October 19, 2009

Spiegel der Nacht

hinter dem spiegel der nacht
hör ich dich träumen

jedes gefühl
ein stiller schrei

wie im rausch
wirbeln die gedanken
der unendlichkeit entgegen

ein ohnmächtiges
endloses treiben im meer
der sehnsucht

suchst den engel
deiner träume

sterne
sind so fremd
die seele brennt

Poem by Sheera



October 18, 2009

Auslegungen

oder
Unterschiede: Klein aber Oho!

Ich schäme mich nicht! Und werde mich niemals dafür schämen, mich verliebt zu haben. Ich werde mich nicht schämen für den Misserfolg des Aufenthalts in der Harten Klinik. Zumindest nicht solange man mir nicht sagt, wie die von mir gemachten Fehler aussehen... Denn: Ich bin durchaus in der Lage, mich zu schämen. Ich habe diese Fähigkeit. Und zwar immer wieder sogar im Überschuss.

Zum Beispiel, schäme ich mich gewaltig zur Zeit. Ich schäme mich, jedes Mal wenn ich an meine Mutter denke. Wenn ich daran denke, wie ich ihr damals erzählte von den Ausmassen meiner Drogen-Probleme. Als sie von mir genügend hörte um sich selbst ein Bild machen zu können, von dem was ich in den letzten 20 Jahren immer wieder durchmachte. Von der Tatsache, dass "Sucht-Krank" nicht ferne Vergangenheit war. Ich schäme mich, weil ich ihr diese für eine Mutter doch sehr belastenden Infos einzig gab, weil ich es als Gewissheit sah an einem Punkt in meinem Leben zu stehen an dem es eine reale Chance gab, als "Sieger" aus diesem Teil meines Lebenslaufs zu kommen. Ich gab ihr diesen derart schweren Koffer, in der Überzeugung - aus tiefstem Herzen - ihr das Gewicht unmittelbar wieder nehmen zu können, sie davon entlasten und sie schlussendlich nur noch an meiner riesen Freude teilhaben lassen zu dürfen. Ich wollte dieses Geschenk des Lebens mit ihr Teilen.

Ich schäme mich, weil es ganz anders kam...

Ich schäme mich, weil ich wieder zu dem geworden bin, den ich niemals einer Jungen Dame hätte zumuten können und wollen. Weil das was ich - in dieser so kurzen und doch so unglaublich intensiven Zeit in der sie mich begleitet hatte - abschütteln konnte, auch die Junge Dame auf ihre Weise und ihrem Lebenslauf entsprechend gerade abgeschüttelt hatte. Und einzig auf diese Geschenke unserer Leben vertrauend, konnte ich mir vorstellen wie das Vertiefen unserer Bekanntschaft uns durch den Türspalt gebracht hätte, der sich auf den Pfad geöffnet hatte, der zu einem Leben in Fülle hätte führen können. Ich schäme mich, heute noch (wie versteinert) einige Meter vor dieser Türe zu verharren, in allen Richtungen schauend und völlig durcheinander, hatten doch plötzlich Dutzende Türen begonnen sich zu öffnen und sich, knallend, wieder zu zu schlagen. Ich liess mich plötzlich von Zweifeln verunsichern, ob die Türe dort auch wirklich die gewesen war, die wir zusammen sich öffnen sahen... Oder hatte ich durch das entstandene Chaos jetzt eine andere Türe im Visier? Verwechselte ich nun eine der anderen Türen mit der einen, die ich passieren wollte?

Und doch war ich früher Pfadfinder und konnte mich eigentlich recht gut orientieren... Doch jetzt... Jetzt war ich überhaupt nicht mehr sicher, die Landschaft richtig lesen und interpretieren zu können.


Doch ich schäme mich zum Beispiel nicht, bestimmte Angebote nicht angenommen zu haben, die auch über einen Umweg zu dieser Türe hätten führen sollen. Ich schäme mich nicht, mich im letzten Augenblick gegen einen Aufenthalt in einer Rehabilitations-Institution entschieden zu haben. Denn, wie so oft im Leben, sind ganz kleine Details und Nuancierungen in der Lage, eine Sache völlig anders betrachten zu lassen. Wie so oft im Leben, konnte man damals mit einem ganz kleinen Detail in der Auslegung der Betrachtweisen, 2 Meinungen völlig anders darstellen.



