October 15, 2010
UBS und magischer Teppich
Man wollte nichts unter den Teppich kehren und dies wurde als positives Zeichen wahrgenommen. Nun hat man den Müll genauer angeschaut, jedes Teil identifiziert und ehrlich benennt (egal wie stark die Toxizität ist) und erklärt wie man zu einem solchen fehlerhaften Abfallprodukt gelangen konnte. So weit, so gut. Doch jetzt, im Namen des nächsten Profits, kehrt man nicht alles unter den Teppich, nein, man nimmt den Teppich und legt ihn vor den Augen aller über die Abfälle. Und das soll es gewesen sein!
Siehe auch den Post untern Teppich?
Ein Verfahren gegen die Verantwortlichen würde das Image der Bank schädigen: So eine Scheisse! Ist Verdrängung wirklich die einzige noch mögliche Überlebens-Strategie, für viele Grosskonzerne? Falls ja, wie weit sind wir in Wahrheit noch von Sodoma und Gomorrha entfernt? Es würde nicht dem Image der UBS schädlich sein, es würde eher etwas nutzen. Denn erst dann wären die grossen Werbeausgaben in der Formel 1 irgendwie vertretbar und glaubwürdig. Nun aber wurde dort einfach "Santander" durch "UBS" ersetzt. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Baum... Doch es kann geschehen, dass er dann unter den Teppich rollt. Oder dorthin getreten wird.
Bravo, Kaspar Villiger. Alles nach bester Schule der Kommunikations-Strategie aufarbeitet. Und jetzt, weiter wie nie zuvor? In den USA werden 144 Milliarden Dollar Gehälter und Boni von den größten börsennotierten US-Finanzunternehmen ausgeschüttet. Die meisten haben ihre Schulden beim Staat beglichen und müssen nun niemandem mehr Rechenschaft abgeben. Und so macht man weiter wie eh und je, dieses Jahr gelangen die Boni zu einem neuen Rekord. Wenn der sogenannte "Mensch der Strasse" (also der, der auf der Strasse gelandet ist nachdem die Immobilien-Blase platzte) nicht verarscht wird, dann muss mir mal jemand erklären was ich hier verpasst habe...
Siehe auch die Wirtschafts-Kolumne "Realitätsverlust in USA" auf n-tv.de
In der Zwischenzeit geht die 0% Geld-Politik ihren Weg weiter: Das ziemlich unmoralischste was man sich überhaupt vorstellen kann, besonders wenn aus diesem Geld mehr Geld geschöpft werden kann. Und davon lebt die Finanz-Industrie! Doch diese Geschichte erzähle ich ein ander Mal, nach einem Albtraum über die Finanzwelt...
Gefühle am Morgen
Es ist schön, hier zu spazieren. Die warme und nach Kirschblüten duftende Luft versetzt mich in eine Welt zwischen hier und vielen Erinnerungen, angenehme Erinnerungen an Zeit leichten Herzens. Letztens habe ich oft an diese Strasse, an diese Kreuzung, an diesen Ort meiner Jugend gedacht. So oft bin ich hier durch, auf den Weg zur Schule, auf den Weg in die Klavierstunden, auf den Weg zu Freunden. 200 Meter weiter ist das Haus in dem aufgewachsen bin, in dem so viele Menschen mich besucht haben und Parties gefeiert wurden, wo ich so viele Träume geträumt habe. Ein bisschen weiter die Todeskammer, in der ich mich von Opa und von Vater verabschiedet habe, als sie von uns gingen. Daneben, die Kirche mit der Platanen-Allée, wo ich oft auf Bänken gesessen habe, allein oder mit Freunden, Tags und auch oft Nachts. Und die Wiese hinter dem Haus, auf der ich diesen einen berühmten Dorfpolizisten sah, zusammen mit seinen Kollegen, wie sie, Waffen in der Hand, den 2 Räubern nachrannten, die einen Raubüberfall in unserem Dorf verübt hatten. Dann, Tage später, findet die Polizei heraus, dass die Räuber keine 10 Meter von unserem Wohnzimmer übernachtet hatten, auf dem Grundstück des Nachbarn, hinter der Hecke. So viele Erinnerungen. Der Baum den ich gepflanzt hatte, vor dem Haus: Eine Betula Pendula. Ein schöner Baum, wie ich finde. Eine Birke, mit nach unten hängenden Ästen. So wie ich Trauerweiden für wunderschöne Bäume halte. Ich werde mal langsam hin laufen, zu dem Haus in dem wir gewohnt haben.
