July 08, 2012

Higgs-Teilchen & Umwelt

 
Ich habe sehr wohl über die Definition "Gottes Teilchen" gelästert, freue mich aber dennoch sehr über den geglückten Nachweis des Higgs-Teilchen. Ich fand es so ergreifend, Herrn Higgs zu Tränen gerührt zu sehen, dies noch zu Lebzeiten erleben zu dürfen. Ein weiteres wichtiges Puzzle-Teil kommt nun zu dem inzwischen unglaublichen Ausmass unseres Wissens über das Stoffliche im Universum. Ein Universum, dessen grundsätzliche Deutung uns heute offensichtlich noch gleich viele Schwierigkeiten wie vor einige Hundert Jahre bereitet — andere, neue Schwierigkeiten, dennoch gleich viele wie damals und in gleich breiter Spannweite.

So wundere ich mich schon reichlich, wenn ich einen emeritierten Professor und Nobel-Preisträger in der Sternstunde sagen höre, die Angst vor Gen-Technischer Manipulation habe in der Schweiz schon militante Züge und basiere lediglich auf Angst-Macherei. In den letzten Jahren haben wir vielen Fällen erlebt, wie die Arbeit einiger früheren Nobel-Preisträger inzwischen revidiert werden musste und sich teils als irrtümlich herausstellte — besonders im Bereich der Wirtschaft fallen zur Zeit die Ikonen zu Haufen, doch selbst beim Friedens-Preis von Obama mussten wir mitansehen, wie er den Vorschusslorberen nicht gerecht werden konnte. Aber wie auch immer... Dieser Professor vertrat die Ansicht, dass die Natur so unglaublich viel stärker ist als sich der Mensch je vorstellen könnte und dass genau diese Natur täglich die unterschiedlichsten Genen vermische und genau so funktionieren würde (try and error). Er meinte, die Natur werde auf jeden Fall die menschliche Rasse überleben und gerade diese menschliche Rasse solle sich keinesfalls einbilden, sie könne ernsthaft die Natur in ihren Grundsätzen erschüttern. Er meinte, was der Mensch je durch seine Eingriffe beeinflussen könne sei von der Natur schon unzählige Male in ähnlichen Varianten durchgespielt worden. Egal was der Mensch an dem genetischen Material herumdoktern würde, es sei für den Verlauf der Evolution nach Darwin absolut irrelevant. Seit Jahrtausenden würde der Mensch mit der Genetik von Pflanzen und Tieren spielen, denn Kreuzung und Züchtung seien genau nichts als Eingriffe in das Genom der betroffenen Arten. So etwas sagt also ein international beachteter Vertreter der Wissenschaften, einer dieser Herren auf die die Mächtigen dieser Welt hören.

Ich bin sowas von einverstanden mit dem Herr Professor wenn es darum geht, dass die Natur uns bestimmt überleben wird: Natürlich ist sie stärker als die menschliche Rasse. Die Frage ist aber, wie wir untergehen werden. Denn, was das Spielen mit der Genetik betrifft und deren Freisetzung in der Umwelt möchte ich ein Beispiel bringen: Die Killer-Biene. Dieses (wie der Name schon sagt) für den Menschen gefährlich Insekt wurde nicht von der Natur hervorgebracht, sondern erst durch das Kreuzen verschiedener Bienen-Arten durch den Menschen erschaffen. Erst die Kreuzung zweier Bienen-Arten aus verschiedenen Kontinenten (wie sie die Natur niemals erschafft hätte) beglückte uns mit diesem tödlichen Geschenk. Und wir reden hier von konventioneller Kreuzung! Was kann also beim direkten Eingriff in das Genom (als sei es ein Lego-Baukasten) erst alles schief gehen?