Steht doch im Bericht vom Schönen Schloss 
Man habe mir zu verstehen gegeben, dass eine Begegnung mit der Jungen Dame während der Therapie-Zeit eher als unrealistisch zu betrachten sei.

habe ich damals aber diese Aussage gehört
Ich betrachte es als wahrhaft inopportun und nicht angemessen, während der Zeit bei uns Kontakt zur Jungen Dame zu haben. In Klartext: Solange Sie bei uns sind, würden wir diesen Kontakt nicht dulden können! Vorausgesetzt, dieser wäre überhaupt von Seiten der Jungen Dame erwünscht und gesucht, was ich nicht wissen kann
Kleiner Unterschied in der Auslegung. Riesen Unterschied im Verständnis. Das Eine tönt für mich nach Gespräch und Austausch, das Andere nach Verbot. Ich habe niemals geäussert, dass während meinem Aufenthalt dort bestimmt ein Wiedertreffen mit der Jungen Dame zustande gekommen wäre. Ich habe niemals gedacht, dass es mit Sicherheit dann dazu gekommen wäre. Und ich wollte mich wirklich - wenn Gott dies tun würde, könnte er mein Zeuge sein - auf die nötige Zeit in dieser Institution einlassen, ganz egal was mit der Jungen Dame noch gekommen wäre. Doch, als man mir jeglichen Kontakt im Vornhinein schon verbat, konnte ich die Rahmenbedingungen nicht mehr akzeptieren und mit meiner Auffassung einer Zusammenarbeit auf dem Weg zur Rehabilitation in Einklang bringen. Also habe ich mein Interesse an dieser Therapie gekündigt. Schweren Herzens, denn ich hatte wirklich ein gutes Gefühl gehabt und betrachtete diese Möglichkeit als Vielversprechend.

Eine weitere verschiedene Auslegung für die ich mich nicht schäme, betrifft die eine Sitzung in der Harten Klinik, bei der meine Noch-Ehefrau anwesend war. In diesem Falle bin ich zum Beispiel der festen Überzeugung, jemand anders sollte sich mehr als schämen, für die krasse Diskrepanz zwischen den verschiedenen Auslegungen. Man hatte meine Frau in die Klinik gebeten, nachdem die Schwägerin mich der Mord-Drohungen bezichtigt hatte. Ich hatte dieses Treffen gewünscht, um Klarheit zu schaffen und um jegliches Hindernis zu einer guten Zusammenarbeit mit den Therapeuten zu beseitigen.
In Klammern:
Immer noch wünschte ich mir zu diesem Zeitpunkt Erfolgreiches zu erleben, mit dem Therapeuten-Team. Trotz der Eskalation mit Doktor Y, vertraute ich in einer Klarstellung und Beseitigung der Missverständnisse, um weiterhin an meiner Re-Integration in die Arbeitswelt arbeiten zu können. Weiterhin glaubte ich, die für mich verantwortlichen Therapeuten würden sich nicht von der Lage mit der Jungen Dame davon abbringen lassen, mich auf meinem Wege weg von Frau und zurück zu Arbeit zu unterstützen.
Für mich lag der Schwerpunkt dieser Aussprache eindeutig bei der Aufklärung jegliches Missverständnis und der Beseitigung jedes noch so kleinen Zweifel was diese vermeintlichen Mord-Drohungen anging. Ich wollte einfach nur absolute Klarheit dies bezüglich. Nicht so das Therapeuten-Team...