Ah, schön, es sind noch andere Menschen unterwegs, an diesem Frühlingstag. Sie haben ihren Hund dabei. Vielleicht kenne ich sie ja von früher. Komischer Hund, der ist ja riesengross... Nein, das muss ja ein Pferd sein, der Grösse nach. Nein, auch nicht... Was ist das? Ein komisches, oben weisses und unten silber und dann bläulich schimmerndes Fell hat das Tier. Und es ist so lang, dieses Fell. Wie das eines dieser asiatischen Büffel, oder sind sie aus dem amerikanischen Kontinent? Nein, es hat einen Rüssel... Einen kurzen Rüssel. Mein Gott, das Tier ist ja voll aufgeregt. Es ist sogar aggressiv. Es hat mich gesehen! Es beginnt zu rennen. Nichts wie weg. Wie schnell kann es wohl rennen? Was? Da ist nochmal Eins? Es kommt auf mich zu, von der anderen Seite? Dieses ist ja noch viel viel grösser! Das muss eines der Eltern sein, von dem Jungtier das ich zuerst gesehen habe. Nichts wie weg hier, in die ursprünglich Richtung! Mein Gott, ich werde hier nicht lebend raus kommen... Scheisse! Musste ja sein! Neben dem Jungtier ist das zweite Elternteil aufgetaucht. Und es scheint sein Junges definitiv verteidigen zu wollen. Das müssen ja 3 Meter Höhe sein! Ich bin verloren. Sie kommen alle näher. Diese Geräusche, dieses Beben der Erde bei jedem ihrer Schritte, dieses Schnauben und Lechzen. Zumindest ist es ein schöner Frühlingstag, an dem ich sterben werde. Bald ist es soweit. Hoffentlich spielen sie nicht mit mir, bevor sie mich töten, wie die Katze mit der Maus spielt. Höchstens noch 5 Meter Abstand. 3. 2. Bleib so kniend am Boden, die Hände über dem Kopf, und rühr dich nicht. Bald hast du es überstanden. Ich kann ihr Atem spüren. Sie sind hier. Alle 3. Jetzt gleich. Hab keine Angst, ist nicht die schlechteste Art, dran glauben zu müssen. Machs gut, geliebtes Leben. Machs gut, geliebte... Was ist denn los? Wieso werde ich nicht in der Luft zerfetzt? Oder in den Boden gestampft? Machen sie zuerst eine Theorie-Stunde für ihr Kleines? Da kommt noch jemand zu mir. Es ist ein Mensch... Er ruft etwas. Die Tiere kommen nicht näher. Sie müssen auf diese Stimme hören. Vielleicht ist es nicht heute, dass ich sterben werde? Kann das wirklich sein? Ein Albtraum! Nur ein Albtraum! Mein Gott, ich fühlte wirklich wie meine letzte Stunde geschlagen hat. Ein Albtraum, ist das menschenmöglich? Verdammt, ich hätte mir fast in die Hose gemacht. Ich dachte wirklich, es sei zu Ende. Mein Gott... Ich... Ich... Ich weiss nicht ob mir nach lachen oder nach weinen ist.
Bild von Joel Rea
Diese Stimmen! Diese Stimmen, ich kenne sie! Wow... Da sind ja so viele meiner Freunde. Sie sind alle hier. Ist das eine schöne Überraschung! Und scheinen bestens gelaunt zu sein. Ja, sie sind fröhlich am Festen. Mann, tut das gut! Gerade noch fürchtete ich um mein Leben, und nun sitzen wir hier auf dem Berg und schlürfen zufrieden an unseren Cocktails. Es wärmt mir das Herz, diese Menschen um mich zu sehen. Ich weiss von den Meisten, wie gern sie mich haben. Und ich weiss, wie gern ich sie habe. Ich kann mich wirklich glücklich nennen, solche Freunde haben zu dürfen. Wo gehen wir jetzt hin? In die Altstadt? Okay... Oh, da ist ja dieser Typ, der mir immer den Stoff besorgt hat. Er kommt auf mich zu. Er hat Geld in der Hand, und die kleinen Tüten, mit den Drogen. Er schenkt mir eins. Das ist schön, ich kann das jetzt wirklich gebrauchen, nach diesen Todesängsten. Ich gehe schnell dort in die Umkleide-Kabine, das merkt niemand. Mann, was ist denn das? Das ist der grösste Dreck den ich seit langem in den Fingern hatte. Dieses Arschloch! Was soll das denn? Ich habe ihn ja gar nicht angesprochen, ich habe nichts von ihm gewollt. Weshalb kommt er auf mich zu und schenkt mir dann etwas unbrauchbares? Da ist er ja. He, hallo! Was? So viel? Mal sehen... Ist mein letztes Geld, mein letzter Rappen. Wenn du es unbedingt haben willst, wenn du dir keine Skrupeln machst, bleibt mir ja wohl nichts anderes übrig, oder? Arschloch! Zurück in die Umkleide-Kabine. Ah, da sind ja andere Menschen, jetzt. Oh, die zwei junge Frauen kenne ich ja, und zwar bestens. Ich werde sie mal begrüssen. Was, sie drehen sich um? Sie laufen davon? Was ist denn los? Man könnte meinen, sie schämen sich. Was soll das? Diese Freundschaft war etwas besonderes! Und jetzt? Tun sie so, als würden sie mich nicht kennen? Scheisse! Scheisse, verdammte Scheisse! Ach, lass mich endlich einmal diese Drogen konsumieren, dann wird das weniger schmerzhaft sein. Also, auflösen... He, diese Stimme. Ist das nicht mein früherer Chef? Mit seiner Frau? Mann-o-Meter, ich konnte diesen Typ nie ausstehen. Verdammt, er hat bemerkt, dass ich hier drin bin. Sie lachen. Wenn er jetzt reinkommt, habe ich keine Chance mehr, das Zeugs zu verstecken! Der wird mich voll erwischen, wie ich hier Drogen auf aufbereiten bin! Muss das jetzt sein? Ja klar! Er ist ja auch schon hier an der Tür. Was hätte man sonst von diesem Typen erwarten können, wenn nicht dass er so reagieren und versuchen würde, mich jetzt fertig zu machen. Er lacht. Die Türe geht auf... Scheisse, ich verspreche dir, ich verpass dir eine Visitenkarte die du nicht vergessen wirst, für diesen Besuch, du verdammtes Arschloch. Ich bin sowas von wütend, ich werde dich blutig schlagen, diesmal, ist mir scheiss egal! Komm... Komm schon! Ein Albtraum! Nur ein Albtraum! Schon wieder ein Albtraum... Schon wieder ein Albtraum...