Ich bin nicht grundsätzlich gegen Genetik-Experimente: Natürlich ist es genial wenn es die Forscher schaffen, Tumor-Zellen leuchten zu lassen um dem Chirurgen eine viele genauere Entfernung zu erlauben. Meiner Meinung nach aber (und Gott sei Dank denken zur Zeit die meisten Europäer noch so) sollten wir wirklich extrem aufpassen mit dem, was wir in der Umwelt freisetzen. Wenn die selben Forscher die an der Lumineszenz von Zellen arbeiten der Meinung sind, man könnte die Blätter von Bäumen leuchten lassen und damit ganze Alleen beleuchten und deren "künstliche" Beleuchtung so überflüssig machen, dann bekomme ich langsam wirklich Angst, ja... Ich sehe schon vor meinem geistigen Auge, wie Monsanto in den Markt der Glühlampem vorpreschen wird — was zwar irgendwie Sinn machen würde, ist dieser Markt doch die historische Geburtsstätte der Obsoleszenz und hat Monsanto es geschafft die Obsoleszenz in der Natur eingeführt. Offensichtlich verführt eine solche Entdeckung zu solchen Gedankenspiele, doch... Wie soll ich es sagen?

Ich meine: Heute sind ja sehr viele Wissenschaftler der Meinung, das Leben auf Erden sei das absolut zufällige Resultat einer langen langen Reihe von Ereignissen. Sie meinen, aus dem reinen Chaos sei aus purem Zufall das Entstanden, was wir gerade erleben. Und natürlich kommt man mit einer solchen Weltanschauung zu wahrscheinlich den unwahrscheinlichsten Schlussfolgerungen. Ich vertrete die heute nicht so verbreitete Meinung, unser Kosmos und unser Leben seien nicht wirklich aus so etwas wie Chaos entstanden. Ich meine: Man schaue sich mal um in was für einer Welt wir leben dürfen, unter welchem Himmel wir schlafen dürfen und mit was für eine Natur wir diese Welt teilen dürfen: Kann dies alles wirklich aus dem puren Chaos entstanden sein? Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass aus Chaos das Leben auf unserer Welt entsteht? Wie gross ist schon nur die Wahrscheinlichkeit, dass ein Planet wie unser einen Mond hat (der gleich gross am Himmel erscheint wie die Sonne!) und der ausgerechnet die am meisten Licht-Reflektierenden Farbe aufweist? Aber dies ist nur ein lustiger Gedanke. Viel wichtiger ist: Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Natur (in all ihrer relativen Härte) so viel Raum für die menschliche Rasse lässt?

Ich möchte keinesfalls behaupten, dass unsere Welt oder das Universum von Gott so gestaltet und gewollt sind. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass als Resultat von einem vermeintlichen "Chaos" die Erde doch ein recht angenehmer Ort zum leben ist. Obwohl das Leben so wie wir es kennen oft nach dem Prinzip von fressen und gefressen werden funktioniert, ist doch ein eigentlich sehr hohes Mass an Frieden vorhanden. Und dann ist noch die Liebe: Die Art von Liebe, die über die Eltern-Liebe hinaus geht, die Menschen-Liebe zum Beispiel. Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass sowas aus dem Chaos entsteht? Oder soll dies für die Evolution nützlich sein und nur deswegen funktioniert unser Gehirn auf diese Weise? Aus welch faszinierendem Chaos doch Leben und Evolution entstanden sein müssen! Mit farbigen Blumen die unser Herz beklücken. Oder Sonnen-Untergänge am Strand, die in praktisch jedem Menschen auf Erden eine nicht erklärbare Sehnsucht erwecken. Welch wundervolles Chaos das Universum doch sein muss!