Ich erzählte also was damals geschah, als ich nach einer Nacht im Hotel dann einige Tage bei der Familie verbrachte. Und meine Frau erzählte was sie beobachtet hatte und was anscheinend so dermassen erschreckend gewesen sei, an meinem Verhalten. Sie erzählte wie ich, ziemlich mit Drogen abgefüllt und immer wieder im Stehen "einnickend" in der Wohnung herumlaufte. Wie ich dreckiges, noch nicht gewaschenes Geschirr aus der Spülmaschine nahm und es in den Schrank versorgen wollte. Und, dass ich die Schultasche meines Sohnes genommen hätte und mich auf den Weg zur Schule machen wollte. Diese 2 Episoden sind es gewesen, die meine Frau in Angst und Schrecken versetzt haben müssen, weil "Schlimmeres" wusste sie nicht zu protokollieren. Ich fragte sie ob sie irgend eine Art von Aggressivität bei mir verspürt hätte, ich fragte ob es eine gewaltgeladene Atmosphäre gewesen sei: Sie verneinte dies. Sie sagte aber auch (zu Recht), dass der Sohn auch anwesend war und mich in diesem Zustand miterlebt hatte. Sie sagte, sie habe sich Sorgen um ihn gemacht. Ich daraufhin
Also ich möchte keinesfalls diese Episoden verharmlosen oder herunterspielen: Es sind eindeutig und zweifelsohne Horror-Tage gewesen! In diesem Zustand vor meinem Sohn zu erscheinen ist definitiv nicht in Ordnung und ich fühlte mich damals wie heute sehr schlecht deswegen. Dennoch möchte ich bemerken, dass mein Verhalten genauso gut der eines Betrunkenen gewesen sein könnte, ein Betrunkener der dringend ins Bett sollte um sich richtig auszuschlafen. Ein Betrunkener der nicht mehr den Überblick hat, dennoch völlig harmlos für sein Umfeld ist.
Mein Sohn hat, und dafür lege ich die Hand ins Feuer, keine halbe Sekunde Angst vor mir gehabt! Ich hatte die Bestätigung, dass es für ihn keine Angst-Episode gewesen ist, am nächsten Morgen, als ich ihn nach dem Schlafen sah. Und diese Bestätigung ist für mich eine riesen grosse Erleichterung gewesen: Als ich aus dem Zimmer gelaufen kam und mich mein Sohn, am Tisch sitzend sah, lächelte er mich an, in den Augen eine Mischung von Spass und vielleicht Mitleid, Scham.
Wie gesagt, ich hätte können betrunken sein, und betrunkene Familienmitglieder hat er schon zu Haufen in Brasilien miterlebt - und dann aber auch recht betrunkene Onkels, zum Beispiel.
Weshalb erzähle ich dies alles? Weil ich das, was ich in den Unterlagen las, fast nicht glauben konnte, nachdem ich mich so ausgedrückt hatte und meine Frau nichts zu erwidern hatte... Dort las ich nämlich
LET IT SHINE verharmlost und minimiert seinen Zustand von Intoxikation durch Drogen.
Eine Frage der Auslegung eben... Oder doch nicht? Ist das nicht schon Verdrehen von Tatsachen?


Und dann kommt noch der Hammer der Geschichte.
Hatte mir Therapeutin Lady Marmelade nicht zu dem bevorstehenden Konflikt gesagt, ich solle die Junge Dame da raus halten? Hatten sich die Therapeuten nicht alle kategorisch dem Konflikt entzogen und verweigerten mir jegliche Aussprache?
Das Treffen mit der Frau wurde von einer mir bis dorthin unbekannten Ärztin geleitet! Und diese erkundigte sich dann bei meiner Frau, ob sie einen Psychologen habe an dem sie sich wenden könne: Es sei eben wichtig, dass dieser Konflikt nicht einzig und allein zwischen meiner Frau und mir ausgetragen werde!!!
Als klar wurde, dass die Ärztin nicht so sehr an das Aufklären der vermeintlichen Mord-Drohungen interessiert war, sondern irgendwie an die Dynamik der Beziehung und des Konfliktes zwischen uns, war das Treffen auch schon wieder beendet...


Und Frau Doktor Lady Marmelade hat es geschafft, in dem Bericht der mir zugestellt wurde, noch einen oben drauf zu legen (man glaubt es kaum...). Sie schreibt, ich weiss nicht mehr was oder wie ich irgendwie in Krisen-Situationen auf drastische Weise reagieren würde. Und anschliessend
LET IT SHINE hat dennoch bewiesen, eine schwere Krise ohne Drogen meistern zu können.
Ich kann hierzu nur folgendes Sagen (meiner Art auf Krisen zu reagieren entsprechend): Verdammte SCHEISSE nochmal, was soll dieser Mist jetzt heissen? Habe ich jemals sowas beweisen wollen? Habe ich jemals sowas überhaupt geäussert? Ich habe 1'000 Mal gesagt, welchen Respekt ich davor hätte, wieder in den Alltag zu wechseln.
Der Ober-Hammer-Extra-Pfui ist noch dazu, dass ich sehr wohl Drogen konsumiert hatte, während den paar Tagen ausserhalb der Klinik! Danach ja, als ich wieder eintrat, geling es mir trotz schwierigster Umstände (unmittelbar vor dem Iso-Aufenthalt) dennoch an die Arbeit zu gehen und sauber zu bleiben.