Bild von Roberto Rizzato
Bin ich aber diesmal wirklich wach? Oder geschieht gerade die nächste schräge Sache, nur um dann realisieren, dass ich unter den schlimmsten Lebensängste eigentlich nur geträumt hatte? Ich stehe auf. Ich rauche eine Zigarette auf dem Balkon, draussen ist es noch dunkel. Mann, bin ich durcheinander. Ich bin an meinen eigenen Schreien aufgewacht. Ich fühle mich so derart schlecht. Das ist ein Albtraum, so aufwachen zu müssen. Das ist ein wahrer Albtraum. So wie damals... Als die Geschichte mit dem Typen war, der mir sagte... Moment... Das ist ja wirklich geschehen. Wieso kommt mir das jetzt in Sinn, wenn ich an Albträume denke. Heee... Da sind ja nicht wenige Parallelen, zwischen den Ereignissen in meinen Träumen und was mir in den letzten Jahren wiederfahren ist. Ein Altbraum, ein richtiger Albtraum, was abgegangen ist. Was da abgeht! Und es hört nicht auf. Die Realität, die ich zu vergessen versuche, sucht mich wieder in meinen Träumen auf. Und die Träume, die bringen mich dann wieder zurück in die vergangene Realität. Ein Albtraum... Ein echter Albtraum... Zum Schreien!
Autor unbekannt
October 14, 2010
von Seelen und Wunden
Ich denke oft darüber nach, vielleicht habe ich auch schon darüber geschrieben, wie verschieden die Welt gewesen ist, die mein Grossvater verlassen hat, von der Welt in die er geboren wurde. 1898 geboren, gab es in seiner Kindheit kein fliessend Wasser und keinen Strom in den Häusern. Er hat zwei Weltkriege durchgemacht, in beiden musste er an die Front. Er hat miterlebt wie die Erziehung von Kindern, vom Riegel auf die Hände und die Bestrafung in der Ecke des Klassenzimmers, hinüber in das antiautoritäre Konzept der frühen Siebziger wechselte. Er hat die Arbeit miterlebt, die Menschen nur dank ihrer Nutztiere erledigen konnten, bis hin zu seinem Enkel der sich an einem PC mit digitaler Bildbearbeitung befasste.
Er hat viele Dinge gesehen, die sich im Laufe der Zeit zum Besseren änderten. Er hat aber auch viele neue, zuvor undenkbare Probleme aufkommen sehen. Er hat es geschafft, nicht "den guten alten Zeiten" nachzutrauern, auch nicht der Nachkriegszeit mit dem wirtschaftlichen Aufschwung. Er hat ein mehr als 90 jähriges Leben lang gesehen, wie der Mensch Mensch ist und, bei aller Veränderung in der Welt und im Lebensstil der Menschen, wusste er dass der Mensch eigentlich immer der Selbe ist. Er ist zu den unglaublichsten Dingen fähig: zu den grössten Errungenschaften und den tapfersten Heldentaten, wie aber auch zu den abscheulichsten Verbrechen.
Mein Grossvater hat mir einmal von dem "Grossen Marsch" erzählt, als er zusammen mit zehntausenden anderer Soldaten in Russland einmarschierte und in richtung Moskau zog. Er hat bekannte und sogar Freunde durch Erschöpfung fallen sehen und ist dennoch weitergelaufen, wie jeder andere auch, denn anhalten heisste vor Kälte sterben. Wo die Männer kaum noch in der Lage waren sich selber an das nächste Ziel zu befördern war jede, auch nur so kleine Hilfe an den Nächsten eine Sache der Unmöglichkeit. Mit der festen Entschlossenheit keinen Menschen zu töten, kam er aus dem einen Krieg als einer der aller ersten Verletzen aus der Schlacht und aus dem anderen Krieg in Gefangenschaft bei den Russen. Ein Neffe von ihm, Arzt von Beruf, kümmerte sich in einem deutschen Gefangenenlager um die Gesundheit russischer Soldaten. Die Russen, die seinen Onkel gefangen hielten. Die Russen, vor denen man alles, aber wirklich alles, verstecken musste was auch nur im Entferntesten an Alkohol erinnern konnte: Sie kamen dann zu ihm, mit ihren inneren Verletzungen, wenn sie wieder einmal Brennsprit oder sonst was getrunken hatten.
Es muss für uns, die weder einen dieser Kriege noch die Gefangenenlager im ehemaligen Jugoslawien noch eine sonstige von Menschen erschaffene Höllen-Vorhalle gesehen haben, unvorstellbar sein, was diese Menschen durchgemacht haben. Meine Mutter, die zurückgeblieben war und all die Monate mit den nächtlichen Sirenen und den Bombardierungen miterlebte, die Nacht um Nacht im Luftschutzraum verbrachte während draussen die Stadt jeden Morgen ein bisschen mehr in Trümmern lag, bis zu Schluss praktisch nichts mehr da war, meine Mutter begegnete ihrem Vater auf der Strasse, als dieser nach Kriegsende aus der Gefangenschaft zurück nach Hause kam. Sie begegnete ihrem Vater, doch sie erkannte ihn nicht. So sehr war er von der Gefangenschaft gezeichnet. Es sind andere Kinder gewesen, Altersgenossen meiner Mutter, die sie auf diese Gestalt aufmerksam gemacht haben...
