October 30, 2009

Photo-Kastration

Ich kann mich an den Tag erinnern, an dem der Photographen in mir gestorben ist... Er wurde mir "weg-kastriert", als man das "Mahnische" daran zu ausmerzten versuchte. Es war vor einer halben Ewigkeit, in der Zeit als ich nach Zürich gekommen war um hier mein berufliches Glück zu finden und Liebeskummer zu verlieren. Als ich hier einen Ausweg aus einer Sackgasse suchen kam, ohne jedoch zu merken, dass diese im Kopf war und mich eh immer wieder eingeholt hätte. Als ich innerlich derartig viele Wunden hatte, dass ich gar nicht mehr realisierte wie verletzt ich war, dass ich es für eine "fast Normalität" hielte. Doch es war da diese Trennung, diese Liebe die sich nicht mit den 2 Menschen weiterentwickelt hatte, diese Liebe dessen Bedürfnisse das Leben nicht mehr befriedigen konnte... Es war da dieser unerträgliche Schmerz der, so lange so weh tat, dass als er nach Jahren etwas Ruhe zu geben begann, nur noch Leere hinterliess. Es war, wie bei der Feuerrodung von Regenwald: Danach ist das Land nur noch für einen einzigen Zweck zu gebrauchen und falls diese Nutzung nicht stattfindet liegt es brach und die Natur hat verloren, das Leben wurde vertrieben. So war bei mir die Fähigkeit zu Lieben auf der Strecke geblieben...

Ich hatte damals eine Therapeutin, die mich während vieler Jahre begleitet hatte, die mitbekommen hatte, wie ich an dieser Trennung innerlich zerbrach, wie ich mich dann in verschiedene Beziehungen hatte fallen lassen, ohne wirklich eine Beziehung eingehen zu können. Sie hatte mitbekommen, wie ich mich in den Drogen zu verstecken versuchte, wie sehr mich das aber - anstatt zu verstecken - geradewegs vis-à-vis mit Schuldgefühlen stellte, die mich abermals jeden Tag ein klein wenig mehr auffressten.

Sie hatte mitbekommen, welch schwierige Beziehung ich zu meinem Vater hatte. Sie erklärte mir das Muster auch auf sehr "effiziente" Weise: Als er starb ist ihr Kommentar dazu gewesen
Sie kamen früher nicht zu einer Konfrontation und einer Auseinandersetzung mit Ihrem Vater und nun, mit seinem Tod, wiederholt sich die Geschichte und er "entzieht" sich abermals der Auseinandersetzung mit Ihnen, gemeinerweise gerade zu einem Zeitpunkt zu dem sie zur Konfrontation endlich bereit und fähig gewesen wären...
Effizient ist das bestimmt gewesen, sind mir diese Worte doch unauslöschbar im Gedächtnis gestanzt geblieben.

Ein anderes Glanzstück ihrer beruflichen Virtuosität ist zum Beispiel durch die Aussage "und denken Sie mal nach, was diese Frauen mit Ihnen machen, was man sich schon alles geleistet hat, auf Ihre Kosten" bestens zum Wesentlichen gebracht. Dieser selbstgefälligen, völlig unengagierten, unmotivierten und, durch ihre Überheblichkeit, gefährlichen Frau könnte ich in der Tat ein paar Horror-Geschichten erzählen darüber, was Frauen mit mir angestellt hatten, und zwar auch zu der Zeit als ich bei ihr in "Behandlung" war. Ich könnte ihr erzählen wobei sie mir hätte helfen können, anstatt nur idiotische Sprüche über Form und Funktion zu klopfen. Sie hätte mir dabei helfen können, diese Probleme in der Tat anzugehen, anstatt sie mir nur vor Augen zu bringen und sich dann zufrieden auf die Schulter zu klopfen, hatte sie ihren Teil doch getan (in ihren Augen)...