Aber nochmals... VERDAMMTE SCHEISSE, ICH GLAUBE DIESEN SCHROTT EINFACH NICHT! Ich gehe dorthin um Clean zu werden und um eine geschützte Umgebung zu haben, wo mich der Familien-Clan meiner Frau und einige Leute aus dem Drogen-Milieu nicht angreifen können (denn dies ist was regelmässig geschah, bevor ich mich für die Klinik entschloss... ich werde noch darauf kommen, auf dieses Thema: Wovor man mich hätte bewahren sollen und müssen!), und was machen diese verrückten Wahn-Ärzte! Sie sehen zu, dass ich in eine Situation und Lage komme die ich keinesfalls Aushalten kann und wo ein Absturz, eine Konsum-Episode völlig unausweichlich wird (als hätte man mich dazu zwingen wollen...) und dann, wenn der SCHEISSHAUFEN plötzlich derart gross ist, dass niemand mehr sehen kann was dahinter ist, dann schreiben sie in den Unterlagen, nachdem sie mich rausschmeissen

ICH HABE BEWIESEN, EINE KRISE OHNE DROGEN MEISTERN ZU KÖNNEN

Und wie wurden meine Aussagen ausgelegt? In den ersten Woche durfte ich eine der wichtigsten und grundlegendsten Erfahrungen meines Lebens machen. Ich erzählte, vor Freude fast platzend, dass eine grundlegende Änderung der Einstellung geschehen war. Dass eine der schwierigsten Blockaden, tiefsitzende Hemmung und Angst, die mir praktisch mein Leben lang im Wege gestanden waren, sich mir offenbart hatte und somit mir die Möglichkeit gab, sie zu überwinden. usw. usw.

Vollkommen möglich, dass ich in meiner Euphorie etwas dick aufgelegt hatte, dass ich mich zu Äusserungen der Superlative habe hinreissen lassen. Nichts desto trotz, war in der Tat etwas sehr wichtiges Geschehen, eine tief im Herz sitzende Türe hatte sich, nach Unzeiten, einen Spalt geöffnet. Und ich wollte mehr als alles in der Welt durch diese Türe, ich wollte mich und die Welt hinter dieser Türe entdecken. Dies bezüglich empfand ich nicht die geringste Angst oder mich bremsende Zweifel.

Es hatte sich, völlig unverhofft und unerwartet, die Möglichkeit ergeben, nicht nur mich aus meiner derzeitigen Misere und Leere zu retten, nein, es war viel mehr, etwas viel grösseres. Ich hätte nicht nur diese Lage überleben können, um dann so gut wie möglich zurück ins Leben zu kehren und dieses weiterhin von Tag zu Tag zu überleben. Nein...
Ich hätte können zurück ins Leben mit der Aussicht, dieses in Fülle erleben zu dürfen, es zu lieben und mich darin zu lieben.
Wie wurde dies alles ausgelegt? Flog ich viel zu hoch, gerade, für den Geschmack der Therapeuten? War das in der Harten Klinik pure Anarchie, oder sowas ähnliches? War diese eine, wenn in der richtigen Art und Weise "dargelegt", die Ärzte Massnahmen zu ergreifen berechtigende Haltung?

Früher oder später werde ich es wohl erfahren...


Inzwischen, habe ich so derart wenig von diesem kleinen Wunder mit ins Leben nehmen können, nach all dem Chaos und das erlittene Trauma. Grösstenteils ist der alte LET IT SHINE schlussendlich aus der Harten Klinik ausgetreten. Mit all seinen Fehlern, seine Schwächen, seine Lasten. Und mit einem riesen Wespennest im Kopf und einer paralysierenden Angst in den Knochen...

Einzig etwas war dennoch anders. Es gab doch was, dass sich geändert hatte und dass nie mehr hätte können rückgängig gemacht werden. Und dieser Unterschied ist es zum Beispiel gewesen, der mir die Kraft gab um mich (für das was ich als mein gutes Recht und als Bestandteil dessen, was mich als Mensch ausmacht) einzusetzen. Diese in der Klinik sich umgestellte Weiche in meinem Herzen hat sich wehren und retten können.

Da ich "ins kalte Wasser" geworfen wurde und weil dies so blitzartig geschehen war, hatte ich vom Umgang mit dieser neuen Situation keine Ahnung und noch keine Erfahrung. Also kamen alte Muster mit neuen Gefühle durcheinander, was mich auch definitiv überfordert hatte. Doch langsam langsam langsam werde ich lernen, immer mehr von diesem riesen Potential der sich mich da eröffnet hat Gebrauch zu machen. Langsam langsam werde ich auch die Finessen von Fähigkeiten beherrschen, die ich viel zu früh in meinem Leben auf der Strecke lies...


Und ich werde mich immer weniger schämen müssen.
Wie zum Beispiel jetzt, wenn sich meine Mutter wegen einer Konsum-Episode empört und ich völlig deplatziert reagiere, mit Intoleranz und Aggression. Auch dies wird immer weniger sein müssen...

Egal, wie man es dann zu auslegen versuchen wird!

October 17, 2009

AND I TRY...!