Und dennoch, bei keinem dieser drei Verwandten habe ich jemals das Gefühl gehabt, sie wären durch ihre Erlebnisse tief in ihrer Seele verletzt worden. Ich möchte mir nicht anmassen zu wissen, welchen Schrecken sie erleben mussten und welche Wunden dieser hinterlassen hat doch, wenn sie davon erzählten, habe ich nie den Eindruck gehabt, sie seien an dem fast zerbrochen in dem was ihr tiefstes Wesen ausmacht. Mein Grossvater erzählte mir davon, wie viele Betroffene, um dazu beizutragen, dass wir nicht vergessen wozu der Mensch fähig sein kann. Er erzählte mir davon, um mir klar zu machen, in welch unglaublich privilegierte Lage ich mich befinden würde, aber nicht um mir damit ein schlechtes Gewissen zu machen, nein, um in mir das Bewusstsein dafür zu wecken, was mir alles geschenkt wurde. Um es würdigen zu können.
Ich habe meinen Opa als weniger vom Leben gezeichnet empfunden, als zum Beispiel mein Vater, der sozusagen wohlbehütet in Zürich gross geworden ist. Bei all dem unbeschreiblichen Leid, den mein Opa erlebte, irgendwie muss ihm ein schlimmes Erlebnis erspart worden sein, dass ihn zutiefst erschütterte. Ich weiss nicht wie ich es beschreiben soll... Er hat um das nackte Überleben gekämpft, er hat gehungert, er hat Freunde verloren, er hat den Wahnsinn des Kriegs-Gemetzel erlebt, und dennoch ist er als ganzer Mann zurück zu seiner Tochter. Vielleicht sollte ich von meinem Vater erzählen um klar zu machen was ich ausdrücken möchte.
Ich werde nie vergessen wie mir mein Vater davon erzählte, wie im seine Mutter viel Geld anvertraute, Geld das zu jener Zeit sehr knapp war, und wie meinem Vater dieses durch seine Unachtsamkeit abhanden kam. Er sprach davon, wie er zurück nach Hause ging und wie seine Mutter, aus schierem Kummer darüber wie es weitergehen sollte, zu weinen begann. Ich war damals ziemlich unsicher darüber, wie mein Leben weitergehen und was aus mir werden sollte und auch deshalb glaube ich, hat er mir dies erzählt um mich darauf aufmerksam zu machen, was Unaufmerksamkeit für schlimme Folgen haben kann. Er hat aber kein einziges explizites Wort darüber gesagt, keine Mahnung, keine düstere Prognose für meine Zukunft, nichts, er hat einfach nur erzählt was ihm widerfahren war. Doch, als er diese inzwischen schon mehr als 60 Jahre zurückliegende Geschichte erzählte, ist für mich das Eindrücklichste gewesen wie sie mein Vater offensichtlich sein Leben lang mit sich tragen musste, als schwere Bürde, wie Präsent sie nach so langer Zeit noch war. Ich glaube es hat ihn fast das Herz zerbrochen, was er "angestellt" hatte, und die Schuldgefühle konnte er nie wirklich überwinden.
Autor unbekannt
Wenn ich nun die Folgen der erlebten Ereignisse auf meinen Grossvater und auf meinen Vater vergleiche, da ist es für mich offensichtlich wie Letztere grösseren Schaden davon tragen musste, obwohl mein Opa in die wahrscheinlichst schlimmsten historischen Ereignisse der Moderne verwickelt war. Dies würde bedeuten, dass die seelische Wunden, die ein Mensch in sich trägt, nicht dem Entsprechen müssen, wie die Geschichte oder die Mitmenschen die Ereignisse werten wird.
So kann ich mir schwer vorstellen, was eine Bekannte von mir durchgemacht hat nachdem man ihr, nach einer Abtreibung in einem Schwellenland, wahrscheinlich als "erziehrische Massnahme" das leblose Embryo zeigte das sie gerade noch in sich trug, oder was davon übrig blieb. Ziemlich sicher ist, dass sie dieses Ereignis auch ihr Leben lang mit sich wird tragen müssen, völlig unabhängig davon ob und welche Kämpfe sie mit sich selbst austragen musste, um solch einen Entscheid zu treffen.
