen, trotz dieser "unpatriotischen" Einstellung kann man mir glauben, ich möchte auf keinen Fall die Schweiz auflösen! Ich möchte sie auch nicht in der EU sehen...

Wo die SVP ja schon immer und überall für mehr Transparenz plädiert, sollte sie doch endlich für die Offenlegung der Partei-Finanzierungen sein. Doch ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der eine oder andere SVP Wähler ziemlich erstaunt wäre, beim Herausfinden wie die Stimmungsmache und die Meinungsbildung, diese politische "Entschlossenheit" so zustande kommen.

Aber, wie auch immer: Ich habe weder SVP Politiker noch deren Wähler je für dumm gehalten. Ganz im Gegenteil... Ich denke, die Politiker sind mehr als schlau. Die Wähler? Bei denen bin ich immer davon ausgegangen, sie hätten meistens genügend andere Sorgen, um Zeit und Lust zu haben, die Argumente ihrer Repräsentanten genauer zu hinterfragen.

Und weshalb sollten sie auch? Die SVP hatte doch im Laufe der letzten Jahre auf der ganzen Linie Recht. Also, Christoph Mörgeli, freu dich doch!
 
 

March 11, 2011

Gheddafi war am Ende

 
Gheddafi und seine Söhne waren am Ende! Sie waren so kurz davor Amok zu laufen... Die Welt wird sich noch Schämen darüber, was in den ersten Wochen nach dem Aufstand, nach den ersten Schüssen aus Fliegern, abgegangen ist. Leider, wird man sich schämen müssen.
 
 

March 09, 2011

mir wird schlecht

 
Es ist Wahljahr...
Ich kann es immer wieder kaum glauben, welch unglaublicher Schwachsinn während all den Diskussionen über Libyen verzapft wird. Da stehen Menschen mit Gewehren in mitten der Wüste und schiessen auf Kampfjäger, Frauen sagen sie werden — wenn alle Männer getötet wurden — selbst in den Kampf ziehen, die Leute strahlen und schwärmen davon, wie sie keine Angst mehr haben und wie sie entweder ein Land ohne Gheddafi erleben werden oder lieber sterben. Und da höre ich einen Christoph Mörgeli der in der Sendung "Arena" sagt, Revolutionen seien auch nicht das Wahre, dort gäbe es
Tote, Blut und Aufstände: Nicht nur zu bejubeln!

Oder ich höre einen Roger Köppel der in die Sendung "Giacobbo / Müller" kommt, weil er sich im Deutschen TV Gedanken darüber macht
ob die Gelder der verschiedenen Herrschaften in Nord-Afrika nicht eventuell viel zu schnell eingefroren wurden!

Mörgeli sprach auch von Männern, die fundamentalistische Sprüche von sich gaben, während sie mit dem Gewehr in die Luft schossen. Ich würde ihn gerne einmal nach 42 Jahre unter einer solchen Diktatur sehen, ob er am Tag der vermeintlichen Befreiung nicht aus Freude in die Luft schiessen würde... Denn, auch Menschen wie er müssen in Libyen zur Zeit Partei ergreifen: Mit oder gegen Gheddafi. Und "gegen" kann dann heissen: Gewehr in die Hand. Vielleicht ist Christoph Mörgeli entgangen, dass Militärs die noch zu Gheddafi loyal waren, sich aber weigerten den Befehl auszuführen, auf ihre Landsleute zu schiessen, auf der Stelle exekutiert wurden! Ich finde es also ziemlich deplatziert, solche Beispiele zu bringen im Versuch die Aufständischen dort schlecht zu machen, während viele Menschen noch, Tag um Tag, um ihr blankes Leben kämpfen und bangen müssen.

Ich musste mit Bedauern immer wieder beobachten, wie man in der westlichen Welt nach einer religiösen Motivation dieser Aufstände gesucht hat. Man spekulierte, in Ägypten seien die "Muslim-Brüder" in einer bestimmenden Position. Man sprach immer wieder von Revolten der "Muslimischen Welt". Natürlich kann ich mir sehr gut vorstellen, dass einem Christoph Mörgeli es am Liebsten wäre, wenn das Ganze durch Religion zu erklären wäre: Er hätte dann, zusammen mit seinen Kollegen, den besten Grund um Stimmung zu machen. Die SVP ist ja auch die Partei die sofort gesagt hat, was dort abgehe sollte uns in keinster Weise tangieren. Dies alles ist aber völlig falsch! Es ist nicht eine Revolte der Muslimischen Welt. Es ist nicht eine Revolte die durch Religion angezettelt wurde, die daraus ihre Kraft schöpft. Einzig und alleine stehen hier menschliche, soziale und politische Aspekte im Vordergrund. Die Würde und die Menschen-Rechte. Dass die Aufstände von einem Land auf das Andere übergreiften ist einzig kulturell und geographisch zu erklären, aber keineswegs durch Religion.