 
Satisfaction - Devo
By the Rolling Stones


I can’t get no satisfaction
I can’t get me no satisfaction
And I try and I try and I try t-t-t-t-try try
I can’t get no I can’t get me no
When I’m riding in my car
And a man comes on the radio
He’s tellin’ me more and more
About some useless information
Supposed to fire my imagination
I can’t get no uh no no no
Hey hey hey that’s what I say
I can’t get no satisfaction
I can’t get me no girly action
When I’m watchin’ my tv
And a man comes on to tell me
How white my shirts could me
But he can’t be a man ’cause he does not smoke
The same cigarettes as me
And when I’m flying around the world
And I’m doin’ this and I’m tryin’ do that
And I’m trying to make some girl
Tells me baby better come back later next week
Can’t you see I’m on a losing streak



From the Soundtrack of "Casino" (1995) by Martin Scorsese with, once more, a great Robert De Niro
 
 

October 06, 2009

verschiedene Massstäbe (?)

Woran kann es liegen? Wo fing es an? Was war der Zweck, damals? Und was ist der Zweck heute, das Ziel?

Vor einer Weile, sagte ein Bekannter zu mir "Finde ich gut, für das zu kämpfen, an das man glaubt... Aber, sei vorsichtig... mach dich nicht lächerlich!" Es war vor nicht allzu langer Zeit, ein paar Monate. "Danke für den wertvollen Ratschlag" dachte ich. Und fragte mich auch, ob er überhaupt noch zu folgen sei? Eher nicht... Diese Weiche war schon vor etlicher Zeit gesetzt worden. Ich folgte meinem Herz und, ob es für andere lächerlich schien oder nicht, passierte lange bevor ich in die Iso-Zelle kam, lange bevor ich merkte in was für einen Schlamassel ich geraten war.

Und, ob ich dich lächerlich finde oder nicht, hängt so dermassen davon ab, was ich über dich gehört habe und wie es mir rübergebracht wurde.


Also... "Mach dich nicht lächerlich" war nicht zu ändern: Entweder will man mich für Lächerlich halten, oder man geht auf eine andere Weise mit sowas um, man begegnet Anderen mit Respekt...

Und was hätte mich zur Lächerlichkeit gebracht?
Meine Liebe?
Meine Unbeholfenheit?
Meine Ehrlichkeit und Dummheit, offen über mein Verständnis der Ereignisse zu sprechen, mit den Therapeuten?
Meine Naivität zu denken, wenn ich denen sage wie ich was zu verstehen versucht habe, diese mich unterstützen würden, den korrekten Betrachtungswinkel der Dinge zu finden?
Oder eher, wie mir die Therapeutin nahe legte, all das, was ich mir zu Schulde haben kommen lassen, und es nicht wahrhaben möchte?
Oder erst, mit der Zeit, die fehlende Einsicht überhaupt mich in Frage zu stellen?

Paranoider Absatz, ja...

Doch, wenn keine Lächerlichkeit, gelange ich wieder beim Beginn dieses Eintrages.
Ich meine, an was liegt es dann? Wie kann es sein, dass ich vermeintlich vor die Hunde gehe, zum 2. Mal, und es nicht möglich ist mich zu unterstützen, als Mitglied dieser unseren Gesellschaft? Ich habe gearbeitet, 2 Jahrzehnte lang, habe meine Steuern bezahlt, habe versucht meinen Anteil zu leisten an der bestmöglichen Integrierung eines Kindes aus einer fremden Kultur (leider waren meine eigene Ressourcen nicht mehr die Besten und die Umstände haben uns eine harte Zeit beschert). Ich habe irgendwie... funktioniert.

Irgendwann ist es zu viel geworden, viel zu viel, und ich war völlig überlastet, bis ich zusammenbrach und nicht mehr in der Lage war, meinen Beitrag an diese Gesellschaft zu leisten. Ab dann, habe ich heute das Gefühl, ist es eine Sache von derart vielen Faktoren, dass man es auch als "Glück" zusammenfassen könnte... Denke ich zumindest, irgendwie, vielleicht...
Denn, es bleibt für mich ein Rätsel, wie gewisse Menschen in einer solchen Lage die bestmögliche Unterstützung bekommen, andere durch eine ganze Reihe von Umständen, durch sämtliche Maschen durchfallen und nicht mehr aufgefangen werden können.

Manche, die werden dort ein wenig getragen wo sie gerade kurz nicht mehr alleine können, dort gefördert und angespornt wo sie Potenzial und Reserven mitbringen. Manch andere hingegen, bekommen das Mindest-Angebot was Lokal verfügbar ist (wenn sie explizit danach fragen) und erhalten somit eine Chance, sich wieder zu funktionierenden Gesellschaftsmitgliedern zu machen. Das war's! Gelingt es ihnen? Super. Gelingt es ihnen nicht? Das war's!