Nach den Erzählungen meiner beiden Vorfahren und nach meiner eigenen Erfahrung, wundert es mich inzwischen auch wenig, dass ich praktisch unbeschadet eine bewaffnete Entführung und eine geladene Waffe an der Schläfe überstanden habe, jedoch wirklich fast zugrunde ging, wegen den Ereignissen in der Harten Klinik. Denn dort, habe ich nicht eine Gruppe Taugenichts erlebt, die ein Risiko eingehen um ihr Leben etwas bequemer zu gestalten, dort habe ich Profis getroffen, denen ich vertraut habe, die nicht davor zurückgeschreckt sind, vor den Augen der Bundespolizei mich psychisch fertig zu machen, konsequent, über mehrere Wochen, und ohne Rücksicht auf Verluste. Man schreckte nicht einmal davor zurück, nach dem ganzen Debakel in der Klinik selbst, noch die Schuld von sich weisen zu wollen, trotz besserem Wissen! Ja, obwohl man genau nachvollziehen konnte was mit mir geschehen war, hat man noch versucht die Polizei für die Schäden verantwortlich zu machen, natürlich meine Ex-Frau, und weiss der Geier wen sonst noch alles. Da man mich 24 Std. beobachtete, fühlte man sich nicht einmal bemüht, meine Selbstmord-Gedanken ernst zu nehmen und darauf einzugehen, nein... Ich kann mir so gut vorstellen wie man in der Klinik sagte, mir könne ja eh nichts geschehen.
Bevor ich euch eine Frage stelle, mache ich euch einen Vorschlag, ihr kleinen Möchtegern von weissen Kitteln: Da mir ja, wie ihr wahrscheinlich gesagt habt, zu keiner Zeit etwas geschehen konnte, mache ich euch den Vorschlag, einzeln, je eine Viertelstunde zusammen mit mir auf meinem Balkon im 5. Stock zu verbringen. Ich und der jeweilige Arzt alleine, 15 kurze Minuten. Kann ja eh nichts geschehen, oder? Die Reihenfolge könnt ihr selbst auswählen, Doktor Y, Doktor NO und Direktor Lanzy... Die Ladies lassen wir für dies Mal aus der Geschichte. Einverstanden?
Und jetzt die Frage, die ich euch stellen möchte. Nach dem was meine Vorfahren erleben mussten, im benachbarten Deutschland, nach dem was Europa in jüngster Vergangenheit durchmachen musste, nach dem was die Jugend heute schon für sich alleine an Identitätsfindungs- und allgemeine Probleme hat, wäre es wirklich zu viel verlangt gewesen, einmal eine Generation zu haben, die nicht auf irgend eine Weise traumatisiert ist? Wäre dies wirklich zu viel verlangt, you crazy little bastards?
Er hat viele Dinge gesehen, die sich im Laufe der Zeit zum Besseren änderten. Er hat aber auch viele neue, zuvor undenkbare Probleme aufkommen sehen. Er hat es geschafft, nicht "den guten alten Zeiten" nachzutrauern, auch nicht der Nachkriegszeit mit dem wirtschaftlichen Aufschwung. Er hat ein mehr als 90 jähriges Leben lang gesehen, wie der Mensch Mensch ist und, bei aller Veränderung in der Welt und im Lebensstil der Menschen, wusste er dass der Mensch eigentlich immer der Selbe ist. Er ist zu den unglaublichsten Dingen fähig: zu den grössten Errungenschaften und den tapfersten Heldentaten, wie aber auch zu den abscheulichsten Verbrechen.
Mein Grossvater hat mir einmal von dem "Grossen Marsch" erzählt, als er zusammen mit zehntausenden anderer Soldaten in Russland einmarschierte und in richtung Moskau zog. Er hat bekannte und sogar Freunde durch Erschöpfung fallen sehen und ist dennoch weitergelaufen, wie jeder andere auch, denn anhalten heisste vor Kälte sterben. Wo die Männer kaum noch in der Lage waren sich selber an das nächste Ziel zu befördern war jede, auch nur so kleine Hilfe an den Nächsten eine Sache der Unmöglichkeit. Mit der festen Entschlossenheit keinen Menschen zu töten, kam er aus dem einen Krieg als einer der aller ersten Verletzen aus der Schlacht und aus dem anderen Krieg in Gefangenschaft bei den Russen. Ein Neffe von ihm, Arzt von Beruf, kümmerte sich in einem deutschen Gefangenenlager um die Gesundheit russischer Soldaten. Die Russen, die seinen Onkel gefangen hielten. Die Russen, vor denen man alles, aber wirklich alles, verstecken musste was auch nur im Entferntesten an Alkohol erinnern konnte: Sie kamen dann zu ihm, mit ihren inneren Verletzungen, wenn sie wieder einmal Brennsprit oder sonst was getrunken hatten.
Es muss für uns, die weder einen dieser Kriege noch die Gefangenenlager im ehemaligen Jugoslawien noch eine sonstige von Menschen erschaffene Höllen-Vorhalle gesehen haben, unvorstellbar sein, was diese Menschen durchgemacht haben. Meine Mutter, die zurückgeblieben war und all die Monate mit den nächtlichen Sirenen und den Bombardierungen miterlebte, die Nacht um Nacht im Luftschutzraum verbrachte während draussen die Stadt jeden Morgen ein bisschen mehr in Trümmern lag, bis zu Schluss praktisch nichts mehr da war, meine Mutter begegnete ihrem Vater auf der Strasse, als dieser nach Kriegsende aus der Gefangenschaft zurück nach Hause kam. Sie begegnete ihrem Vater, doch sie erkannte ihn nicht. So sehr war er von der Gefangenschaft gezeichnet. Es sind andere Kinder gewesen, Altersgenossen meiner Mutter, die sie auf diese Gestalt aufmerksam gemacht haben...