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Was der Mensch beim Anhören von Musik zu empfinden in der Lage ist, das soll aus purem Chaos entstanden sein?
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Ich bin davon überzeugt: Das Chaos ist nicht dort draussen sondern viel mehr in unseren Köpfen, in unserem Geist. Der Mensch durfte sich weiter-entwickeln und sich ein Bild seiner Selbst und seiner Umwelt machen, er durfte sich plötzlich der Schöpfung erfreuen, dafür musste er aber einen Preis zahlen — den Preis der Verantwortung! Und dieser evolutionäre Schritt überfordert uns zur Zeit noch. Und nicht wenig. Wir kommen nicht klar, mit dem "Chaos" der in unserem Gehirn herrscht. Das komplexeste uns bekannte Gebilde im ganzen Universum!



Autor unbekannt




Gerade habe ich einen Beitrag über eine neuartige Plage gesehen: Tausendfüssler vermehren sich an bestimmten Orten in Europa in noch nie gesehenem Ausmass und niemand schafft es (weder mit Chemie noch mit sonst irgendwelchen Mitteln) Herr der Lage zu werden. Ein Frau putzt während mehreren Wochen im Jahr um die 2 Kilos der Insekten von der Fassade ihres Einfamilien-Haus, seit nun mehreren Jahren, Tag für Tag! Wenn Leben und Natur aus purem Chaos entstanden wären, wie gross wäre die Wahrscheinlichkeit, dass Insekten uns eine derartige Verbreitung unserer Rasse erlauben würden? Die Heuschrecken-Plagen sind die Ausnahme und nicht die Regel — sie könnten aber die Regel sein! Und schon wäre die Welt nicht die Selbe! Doch wir haben irgendwie das Glück, Heuschrecken für biblische Boten des Untergangs halten zu dürfen, anstatt dass sie die Herrschende Art auf Erden sind.



Der genannte Professor (dessen Name ich nicht mehr weiss) ist aber noch harmlos im Vergleich zu einem gewissen Herrn Steve Forbes, der tatsächlich bei seiner Rede am SEF (Swiss Economic Forum) die Europäer dazu aufruft, nicht weiterhin ihr Geld mit irgendwelchen komischen CO2-Zertifikaten "aus dem Fenster zu werfen" und dieses Geld sinnvoller zu investieren: zum beispiel könnten sie beim "absolut sicheren" Gas-Fracking mitzumachen! Ich dachte ich höre nicht recht... Eines Tages in nicht allzu weiter Zukunft wird ein solcher Speech auch von der Schweizer Management-Elite hoffentlich heftig und entschieden ausgepfiffen und nicht beklatscht, wie es dieses Jahr leider noch der Fall wahr. In diesem Sinne habe ich grosses Vertrauen in die Jugend: Schlechter als wir es in den letzten 30 Jahren getan haben, können sie es ziemlich sicher nicht! Ich habe volles Vertrauen in einer nächsten Generation von Wirtschafts-Kapitänen die, in ihren Anzügen und Krawatten, einen Steve Forbes auspfeifen werden.

Hoffentlich wird ihr Pfeifen nicht zu spät kommen — dies ist meine einzige Befürchtung. Denn bis dann gibt die Welt noch gründlich Gas, um sich vollends in die Scheisse zu reiten! Kanada merkt, sie wird nicht die vereinbarten Ziele des Kyoto-Protokolls einhalten können und entscheidet sich kurzerhand dafür, anstatt die teuren Sanktionen zu bezahlen, einfach aus dem Vertrag auszusteigen! Dabei hat Angela Merkel noch kurze Zeit vor dem Beginn der Finanz-Krise gemeint, die Klima-Veränderung sei die grösste Herausforderung der Menschheit! Seit mehr als 4 Jahren hat kein Schwein in den europäischen Regierungen mehr Zeit für DIE Herausforderung: Die Banken müssen gerettet werden, das ist jetzt wirklich wichtig!

Und wenn Kanada aus dem Kyoto-Protokoll aussteigt und die USA, Russland und China über solche Probleme nur lachen können, dann kann natürlich auch Brasilien etwas lascher mit dem Regenwald umgehen, Indonesien kann die letzten Wälder der Orang-Utans verbauen und halb Afrika kann sich weiter von Bush-Meat ernähren, weil Huhn dank Nestlé und Kollegen viel zu teuer ist. Also lasst uns weiter machen mit Yellow Cake in 3. Welt-Länder (Atom-Strom ist ja so billig, wen interessiert da schon wenn die Sonne gratis ist?).