Wie kann dies sein? Ich meine... Wir haben keine Rassen-Probleme, in der Schweiz, keine Verweigerung des Zugriffs zum Angebot des Gesundheitswesen wenn man nicht vermögend ist, keine Unterschiede auf Grund von Glaube... Wir haben in der Schweiz grundsätzlich keine institutionalisierte Diskriminierung.

Und das ist gut so!

Aber eben... In meinem Fall, woran liegt es, verflixt nochmal? So sehr habe ich mich lächerlich gemacht, dass an der Einstellung mir gegenüber nichts mehr zu ändern ist? Nicht einmal wenn ich vor die Hunde gehen sollte?

Also, was in der Klinik und danach geschehen ist, habe ich ja versucht zu erzählen und zu verarbeiten. Irgendwann landete ich beim Sozialamt, als ich mich von meinem Hausarzt nicht mehr krankschrieben liess (und somit keine Lohnausfall-Entschädigung mehr bekam, von der beruflichen Versicherung) weil wir abgemacht hatten, dass ich mich bei der Arbeitslosen-Versicherung anmelden und mich auf der Suche nach einem Job machen würde. Denn, wir beide hatten das Gefühl ich könnte und sollte zu diesem Zeitpunkt wieder versuchen in den Arbeitsprozess zu kommen um den Zug nicht definitiv zu verpassen.

Doch, durch die mich wurmenden Gedanken fand ich nicht einmal die Kraft um mich bei der Versicherung vorzustellen. Innerlich vollkommen paralysiert, sabotierte ich mich auf eine Art, die ich bis dann noch nicht kannte. Ich schaffte es nicht einmal mir eine Entschuldigung bereit zu stellen, zur Beruhigung meines Gewissens. Und, trotz schlechtem Gewissen, wurde ich nicht einmal Wütend auf mich selbst. Wie auch immer, war bei der einen Versicherung draussen und bei der anderen nicht drinnen. Und eben... beim Sozialamt. Mit Frau und Kind.

Es ist damals schon genügend schlimm gewesen, für alle, wenn auch im Glauben, es wäre eine Übergangslösung, schlussendlich. Dazu wurde sie dann auch tatsächlich und ich konnte, Gott sei Dank, wieder von der Lohnausfall-Entschädigung profitieren. Mit dieser Versicherung habe ich eh einen riesen Rettungsboot mit auf die Reise bekommen, von meinem Arbeitgeber. Und dies völlig unverhofft, meinerseits. Riesen Glück hatte ich mit der Wahl meines Arbeitgebers, der mich immer Unterstützt hat wo möglich. Und der eben sehr gute Sozialleistungen als Teil der Arbeitsvereinbarung hatte, Leistungen die ich nie gross bemerkt hatte, bis zum Tage an dem ich sie leider brauchen sollte. Jedenfalls war der unplanmässige Umweg über's Sozialamt keine positive Erfahrung gewesen.

Und nun befinde ich mich wieder in einer Lage, in der ein Abstecher beim Amt und, schlimmstenfalls sogar die Endstation vorzufinden, wieder im Rahmen der realistischen Optionen steht. Wie kann dies passieren, dass man 20 Jahre arbeitet, einen Aussetzer hat, selber das tut was einem möglich ist um daraus zu kommen, aus dieser immer enger werdenden Sackgasse, und dennoch innerhalb von 13 oder 14 Monate 2 Mal beim Sozialamt landen? Wie kann dies in unserer Gesellschaft überhaupt vorkommen, dass ein 40jähriger Mann auf diese Weise "abgeschrieben" wird, dass man ihn zur Entsorgung freigibt?

Lächerlich?
Was jetzt?
Ich oder die Geschichte?
Wie es diesmal dazu kam?
Wohnungssuche, während das Familienleben inzwischen zur Qual geworden ist, wo das ganze Leben gerade zum Kampf ohne gewisse Aussicht auf Erfolg geworden ist. Wohnungssuche, Scheidungstermin vor Gericht, Brandstiftung im Keller der neuen Wohnung, eine Wohnung die wirklich nicht zum "Daheim" wird weil alle völlig verrussten Gegenstände aus dem Keller verstreut in der Wohnung stehen für über 2 Monate (bis alle Schäden im Keller beseitigt wurden), ein weiterhin sehr spärliches und instabiles Sozialnetz, weiterhin nicht nachvollziehbare Ausschliessung aus dem Sozialnetz mit den wichtig gewordenen und lieb gewonnenen Menschen, ein sich sehr langsam einstellendes Gefühl von Selbständigkeit und Selbstvertrauen.