Und dennoch, bei keinem dieser drei Verwandten habe ich jemals das Gefühl gehabt, sie wären durch ihre Erlebnisse tief in ihrer Seele verletzt worden. Ich möchte mir nicht anmassen zu wissen, welchen Schrecken sie erleben mussten und welche Wunden dieser hinterlassen hat doch, wenn sie davon erzählten, habe ich nie den Eindruck gehabt, sie seien an dem fast zerbrochen in dem was ihr tiefstes Wesen ausmacht. Mein Grossvater erzählte mir davon, wie viele Betroffene, um dazu beizutragen, dass wir nicht vergessen wozu der Mensch fähig sein kann. Er erzählte mir davon, um mir klar zu machen, in welch unglaublich privilegierte Lage ich mich befinden würde, aber nicht um mir damit ein schlechtes Gewissen zu machen, nein, um in mir das Bewusstsein dafür zu wecken, was mir alles geschenkt wurde. Um es würdigen zu können.
Ich habe meinen Opa als weniger vom Leben gezeichnet empfunden, als zum Beispiel mein Vater, der sozusagen wohlbehütet in Zürich gross geworden ist. Bei all dem unbeschreiblichen Leid, den mein Opa erlebte, irgendwie muss ihm ein schlimmes Erlebnis erspart worden sein, dass ihn zutiefst erschütterte. Ich weiss nicht wie ich es beschreiben soll... Er hat um das nackte Überleben gekämpft, er hat gehungert, er hat Freunde verloren, er hat den Wahnsinn des Kriegs-Gemetzel erlebt, und dennoch ist er als ganzer Mann zurück zu seiner Tochter. Vielleicht sollte ich von meinem Vater erzählen um klar zu machen was ich ausdrücken möchte.
Ich werde nie vergessen wie mir mein Vater davon erzählte, wie im seine Mutter viel Geld anvertraute, Geld das zu jener Zeit sehr knapp war, und wie meinem Vater dieses durch seine Unachtsamkeit abhanden kam. Er sprach davon, wie er zurück nach Hause ging und wie seine Mutter, aus schierem Kummer darüber wie es weitergehen sollte, zu weinen begann. Ich war damals ziemlich unsicher darüber, wie mein Leben weitergehen und was aus mir werden sollte und auch deshalb glaube ich, hat er mir dies erzählt um mich darauf aufmerksam zu machen, was Unaufmerksamkeit für schlimme Folgen haben kann. Er hat aber kein einziges explizites Wort darüber gesagt, keine Mahnung, keine düstere Prognose für meine Zukunft, nichts, er hat einfach nur erzählt was ihm widerfahren war. Doch, als er diese inzwischen schon mehr als 60 Jahre zurückliegende Geschichte erzählte, ist für mich das Eindrücklichste gewesen wie sie mein Vater offensichtlich sein Leben lang mit sich tragen musste, als schwere Bürde, wie Präsent sie nach so langer Zeit noch war. Ich glaube es hat ihn fast das Herz zerbrochen, was er "angestellt" hatte, und die Schuldgefühle konnte er nie wirklich überwinden.
Autor unbekannt
Wenn ich nun die Folgen der erlebten Ereignisse auf meinen Grossvater und auf meinen Vater vergleiche, da ist es für mich offensichtlich wie Letztere grösseren Schaden davon tragen musste, obwohl mein Opa in die wahrscheinlichst schlimmsten historischen Ereignisse der Moderne verwickelt war. Dies würde bedeuten, dass die seelische Wunden, die ein Mensch in sich trägt, nicht dem Entsprechen müssen, wie die Geschichte oder die Mitmenschen die Ereignisse werten wird.
So kann ich mir schwer vorstellen, was eine Bekannte von mir durchgemacht hat nachdem man ihr, nach einer Abtreibung in einem Schwellenland, wahrscheinlich als "erziehrische Massnahme" das leblose Embryo zeigte das sie gerade noch in sich trug, oder was davon übrig blieb. Ziemlich sicher ist, dass sie dieses Ereignis auch ihr Leben lang mit sich wird tragen müssen, völlig unabhängig davon ob und welche Kämpfe sie mit sich selbst austragen musste, um solch einen Entscheid zu treffen.
Nach den Erzählungen meiner beiden Vorfahren und nach meiner eigenen Erfahrung, wundert es mich inzwischen auch wenig, dass ich praktisch unbeschadet eine bewaffnete Entführung und eine geladene Waffe an der Schläfe überstanden habe, jedoch wirklich fast zugrunde ging, wegen den Ereignissen in der Harten Klinik. Denn dort, habe ich nicht eine Gruppe Taugenichts erlebt, die ein Risiko eingehen um ihr Leben etwas bequemer zu gestalten, dort habe ich Profis getroffen, denen ich vertraut habe, die nicht davor zurückgeschreckt sind, vor den Augen der Bundespolizei mich psychisch fertig zu machen, konsequent, über mehrere Wochen, und ohne Rücksicht auf Verluste. Man schreckte nicht einmal davor zurück, nach dem ganzen Debakel in der Klinik selbst, noch die Schuld von sich weisen zu wollen, trotz besserem Wissen! Ja, obwohl man genau nachvollziehen konnte was mit mir geschehen war, hat man noch versucht die Polizei für die Schäden verantwortlich zu machen, natürlich meine Ex-Frau, und weiss der Geier wen sonst noch alles. Da man mich 24 Std. beobachtete, fühlte man sich nicht einmal bemüht, meine Selbstmord-Gedanken ernst zu nehmen und darauf einzugehen, nein... Ich kann mir so gut vorstellen wie man in der Klinik sagte, mir könne ja eh nichts geschehen.