Es ist ausserdem mehr als schockierend, wenn pauschal behauptet wird, aus all diesen Ländern gäbe es keine Flüchtlinge. Das ging bei Mörgeli in etwa so
Das sind ja lediglich Wirtschafts-Flüchtlinge. Die wahren Flüchtlinge, die deren Leben wirklich bedroht ist, die schaffen es gar nicht bis zu uns. Die haben nämlich Hunger, sind erschöpft, haben Kinder dabei...
Es scheint mir, als würde die SVP je länger je mehr einen Flüchtling so definieren: "Ist er nicht gestorben bevor er in Europa einen Antrag nach Asyl stellen konnte, dann ist er auch kein wahrer Flüchtling." Dazu kann ich nur sagen: 250'000 Menschen leben gerade an der Lybischen Grenze in provisorischen Flüchtlings-Lager, unter höchst präkeren Bedingungen: Sie werden dies wohl kaum aus Spass machen, weil sie auf der Suche nach Reichtum sind, oder? Und zu den Massen, die generell immer öfter aus Afrika her an den Türen der europäischen Ländern klopfen werden: Wir werden uns langsam aber sicher daran gewöhnen müssen, dass die Leute in Afrika es Leid sind zu hungern, während wir in Saus und Braus leben. Ob die Schliessung der Grenzen die richtige Lösung dagegen ist, nun... Dies ist eine politische Meinung, die es in der Demokratie zu respektieren gilt. Meine Meinung ist es aber nicht.


Ich habe wirklich ein paar Mal gedacht, ich würde bald erbrechen...
Ich dachte auch ich würde mich übergeben, als ich wieder einmal von "Gladio" hörte — "Stay Behind" die internationale Bezeichnung während dem kalten Krieg. Ich machte mir in der letzten Zeit Gedanken darüber, ob es wirklich menschlich möglich sei, dass die USA in den Attentaten von 9/11 verwickelt waren. Dabei ist inzwischen in mehreren Ländern die Verbindung zwischen Terror-Anschläge auf die zivile Bevölkerung, NATO und Secret-Services gerichtlich aufarbeitet geworden (oder man hat es zumindest versucht). Bis in die 80er Jahren (!) operierte "Stay Behind" in Europa und hat im Rahmen der "Strategy of Tension" gehandelt und gemordet. In Italien wurde bei der "Strage di Palermo" militärischer Sprengstoff benutzt, wie bei den NATO-Truppen in Einsatz. Die Bedrohung aus Russland war derart gespenstisch für die Menschen in den Macht-Zentren der USA und Europa, dass man nicht davor zurückschreckte, durch Terrorismus im eigenen Land den Volkswillen zu beeinflussen und den Konsens gegen den gemeinsamen Feind herauf zu beschwören. Feind oder Feind-Bild. Meistens das Zweite. In Italien warten Dutzende von Opfer-Familien auf Justiz, eine Justiz die nie kommen wird. Man gab sofort der Extremen-Linken die Schuld, als dann langsam raus kam, dass die Geheimdienste dahinter stecken könnten, konnte dies zuerst kaum jemand glauben. Ich meine... Wer kann schon glauben, dass der eigenen Staat die eigenen Leute umbringt, um einen vermeintlichen Feind anzuschwärzen? Das tönt natürlich nach Verschwörung-Theorie. Doch, inzwischen wissen wir einige Dinge. Wir wissen, dass die Realität oft viel grausamer und tragischer ist, als die schlimmsten Vermutungen. Und wir wissen auch, ganz konkret, dass Bush und Blair die ganze Welt angelogen hatten, als sie in den Krieg gegen Hussein zogen. Sie zogen in diesen Krieg "im Namen unserer Werte". Oder so.
Wie viele Milliarden fliessen in der Welt in die Intelligence Services? Und wie oft haben sie in Tat und Wahrheit wirklich die Sicherheit auf diesem Planeten verbessert? Wie oft ist die Welt dank der Intelligences ein besserer Ort geworden? Das wird, natürlich, für immer höchst geheim bleiben. Was alles für unsere Sicherheit gemacht wird, was alles nötig ist um uns, arme Unwissenden und Ahnungslosen, zu schützen — und zwar so, dass wir in aller Ruhe morgens zur Arbeit gehen können und gar nichts davon merken müssen — all das wird uns immer verborgen bleiben. Und ich möchte gar nicht bezweifeln, dass ein gewisser Mass an Intelligence notwendig ist, doch ich frage mich, wo der Missbrauch beginnt. Ich frage mich, wer verhindern kann, dass es zu einem "Stay Behind" kommt. Denn... Ganz ehrlich: Wie viel Intelligence-Arbeit steckte hinter der Rehabilitierung von Gheddafi auf dem internationalen Polit-Parkett? Wären diese Ressourcen, diese Menschen die versuchen gute Arbeit zu leisten, nicht besser beschäftigt, wenn sie endlich etwas gegen die Mafia machen könnten, gegen die Infiltration von Staat und Wirtschaft durch die Organisierte Kriminalität? Doch, dies ist wahrscheinlich eine andere Geschichte. Eine Geschichte, in der man wieder einmal riskieren wird, die Kapitulation erklären zu müssen.