Das Higgs-Teilchen wurde gerade nachgewiesen! In den USA sind viele einflussreiche Menschen davon überzeugt, dass die Menschheit eh nur noch durch die Eroberung des Weltalls überleben kann (vorausgesetzt, die Gen-Technik hat bis dann genügend Fortschritt gemacht). Milliarden werden für die Besiedlung vermeintlicher Himmelskörper ausgegeben und fast kein Schwein denkt ernsthaft daran, die Menschheit mit Sonnen-Energie aus den Wüsten zu versorgen. Es gibt zwar auch Wissenschaftler, die Geld für durchaus sinnvolle Forschung ausgeben, selbstverständlich. Ich denke, Grundlagen-Forschung ist eh immer sinnvoll. Wenn es dann aber um die praktische Umsetzung neuer Technologien geht, da kann man sich wirklich darüber streiten. Ein positives Beispiel? Einer Gruppe Forschern ist kürzlich gelungen, Mikrowellen über eine Distanz von mehr als 90 Km auf der Erde zu senden und sie dann in Form von Gleichstrom zu empfangen. Dies war der Beweis dafür, dass elektrische Energie im Weltraum, in einer Höhe von 350 Km von der Erde, durch die Atmosphäre gesendet werden könnte, um dann am Boden als brauchbare Energie-Quelle benutzt zu werden. Die Idee wäre, einen sehr grossen Sonnenstrahlen-Kollektor oberhalb der Erdatmosphäre zu platzieren, wo die energetische Ausbäute ungemein ergiebiger wäre als am Boden. Als auch die technische Machbarkeit der benötigten Folie für das sammeln von Sonnen-Energie mit einem geostationären Satellit geliefert wurde, war die grundsätzliche Machbarkeit eines solchen Projekts bewiesen. So geschehen vor kurzer Zeit. Sensationelle Forschung: Für meinen ganz persöhnlichen Geschmack schon viel besser investiertes Geld als für die Entsendung einiger Menschen auf den Mars! Und um die Sonne in unseren Wüsten kümmern sich wirklich nur einige wenige arme Schweine...

Noch bezüglich Schweine usw.: Inzwischen wissen wir, dass wir nur durch einen reduzierten Fleisch-Konsum eine echte Chance haben werden uns in Zukunft zu ernähren. Und was tun wir? Inzwischen hat das Fraunhofer Institut herausgefunden, dass dank der Beimischung von Leinsamen im Futter von Kühe deren CO2-Ausstoss um bis zu 30% reduziert werden kann! Wird irgend ein Land ein Gesetz verabschieden, dass die Züchter zu einer solchen Massnahme verpflichten wird? Natürlich nicht! Es könnte ja die Konkurrenz-Fähigkeit schwächen, und somit der Wirtschaft schaden! Ja, es könnte das Masten um vielleicht eine ganze Woche verlängern! Undenkbar... In den USA scheint es sogar niemanden zu kümmern, dass der genetische Pool in der Landwirtschaft inzwischen auf wenige Dutzend Tiere reduziert wurde und dass man in allernächster Zukunft Tag für Tag das selbe Tier auf dem Teller serviert bekommen wird, ein geklontes Tier. Wen sollten da bitte schön irgendwelche Leinsamen interessieren?

Den Leuten des Fraunhofer Instituts verdanken wir übrigens eine ganze Menge genialer Dinge, wie zum Beispiel das MP3-Format! Das war eine gesellschaftlich extrem folgenreiche Entwicklung...