Bevor ich euch eine Frage stelle, mache ich euch einen Vorschlag, ihr kleinen Möchtegern von weissen Kitteln: Da mir ja, wie ihr wahrscheinlich gesagt habt, zu keiner Zeit etwas geschehen konnte, mache ich euch den Vorschlag, einzeln, je eine Viertelstunde zusammen mit mir auf meinem Balkon im 5. Stock zu verbringen. Ich und der jeweilige Arzt alleine, 15 kurze Minuten. Kann ja eh nichts geschehen, oder? Die Reihenfolge könnt ihr selbst auswählen, Doktor Y, Doktor NO und Direktor Lanzy... Die Ladies lassen wir für dies Mal aus der Geschichte. Einverstanden?
Und jetzt die Frage, die ich euch stellen möchte. Nach dem was meine Vorfahren erleben mussten, im benachbarten Deutschland, nach dem was Europa in jüngster Vergangenheit durchmachen musste, nach dem was die Jugend heute schon für sich alleine an Identitätsfindungs- und allgemeine Probleme hat, wäre es wirklich zu viel verlangt gewesen, einmal eine Generation zu haben, die nicht auf irgend eine Weise traumatisiert ist? Wäre dies wirklich zu viel verlangt, you crazy little bastards?
ehrlichkeit
Ehrlichkeit 1
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In der Harten Klinik habe ich bei zwei Gelegenheiten diesen Satz gehört
Und nun die wahrscheinlich ehrlichste Frage heute.Dann folgte die Frage danach, ob ich weiterhin die Situation ohne Drogen werde meistern können. Beide Male kam diese Frage nach einem längeren Gespräch mit einem Pfleger, nach dutzenden von Fragen. Einmal ist es Italo gewesen, das zweite Mal war es der Pfleger der von den 2 Agenten sprach.
Mit Italo hatte ich ein längeres Gespräch über meine Ehefrau, die bevorstehenden Examen die sie in der Klinik machen musste — wobei Italo die Bemerkung machte, dass viele Frauen die verlassen werden solche Leiden erfinden würden, um den Partner unter Druck zu setzen — über die Junge Dame, über die Persönlichkeitsstörung Borderline, über meine Absichten für die nächste Zukunft, usw. Dann sagte er, eben, jetzt würde die wahrscheinlich ehrlichste Frage des Abends folgen. Dann fragte er mich, ob ich das Gefühl hätte, den Druck weiterhin ohne Drogen standhalten zu können. Ich antwortete, ich wisse es nicht. Für den Moment ja, sonst hätte ich ja jetzt mit ihm darüber gesprochen.
Kurz vor „Austritt“ aus der Harten Klinik, als ich noch der Schatten meiner selbst war, hatte ich ein Gespräch mit diesem anderen Pfleger. Dabei fragte er auch nach meinem Frauenbild und nach meinem Mannsbild. Er fragte mich nach meiner Beziehung zu meinem Bruder aus. Er fragte mich nach meinen Gefühlen ihm gegenüber aus. Und er wunderte sich, dass ich keine Wut sondern eher Mitgefühl und Trauer für ihn empfand. Dann folgte die wahrscheinlich ehrlichste Frage an diesem heutigen Nachmittag. Er erkundigte sich danach, ob ich es schaffen würde, ohne Drogen klar zu kommen. Zur Zeit ja, doch wie wird es in Zukunft aussehen?
Eins von inzwischen unzähligen Beispiele von „riesigen Zufälle“, die mir ab der Harten Klinik wiederkehren sollten. Ich hoffe doch sehr, besonders für Italo und das Vertrauen das ich in ihm hatte, dass zumindest dieser Zufall ein Hinweis für mich sein sollte. Dass in dem ganzen Wahnsinn der sich in der Harten Klinik abgespielt hat, dies ein kleiner Versuch gewesen ist, mir ein wenig Sinn in dem Unsinn zu übermitteln. Ich hoffe es... ganz ehrlich.
Bild von David Lachapelle
Ehrlichkeit 2
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Es ist etwas mehr als 1 Jahr her, dass ich nach Möglichkeiten für meinen Umzug suchte, weg von der Wohnung mit meiner Ex-Frau. Ich fragte einen Bekannten, der mir einen Namen gab: Es handelte sich dabei um eine Gruppe Leute die aus einem Christlichen Rehabilitationszentrum im Kanton Glarus mehrere kleine Unternehmen gegründet hatten, darunter eine Transport-Firma. Der Bekannte selbst war schon dort gewesen und hatte eine Zeit in diesem Zentrum verbracht. Er konnte diese Leute nur empfehlen.