Doch dies alles hat nicht direkt etwas mit dem Sozial-Amt zu tun. Tatsache ist, dass ich nach 2 Jahren der Unterstützung durch Lohn-Ausfall, quasi von einem Tag auf den Anderen erfahre, keinen Anspruch mehr zu haben: Die versicherte Zeitspanne ist inzwischen ausgeschöpft!
Da es im versicherten Zeitraum Unterbrüche gab, habe ich nicht mehr den Überblick betreffend Zeithorizonte. Und nach 2 Jahren in denen man als zu 100% Arbeits-Unfähig galt, ist schon ein rechter Shock zu erfahren, dass man rein gar kein Einkommen mehr haben wird.

Mal angenommen, ich wäre gerade für 14 Tage bei meiner Mutter zu Besuch in Lugano gewesen, wäre der Brief der Versicherung bei mir im Briefkasten gelegen bis NACH dem Datum des letzten versicherten Tages. Ausserdem, ist für mich immer klar gewesen, dass ich in den Arbeitsprozess zurückkomme, so bald wie möglich. Das "...wie möglich" verschiebte sich halt andauernd, während den letzten 18 Monaten. Es kam nie in greifbare Nähe, als sei es verflucht! Dennoch ist es immer dort gewesen, am Horizont!

Also, habe ich mein Lebens-Standard auf dem gehabten Niveau behalten und nichts am Budget oder dem Umfang der fixen monatlichen Kosten geändert. Heisst: Ich habe einem arbeitenden Mann, in Zürich schaffend, entsprechende fixe Kosten.

Was sind nun die für mich offen bleibenden Optionen?
  1.  Auf die solidarische Unterstützung durch das Sozial-Amt zurück zu greifen.

    Diese Hilfe ist für Menschen gedacht, bei denen die Aussicht auf Integration im Arbeits-Markt als sehr gering betrachtet werden, bis hin zu nicht vorhanden. Man erhält das vom Gesetz definierte "für den Lebensunterhalt" notwendige. Die Chance, dass sich jemand aus dieser Lage - durch die gegebenen Rahmenbedingungen und den daraus entstehenden - sind schwinden klein. Somit ist dies oft eine Lösung die keine grosse Entwicklungen mehr zulässt, besonders mit dem Fortschreiten des Alters.
     
  2. Auf die solidarische Unterstützung durch das Arbeitslosen-Amt zurück zu greifen.

    Diese ist gedacht, für wen einen Job hatte oder gerade (wieder) frisch auf den Arbeitsmarkt kommt. Menschen, grundsätzlich, die "vermittelbar" sind. Es ist per Definition eine in der Zeit klar definierte und beschränkte Unterstützung. Die Rahmenbedingungen um die Chance sich weiter zu entwickeln werden  verlangt. Grundlage um diese Unterstützung wahr zu nehmen ist also, arbeitsfähig zu sein.
      
Zurück also zu meinen Optionen und was in meinem Fall geschehen würde.

Bei Nummer 1 werde ich auf jeden Fall mit einer ganzen Reihe von neuen und unerwarteten Problemen konfrontiert. Da sind zum Beispiel
  • erneuter Wohnungswechsel bei erst möglichem Kündigungstermin (in meinem Fall jetzt 4 - VIER - Mal im Jahr, weil diese Wohnung zu teuer ist und von der Sozialhilfe nicht getragen 
  • Anhäufen von Rechnungen, die zu meinen Fix-Kosten gehören doch nicht von der Sozialhilfe getragen werden, wie zum Beispiel Zusatzversicherungen bei der Krankenkasse, Rechnungen für die Multimedia-Dienstleistungen (Internet, Mobile, usw.)
  • Rechnungen für angeschaffte Möbel zur Einrichtung der neuen Wohnung, wo natürlich die meisten Möbel in der früheren Wohnung bei Frau und Kind geblieben sind

Dies alles würde unweigerlich zu Beitreibungen und Verschuldung führen. Beitreibungen die ausserdem das Mieten einer neuen Wohnung praktisch unmöglich machen - neue und billigere Wohnung die aber vom Sozial-Amt ohne wenn und aber verlangt wird!

Und so weiter und so fort... Es sind keine schöne Aussichten, wenn man will ehrlich sein. Egal ob lächerlich oder nicht.
Bei Nummer 2 ist, wie gesagt, Voraussetzung arbeitsfähig und vermittelbar zu sein. Irgendwie schwierig nachvollziehen zu können, dass ein Mensch 2 Jahre lang zu 100% NICHT arbeitsfähig gewesen ist und dann, von einem Tag auf den Anderen, doch.