Das Higgs-Teilchen wurde gerade nachgewiesen und kurz zuvor hat Herr Forbes am SEF gesprochen! Ich denke oft daran, was uns eine jugendendliche Generation in einigen Hundert Jahre gerne fragen würde. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, wie sie Respekt für eine Entdeckung wie die des Higgs-Teilchens empfinden werden, so wie wir heute noch Respekt vor grossen Entdeckungen in der Vergangenheit haben. Ich kann mir aber auch sehr gut vorstellen, dass sie uns würden fragen wollen, wie wir eigentlich so weiter machen konnten, wo wir es doch schon viel besser wussten...
 
 

July 05, 2012

can you imagine?

 
Can you imagine, The Chemical Brothers coming to Zurich and me not going to the show? I couldn't imagine such a thing could happen, but this is probably going to happen in August. And I'm somehow speechless about it. To go there without being able to enjoy the show, without even the energy for standing on my feets during a couple of hours? It doesn't make a lot of sense to me...

I waited 3 years for checking out the music the two brothers posted in 2009 as suggestion on their website. 3 years of waiting for being open minded, able to appreciate and to swim in the sound. So at least now I got a few groups to listen to. I love these two guys: they giftet me so abundantly.


Addicted to music?
There are a number of brilliant acts at the Zurich Openair:
ZÜRICH OPENAIR | 23.-26. August 2012 | addicted to music
 
 

do you remember?

 
BREAKING NEWS
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Erinnerst du dich, meine Prinzessin, wie wir uns trafen? Wie ich zuvor als Gnom verkleidet war? Wie wir dann um die Häuser zogen und unseren Spass hatten? Wie wir Aschenbecher und Briefkäste in die Luft jagten? Wie wir dieses Haus, das wie eine Kaserne aussah, mit Toiletten-Papier einhüllten? Und deine Emétophobie, erinnerst du dich daran? Oder wie dann die Polizei kam? Wie wir unserem Innern zu vertrauen lernten?



Peacebone  ==  Animal Collective

A Peacebone got found in the dinosaur wing
Well I've been jumpin in all over, (but my fuels) are slowly shrinking
It was a jugular vein in a juggler's girl
It was supposedly leaking most interesting colors

Well half of my fingers
are dipped in the sand
You're progressin letters that you use to cook your broccoli
The other side of takeout is mildew on rice

And an obsession with the past is like a kid flying
Just a few things are related to the old times
When we did believe in magic and we didn't die
It's not my words that you should follow, it's your insight
Insight...(You trust your)

I bet the monster was a-happy when we made him a maze
Cause he don't understand intentions a-he just looks at your face
And then the bubbles exploded and tickled the bath
And all the birds were very curious all the fish were at the surface

Well half of me waiting for myself to get calm
I'm like a pelican at red tide
I'm a corpse, I'm not a fisherman
A blow out does not mean I will have a good night

chorus

chanting

Well I start in a hose and I end in a yard
And when I feel like I'm stealing I can keep myself from hearing God
I need the taste that you're cookin could make me bow on the ground
It was the clouds that (called) the mountains
It was the mountains that made the kids scream

Well she (wore all) her apartments
She never was found
You (think you're talkin about the) New York
To be an artist, but are you anything?
You find out that you can't ask a baby to cry

chorus

Peacebone.




And baby you can drive our car...!
 
 
 
 

Hier sind weitere Beiträge der Serie "Breaking News" zu finden

 
 

