December 12, 2009

Auge um Auge

Welchen Mut die Wahnärzte doch hatten, als sie mich wie Ungeziefer zerquetschen wollte.
WELCHEN MUT
Folgende Geschichte kannten sie - ich hatte sie als Beispiel für mein Umgang mit Aggressionen mir gegenüber erzählt
Ich sitze im Zug, von Lugano nach Mendrisio, auf der Rückkehr von der Arbeit. Denke nichts Böses und höre Musik aus meinen Kopfhörern. Zu dieser Zeit hatte ich einen teils farbigen Haarschnitt, die eine Seite des "Hirokesen" war Rot. Auf der anderen Seite des Gang sitzend, ein junger Bursche. Der Kleidung nach schätze ich ihn als Hard-Rock Hörer ein. Irgendwie bekomme ich mit, dass er immer wieder in meine Richtung sieht. Mache mir aber nichts daraus.

In Mendrisio angekommen, steige ich aus dem Zug und schon packt mich eine Hand am Kragen und stösst mich gegen den Pfeiler. Ohne wenn und aber fängt er an, auf mich einzuprügeln. Eindeutig kann er nichts mit Punk-Musik anfangen! Er kommt aber gar nicht dazu, richtig zu schlagen und mir die Schmerzen zuzufügen die er mir wünscht, denn schon wird seinerseits er am Kragen gepackt und hängt nun da, wie ein Hampelmann, mit den Füssen 20 cm vom Boden. Ein Kollege von mir hatte mich gesehen und so die Szene mitbekommen, mit seinen knappen 2 Metern ist er mir auch sofort zu Hilfe gekommen.

Während der Typ an seiner Faust hängt, dreht sich mein Kollege zu mir und fragt mich ob er ihm eine Abreibung verpassen solle. Ich habe etwas gezögert... Einerseits war ich völlig überrollt worden von dieser Attacke aus heiterem Himmel. Andererseits war ich hin und her gerissen, was ich nun antworten sollte. Und, der Typ sollte auch die Gelegenheit bekommen zu erkennen, dass nun sein Arsch dran sein würde. Denn er wäre dran gewesen, bei wahrscheinlich sehr vielen Menschen. Ich antwortete "Nein, Dankeschön. Lass ihn gehen."
Ich habe einige Male an dieses Ereignis gedacht. Dass ich die falsche Antwort gegeben hätte, ist mir ein paar Mal ganz kurz durch den Kopf gegangen, aber nur in den Augenblicken in denen ich mich in diesen Burschen zu versetzen versuchte und mich fragte, wieso um alles in der Welt ich einen vollkommen Fremden, mir unbekannten, mit dem ich noch nie was zu tun hatte und mit dem ich niemals ein Wort gewechselt hatte, ein junger Mensch wie ich, wieso um alles in der Welt sollte ich diesen am helllichten Tag verprügeln wollen? Diese Frage hat mich ein paar Male ziemlich wütend gemacht, und zwar weil ich absolut keine Antwort auf sie finden konnte!

Nun, in der Harten Klinik hatte ich, bezüglich Aggressionen gesagt
Früher bin ich der gewesen, der sogar wenn er verdroschen wurde nicht Rache suchte, auch wenn ihm diese auf dem Tablett serviert wurde.
Dies hatten die Wahnärzte mitbekommen. Mit so einem Menschen hatten sie hier zu tun. Derart mutig sind sie gewesen, derart MUTIG.


Aber vielleicht war dies ja nur die eine Seite, der eine Pol? Wer weiss? Vielleicht war da ja noch ein anderer LET IT SHINE? Und woher kam dieser? Von den Erzählungen meiner EX-Ehefrau? Zusammen mit den Unterlagen meiner früheren "Therapeutin"? Wenn ja... Wieso habe ich nichts darüber erfahren? Wenn ja... Wie beurteilten die Wahnärzte die Episode auf dem Zug? Ich denke nicht, was auch immer meine EX erzählt haben mag, dass die Ärzte deshalb mehr Mut benötigten. Dass sie überhaupt sowas wie Mut brauchten! Im Gegenteil.

Sollte ich aggressiv und gewalttätig innerhalb der Familie sein und sollte ich dermassen unfähig sein mit "nicht unterschwelligen" Aggressionen und der unmittelbaren Bereitschaft zur Eskalation und zum Konflikt umzugehen, desto mehr waren sie sich sicher, ich hätte nie mit ihren Aggressionen umgehen können. Sie waren sich absolut sicher, ich wäre niemals in Stande gewesen, gegen sie anzutreten.

Sie fühlten sich durch eine fälschlichen Annahme in absoluter Sicherheit: Nämlich die Annahme, ich hätte niemals den Mut gehabt einen Versuch zu starten und ihren Aggressionen irgendetwas entgegen zu setzen!!!

Wie sieht denn ihr Märchen-Muster aus? Ich habe nicht die blasseste Ahnung, aber könnte es mir so vorstellen.
Starke Unfähigkeit zum Konflikt, starkes Bedürfnis nach Harmonie, krankhafte Neigung zur Eskalations-Vermeidung, Verdrängung von jeglicher potentiellen Konflikt-Situation, Ausweichen bei verbalen Attacken. Daraus entsteht eine immer frustriertere Persönlichkeit, die ihre Wut und ihre (natürlich existierenden) Aggressionen verdrängt und unterdrückt. Bis dies nicht mehr möglich ist und die Wut in unkontrollierter Form zu Tage kommt, mit Gewalt-Ausbrüchen und eventueller Tätlichkeit.

Und?
Doktor Y?
Lady Marmelade?

Sieht das Märchen vom bösen Wolf in etwa so aus?

WELCH EIN MUT,
ihr Auflagen einer perversen Version von Rotkäppchen.

Was sie nicht beachtet haben ist, dass auch ich eine Grenze habe ab der es heisst
AUGE UM AUGE
ZAHN UM ZAHN



Und diese Grenze wurde überschritten.
Weit.
Weit überschritten.

Siehe auch den hier verlinkten Post "Ausser Kontrolle"

Ja... Die definitive letzte Grenze vor dem Unbekannten wurde überschritten.
Nun werden sie mich kennenlernen.
Nun werden sie uns kennenlernen.