Doktor Gassenjoe war auch in der Nähe. Als ich ihm von diesem Tipp erzählte, meinte er dazu
Nein... Das ist so 'ne Sache mit Junkies! Ich besorge dir eine andere Adresse.Das ist, zur Erinnerung, der Arzt der Kontakt & Anlaufstellen der Stadt Zürich, der dort Milieu-Arbeit für Drogensüchtige leistet und somit oft das letzte Bindeglied für diese Menschen ist, zwischen ärztlicher Versorgung und Verwahrlosung. Es ist der Arzt, der mich zur Heroin-Abgabe schickte als ich ihm im Gespräch gesagt hatte, ich bräuchte einen guten Therapeuten, dem ich vertrauen könne. Es ist der Arzt der, als ich nach der Villa am Hönggerberg in Tränen in seinem Büro sass und fragte wer nun eigentlich der für mich verantwortliche Psychiater oder Therapeut sei, ausrief
Das ist doch jetzt egal!Dieser Arzt also meinte abwertend zu einer Firma, durch ein Christliches Rehabilitationszentrum im Kanton Glarus entstanden, das sei ja nichts als so eine Junkie-Sache. Vielleicht wollte er ja mich damit parodieren. Ich hoffe es... ganz ehrlich. Denn es wäre noch schlimmer, wenn er wirklich mit einer solchen Einstellung Tag für Tag an die Arbeit gehen würde. Doch auch wenn er damit mich parodieren wollte, ist das nicht gerade ein Zeugnis von Intelligenz- und Durchblick-Armut? Denn, diese vermeintliche Parodie meiner Wenigkeit würde auf völlig falschen Tatsachen basieren, nämlich auf der verdrehten Lügen-Version der Harten Klinik. Und ich hoffe für diesen Arzt, dass er sich nicht in einer solch peinlichen Lage hat bringen lassen, wie schon andere vor ihm. Denn ich hatte noch eine gute Meinung von ihm, damals, als ich ihm noch das zuschrieb was eigentlich meine Leistung gewesen ist: Nämlich auf einen Arzt zu hören und mich auf einen Aufenthalt in der Villa am Hönggerberg einzulassen, trotz der schlimmen Erfahrung die ich ein halbes Jahr zuvor in der Harten Klinik erleiden musste.
Ich hoffe für Doktor Gessenjoe, dass er nicht wusste was mit mir in der Villa am Hönggerberg geschehen sollte, als er mich darauf ansprach an diesem Morgen in Zürich. Ich hoffe es für ihn... ganz ehrlich.
Autor unbekannt
Ehrlichkeit 3
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Ich sitze eines Tages im K&A und sage zu Emmy wie es doch der pure Wahnsinn sei, dass ich nicht mehr ins K&A dürfe (respektive dass ich nicht mehr dort mein Heroin konsumieren dürfe). Er widerspricht und sagt, mit dieser Medikamenten-Kombination würden man mir den Konsum im K&A Oerlikon nicht mehr erlauben: Vom Arzt so verordnet. Doktor Gassenjoe hat also diese Anordnung rausgegeben? Er ist ja der verantwortliche Arzt für alle städtischen K&As. Komisch irgendwie also, dass man in den übrigen K&As absolut nichts von diesem von Doktor Gassenjoe verordneten Verbot wisse — dort kann ich munter mein Heroin konsumieren, wie eh und je, obwohl Doktor Gassenjoe mich auch schon in diesen anderen K&As gesehen hat. Whatever...
Ich frage Emmy weshalb denn solch ein Verbot. Er sagt, es sei eine Frage der Verantwortung: Sollte mir etwas zustossen und ich würde zum Beispiel im K&A Oerlikon sterben, dann wäre die Verantwortung bei ihnen, den Sozialarbeitern und dem Arzt. Und da sie nun von meiner Medikamenten-Kombination wüssten, könnten sie das Risiko eines Zwischenfalls nicht mehr in Kauf nehmen. Nun, ausser der Tatsache dass der selbe Arzt dieses selbe Risiko in den anderen K&As anscheinend — und ohne das geringste Problem damit — auf sich nehmen kann, frage ich Emmy ob ihm bewusst sei, dass wenn ich nicht bei ihm (unter den Augen von Profis die mir eventuell helfen könnten) konsumieren dürfe, ich einfach ein paar Hundert Meter weiter ziehen würde um auf den öffentlichen Toiletten des Bahnhofs Oerlikon zu konsumieren. Ich bemerke, dass dort kein Emmy anwesend wäre, der im Falle eines Zwischenfalls erste Hilfe leisten könnte. Ich würde also auf der öffentlichen Toilette ohne Hilfe und ohne Chance sterben, anstatt vielleicht von einem Emmy gerettet werden zu können. Ich frage ihn ob das wirklich im Sinne einer solchen Institution sein könne. Er antwortet nichts.
Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass ich irgendwann wieder konsumieren darf, auch in Oerlikon. Ich weiss nicht welche Anweisungen und Unterlagen da zirkuliert haben, doch plötzlich darf ich wieder auch in Oerlikon. Irgendwie komisch, oder? Plötzlich darf man wieder das Risiko auf sich nehmen, einen Zwischenfall mit mir in Kauf zu nehmen? Welche Versicherung hat hier was gesagt? Seit es mir wieder erlaubt ist, dort zu konsumieren, bin ich ein Klient wie jeder andere: Es wird bei mir überhaupt nicht mehr aufgepasst als bei anderen. Interessant wie viele Gedanken und Sorgen man sich doch im K&A Oerlikon macht, um mein Leben. Oder ist es vielleicht viel interessanter, welche Gedanken man sich dort so macht?
Jedenfalls frage ich nochmals Emmy, ob es seiner Meinung nach denn besser sei, wenn ich auf der Toilette sterben würde. Er sagt dazu nur
So lautet der Beschluss und daran muss ich mich halten.Danke für so viel Ehrlichkeit, Emmy... ganz ehrlich.
Autor unbekannt
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