June 30, 2012

wissenschaftlich objektiv

 
Kürzlich in Norwegen: Ein bis dahin völlig unauffälliger Typ entwirft bis ins kleinste Detail einen teuflischen Plan und setzt in dann in die Tat um. Am Ende dieser unmenschlichen Tat wird er 77 meist junge Leben — auf eine kaltblütige Weise, mit grösster Konzentration und dennoch unglaublich hasserfüllt in seiner Motivation — genommen haben. Er sprengt zuerst eine Bombe im Zentrum der Hauptstadt, eine Bombe die durch ihre Wucht sofort an höchst professionalisierte Netzwerke denken lässt. Wie durch ein Wunder stirbt hier zuerst einmal nur eine Person. Durch das ausgelöste Chaos kann sich nun der Massenmörder in aller Ruhe auf seine wahre Mission konzentrieren und fährt zuerst 75 Minuten lang zu dem Ort, wo er seinen wahren Showdown, seine in seinen Augen missionarische Tat erfolgen wird. Was in der nächsten Stunde geschieht ist inzwischen allgemein Bekannt und teil der tragischen Chronik eines Sommers in Norwegen. Er wird auf einige Opfer mehrmals schiessen um jegliche Überlebens-Möglichkeit zu eliminieren, andere hingegen wird er bewusst verschonen, wahrscheinlich möchte braucht er sie als Zeugen und Chronisten seiner "grossen Tat". Die Vorbereitungen zu dieser Tat nahmen mehrere Monate in Anspruch und erforderten eine ausgeklügelte Logistik. Die Tat war in ihrem Ablauf über mehrere Stunden bis ins Detail geplant, der Wahnsinnige hat sich sogar eine Uniform der Polizei zugelegt, um völlig ungehindert an seine Opfer zu kommen und sie überraschend aus kürzester Entfernung hinrichten zu können. Eine extreme List war also ein mitentscheidender Faktor.

Um überhaupt eine Chance zu haben, mit dieser für jeden gesunden Menschen-Verstand unvorstellbaren Tat umgehen zu können, wartet eine ganze Nation auf die Bestrafung des Täters. Die Gewissheit einer möglichst angemessenen Sühne ist für ein ganzes Volk unabdingbar um mit der Trauer überhaupt fertig werden und das Leben weiterleben zu können, um nicht an solcher Tragik zu zerbrechen. Hier kommen nun die Experten ins Spiel: 2 Gutachten werden erstellt um die Frage zu beantworten, ob der Täter überhaupt Schuldfähig sei oder nicht. Zwei anerkannte und renommierte Fachleute erstellen also je ein psychiatrisches Gutachten, beide mit dem selben Ziel: Eine saubere und professionelle Analyse der psychischen Verfassung des Täters. Und, man siehe da, die 2 Gutachten kommen zu 2 diametral entgegengesetzten Schlüsse: Das erste befindet den Schuldigen für keinesfalls im Stande, seine Tat und die damit verbundene Schuld zu verstehen, das zweite hingegen befindet ihn für völlig Schuldfähig. Pikant ist dabei, dass beide Gutachten den Anspruch auf wissenschaftliche Objektivität erheben. Ich habe gehört, dass anscheinend die zwei Experten mit ganz verschiedenen Vorgehensweisen sollen gearbeitet haben. Einer hatte einzig mehrere Treffen mit dem Angeklagten während der andere auch das Wachpersonal und alle Menschen die Kontakt zu ihm angehört haben soll. Ich weiss jetzt nicht einmal welcher Experte zu welchem Schluss gekommen ist, was hier auch gar nicht relevant ist. Am Schluss haben beide Experten irgendwelche standardisierte Formulare gezuckt und, nach bestem Wissen und Gewissen, versucht eine objektive Darstellung der Lage zu liefern. Man bemerke, dass hier wahrscheinlich keine persönliche Interessen der Experten deren Resultat mitbeeinflusst haben: Zu gross die Tragweite der ganzen Angelegenheit und viel zu Breit die mediale Aufmerksamkeit. Und, obwohl beide Experten eigentlich einer ganzen Nation die für den Fall angemessene Antwort liefern wollten, sind sie zu solch entgegengesetzten Antworten gelangt.