Und wieder einmal habe ich fast den Boden unter den Füssen verloren!!!
Wieder einmal habe ich eine Faust mitten ins Gesicht bekommen: So habe ich mich gefühlt nach dem ich den Brief der Versicherung erhalten hatte.

Denn eines ist Tatsache: Gerade letztens habe ich zum ersten Mal gedacht, der Tag an dem ich beginne etwas zu unternehmen, in Richtung Arbeitswelt, wird in den nächsten paar Wochen gekommen sein!!!
Und dennoch, als ich den Brief vor Augen hatte, war wieder alles weg! Jegliche Motivation, jeglicher Tatendrang, jegliche Selbstsicherheit. Innert Stunden war ich wieder paralysiert, wie ich es nach der Klinik war. Innert Stunden hatten sich jeglicher Fortschritt der letzten Monate und all die gemachte Arbeit, in Luft aufgelöst.

Schon war es wieder da: Das Gefühl zur Arbeitslosen-Kasse zu gehen und überfordert zu sein. Und daher, der paradoxe Drang es lieber sein lassen als dabei zu scheitern. Denn, im Gegenteil zu früher, kann ich mich nicht mehr darauf verlassen, es auf jeden Fall irgendwie zu schaffen. Ich habe nicht mehr die innere Gewissheit, an und mit der Aufgabe zu wachsen. Und, im Gegensatz zu früher, ist Scheitern im Moment für mich nicht einfach Teil des Weges den man geht, so wie Erfolg und Glück.

Scheitern ist für mich, seit der Harten Klinik, nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll. Es ist das Versteinern und das Schreien aus der steinernen Hülle raus, Schreien das niemand hören kann.


Ein Telefongespräch mit meiner Mutter hat Hilfe gebracht und die Blockade einigermassen Lösen können. Nun steht für mich fest, dass ich mich bei der Arbeitslosen-Versicherung melden werde. Ich werde dies tun, trotz des Fehlens der inneren Überzeugung,  trotz des Fehlens der inneren Stimme, die mir sagt "Natürlich machst du das und natürlich kommt es gut, irgendwie". Doch, was sind die Alternativen? Und...  Ja, ich beanspruche zu 100% vermittelbar zu sein. Ob es dann wirklich der Fall ist, wird sich zeigen. Diese Frage mit Sicherheit zu beantworten kann ich nicht auch noch auf meine Kappe nehmen!

Und sowieso, im April hat mein Hausarzt bei der IV Wiedereingliederungsmassnahmen für mich beantragt. Der Vorbescheid der Ablehnung vom Gesuch ist auch letzte Woche in meinem Briefkasten gelandet, ohne jegliche Kommunikation oder Meldung oder Lebenszeichen von Seiten der IV zwischen April und Oktober.
Ich habe auf keinen Fall an Ansprüche auf eine IV-Rente gedacht, bestimmt solange ich überhaupt keine Chance für eine Rückkehr in die Arbeitswelt sehen würde, bestimmt solange nicht auch die kleinste Hoffnung in mir gestorben wäre.

Doch ich weiss nicht, ob sich Rente und Wiedereingliederungs-Massnahmen trennen lassen, zum Zeitpunkt eines Gesuchs. Was eigentlich nicht mein Problem ist. Mein Problem ist, dass ich nach der Harten Klinik wirklich wirklich Unterstützung brauchen würde. Sei dies nun lächerlich oder nicht...

Nun, so sieht es bei mir aus, im Moment.
Ich hoffe, dieser jetzige Boden unter den Füssen bleibt auch ein wenig dort!
Ich hoffe, die nächste Hiobs-Botschaft ist nicht schon morgen Mittag in meinem Briefkasten.

Ich werde nun also Arbeitslos, nach 2 Jahren Krankheit.
Und ich werde das Thema IV hier wieder aufnehmen, denn in meinen Augen ist dies eine der Maschen, durch die ich hätte aufgefangen werden können, schon letztes Jahr vielleicht, aber mit Sicherheit dieses Jahr.

Eine dieser Maschen durch die ich nicht zu fallen hoffe, obwohl ich hier sitze und mich dauernd frage: Woran kann es legen? Wieso bei gewissen Menschen so und bei anderen so? Und wieso bei mir derart undurchsichtig, scheinheilig, mehrdeutig?

Und irgendwie taucht immer wieder der Gedanke auf - blitzschnell zum dann wieder verschwinden in der Schublade "LÄCHERLICH", es könnte etwas mit der Tatsache zu tun habe, dass ich auch Drogen konsumierte.