Ich möchte noch schnell daran erinnern, dass während die verschiedenen Staaten der EU mit Libyen geschäfteten, während man Gheddafi in die Präsidenten-Paläste einlud, die CIA Gefangene nach Libyen transportieren liess, wo sie betreffend dem "gemeinsamen Feind Al Kaida" befragt wurden! Dazu war Libyen auch den Amerikanern gut genut. Im "Kampf gegen den Islam" waren Libyen und ähnliche Staaten wichtige verbündete des Westens.


Wo die Menschen zu Fuss in der Wüste unterwegs sind, wo sich alle einig darüber sind, dass das Töten ein Ende haben muss, braucht die internationale Gemeinschaft unglaublich lange, um endlich diese Flug-Verbotszone einzurichten. Denn, so sagen die Verantwortlichen, "es braucht für diese Aktion von Grund aus stabile rechtliche Grundlagen". Jetzt, wo sich die ganze Welt (ausser China und Russland — Deutschland aus vielleicht weniger verwerflichen Gründen als die ersten Zwei) einig ist, dass man die Totes-Flüge in Libyen stoppen muss — selbst die "Arabische Liga" hat sich dafür ausgesprochen — jetzt sitzen wir da und warten darauf, dass "fundierte rechtliche Grundlagen" geschaffen werden. Man lässt Gheddafi alle Zeit der Welt, um sich zu organisieren. Keiner weiss was alles ins Land gebracht wird, in diesen Wochen. Zeit und Geld um sich auf dem Schwarz-Markt zu bedienen, die hat er. Und genau so wie Söldner ins Land kommen, kommt weiss der Teufel was sonst noch alles.

Wenn nicht sehr schnell gehandelt wird, werden wir zusehen müssen, wie aus diesem Krieg eine lange, traurige und blutige Krise wird, ein Krieg der toten Zivilisten und der Intelligences im Hintergrund. Im Zeichen des moralischen Versagens, über 50 Jahre lang wieder einmal an Öl denkend, und nichts weiter.

Nehmen wir uns die Zeit, versuchen zu verstehen was es heissen könnte am Morgen aufzustehen, sich von der Familie zu verabschieden, ein Gewehr in die Hand zu nehmen und freiwillig sein Leben aufs Spiel zu setzten, nicht wissend ob man wieder zur Familie zurück kommen wird? Man tut dies, um der Familie und sich selbst ein anderes Leben zu ermöglichen, als das Eine das man bis vor wenigen Wochen noch hatte. Lieber sterben, als so zu leben. Ganz gewöhnliche Familien-Väter, junge Studenten, Hans und Heiri, Ahmed und Yussuf versuchen in Libyen, ein Land zu befreien. Es von einem Verrückten zu befreien, den Europa und USA verrückt sein liessen. Und ihn darüber hinaus noch Steinreich machten. Mir soll es recht sein, mit den rechtlichen Grundlagen. Hauptsache sie sind so dringen wie das Erschaffen von Feind-Bildern, wenn es um die Finanzierung von Armeen geht. Für einmal, für einmal könnte man eine Armee, eine Tötungs-Machinerie, für etwas sinnvolles einsetzten. Um nämlich eine andere Tötungs-Machinerie zu stoppen. Für einmal. Doch das braucht Zeit. Viel Zeit. Und in dieser Zeit wird mir schlecht...