Meine ganz persöhnliche Meinung dazu ist, dass der norvegische Täter die Strafe bekommen sollte, die er sich am wenigsten wünscht. Für uns alle, die nicht in seinem Kopf stecken, ist eh nicht nachvollziehbar wie es dort schlussendlich aussehen mag und somit ist die Frage der Schuldfähigkeit eigentlich irrilevant, akademisch. Bestraft werden muss er so oder so. Er sagte, er wolle lieber ins Gefängnis als in die Psychiatrie. Viele Menschen empören sich, verständlicherweise, bei der Idee, der Täter könne für nicht schuldfähig befunden werden und somit in der Psychiatrie landen: Sie denken, damit werde die grundsätzliche Schuld seiner Tat relativiert. Doch diese Menschen sollten vielleicht bedenken: Sich psychiatrisch und therapeutisch mit seinem Vergehen auseinandersetzen zu müssen, ist eine sehr unangenehme Vorstellung für diesen Menschen. Sollte er also wirklich die Möglichkeit bekommen, sich "einfach" in eine Gefängniszelle zu setzen und weiterhin ungestört seinem Wahn folgen? Wie auch immer...

Die Tragödie in Norwegen ist so dermassen jenseits menschlichem Verstand, dass sie eigentlich nicht für die Darstellung weit entfernter Theorien missbraucht werden sollte. Dennoch konnte ich es nicht lassen, denn hier zeigt sich wie unglaublich schwierig eine objektive psychiatrische Beurteilung ist. Denn damit verbunden ist das Grauen im Alltag einer jeglichen psychiatrischen Klinik, in der auf Grund einiger weniger Minuten die ein Arzt mit einem Patienten verbracht hat und einer Anzahl Antworten die der Patient auf standardisierte Fragen eines oder mehrerer Bögen gegeben hat, die Erkrankung des Patienten definiert wird und entsprechend seine Behandlung. Auf Grund "wissenschaftlich objektivierter Verfahren" wird zum Teil von einem Not-Psychiater innert weniger Minuten entschieden, ob er einen vermeintlichen Patienten einliefern lässt oder nicht. Auf die selbe Art kann darüber entschieden werden, ob der Patient in der Gummizelle landet und ob er unter Zwang Medikamente verabreicht bekommen wird.

Die Klinik steht nun vor einem Dilemma: Wenn ein Entscheid einmal getroffen wurde können die darauf folgenden Massnahmen sehr gravierend sein und das Vorgehen der Ärzteschaft wird man ab nun als gerechtfertigt darstellen müssen, egal wie korrekt dieser Entscheid gewesen sein mag oder eben nicht. Ab nun gibt es keine Zurück mehr, weder für den Patienten noch für die Klinik. An dieser Stelle muss man sich aber einige Dinge in Erinnerung rufen: a) Seit Jahrzehnten gab es kein Prozess mehr gegen einen Psychiater in der Schweiz. b) Die Anzahl der Patienten die gegen ihren Willen in der Psychiatrie und in der Gummizelle landen ist unglaublich gross.

Als Schlusspunkt für diesen Post möchte ich nun eine Frage in den Raum stellen, eine Frage die jeder Leser einmal ganz für sich allein sich durch den Kopf gehen lassen kann — dabei wäre es vielleicht noch hilfreich, an den Massenmörder in Norwegen zu denken sowie an die Tatsache, dass Psychiater einer kantonalen Einrichtung beruflich auch von Krankenkassen, Justiz und Politik abhängig sind: Bei einer solchen Anzahl von Fällen im Alltag eines Psychiaters und bei der eigentlich faktischen Gewissheit für begangene Fehler nicht zur Verantwortung gezogen zu werden, wie gross wird die Wahrscheinlichkeit sein, dass in der Schweiz in den letzten 25 Jahren kein Psychiater grobe Fehler begangen hat die dann Kaschiert wurden und wie gross wird die Wahrscheinlichkeit sein, dass keine Patienten unter Macht-Missbrauch von Seiten der Ärzteschaft einer psychiatrischen Klinik gelitten haben?



Autor unbekannt