Zum Beispiel
Die langjährige Kollegin, eine Jugendbekannschaft die mit uns Jungs gewachsen und unterwegs war, dessen Mutter ich recht gut kannte und mehrmals besucht hatte. Seit langer Zeit kannte man sich und hatte nie den Kontakt verloren, obwohl sie oft umgezogen war und irgendwie heimatlos wurde. Sie war für mich eine Kollegin, eine Freundinn. Irgendwann merkte ich leider erst später, sie hatte immer etwas für mich empfunden, sie hatte in mir immer einen Freund gesehen, aber auch einen möglichen Partner. Jedenfalls hatte man sich immer wieder gesehen, spätestens all 1 oder 2 Jahre wieder. Ich besuchte sie einige Male mit meiner Partnerin und habe, denke ich, jeden ihrer Partner kennengelernt. Irgendwann habe ich sie in der Nähe von Luzern besucht und es ging ihr gerade recht schlecht. Ich fuhr über's Wochenende ins Tessin, zu meiner Familie, und habe sie eingeladen mitzukommen, um andere Luft zu atmen und auf andere Gedanken zu kommen. Im Tessin "nahm" sie mich... und als Mann ist es ab einem bestimmten Punkt ein klein wenig schwierig, sich zu widersetzen. Meine Absicht ist es keine Sekunde lang gewesen... Jedenfalls nahm ab jetzt das Unheil ihren Lauf!
Nach dem Wochenende, quartierte sie sich bei mir in Zürich ein. Zuerst lenkte sie konsequent aus, wenn ich über ihr Leben, ihr Zuhause, ihr Domizil und, nicht zuletzt, ihr Familie zu reden versuchte. Sie wohnte nämlich bei der Mutter ihres Freundes, mit ihm zusammen: Ein 2 Meter Schrank mit ein paar freien Hautflächen, zwischen den Tattoos, ein Heavy-Metal Riese mit Bart und Rossschwanz von dem sich die Leute aus Angst fernhielten, auf der Strasse... Irgendwann, nach einigen Tagen, sagte ich ihr sie müsse jetzt einfach gehen: Es blieb der nächste Tag im Raum stehen, an dem sie etwas unternehmen würde. An diesem Abend hatte ich eines der schrägsten Telefongespräche die ich mir überhaupt vorstellen kann. Im Bett liegend, neben mir, telefonierte sie mit ihrer Mutter. Ich hörte nicht richtig zu und dachte mir, ich würde was falsch verstehen doch, dann gab sie mir den Hörer und sagte, die Mutter wolle mit mir reden. Diese fragte mich wie es mir gehe, was denn los sei, ich sei doch immer ein solch lieber Kerl gewesen. Ich solle dafür sorgen, dass ihre Tochter diese Nacht schlafen könne und solle sie morgen, ohne wenn und aber, gehen lassen! Zurück zu ihrer Familie und ihrem Freund. Wieder musste ich was falsch interpretiert haben...

Es kam aber so: Ich im Geschäft, allein, spät abends, mit dem Hörer in der Hand und den bartigen Schrank am anderen Ende. Ich: "Moment schnell!" und ging die Türen verriegeln und die Rollläden runterlassen. Er: "Komm runter, Kleiner! So weit sind wir noch nicht!" Er erzählte mir was die Frau zu Rapport gegeben hatte und sagte, es sei schon nicht einfach für ihn denn, wenn er nun mir glauben schenken sollte, würde dies heissen dass die Frau die er über alles auf der Welt liebe lügen würde. Er sagte, wenn da nichts ungewöhnliches vorgefallen wäre, dann würde dies heissen er könne der Frau die er über alles auf der Welt liebe nicht mehr vertrauen, und Vertrauen sei etwas vom Wichtigsten in einer Beziehung!
Dies könnte ich zum Beispiel dieser "Therapeutin" sagen, betreffend was Frauen mit mir alles machen würden... Oder ich könnte darüber erzählen wie eine Ex von mir, die mit meinem besten Freund heiratete, und bei denen ich oft zu Besuch war und mit denen ich wunderschöne Zeiten verbracht habe, bei der Beerdigung ihres Ehemannes, meines besten Freundes, auf primitivste Art über ihn hergezogen ist und ihm alles andere als einen würdevollen Abschied bescherte... Tragischer weise hatte er sie genau wegen ihrem Temperament, wegen ihrer Verrücktheit und wegen ihrem "Künstler sein" (wie er sagte) geliebt und bewundert. Er hatte sie dafür geliebt, wofür ich mit ihr auseinander gegangen war.
Oder ich könnte... Oder... Ja, da wären einige Geschichten.
Wie Recht sie doch hatte, meine "Therapeutin": Richtig analysiert, bravo! Inzwischen kann ich dies besser einordnen, inzwischen weiss ich wie ich dies für vielleicht gute akademische Arbeit halte und dass ich sie bitten würde, ihren akademischen Schrott bitte in den Akademien zu belassen, wo es vielleicht etwas wert sein könnte, aber bitte bitte nicht mich als Schrottplatz missbrauchen! Denn sie, sie sollte mir helfen meinen Schrott los zu werden, nicht ihm einen Namen zu geben!
Da wären so viele Geschichten...! Und die, wo keine Frauen darin vorkommen, erst recht! Von zum Beispiel dieser Nacht, als ich mir in der WG die Stirn blutig schlag, gegen die Wand, weil ich das Leben nicht mehr aushielt. Und ganz ohne Frau... Ausser vielleicht einer schmerzhaften Trennung? Aber dies war ja... Ja was war dies, Frau "Therapeutin"? Borderline? Bi-Polare Störung? Was war dieser Schmerz, der mir kein normales Leben mehr ermöglichte? Dieser Schmerz, der nicht durch das Fehlen eines Menschen verursacht wurde, sondern durch einen Abgrund der Leere, durch Liebes-Entzug, durch Vertrauensbruch, durch einen Schmerz hier auf mein Herz...

Und woher der Scheiss von "Bi-Polar" gekommen ist, werde ich auch noch erfahren. Wundern würde es mich inzwischen nicht, wenn meine "Therapeutin" da einen unheilvollen und schicksalsschweren ersten Samen gesät hätte...



Und was machte sie mit dem Photographen in mir? Ich kann mich noch genau erinnern... Wie ich ihr einige Bilder mitbrachte, um sie ihr zu zeigen, um sie teilhaben zu lassen an dem was ich gerne tue und was mich beschäftigt. Ich kann mich erinnern wie ich ihr diese Bilder zeigte, in der Suche nach etwas Anerkennung, ein wenig Verständnis. Auf der Suche nach einem Grund weshalb ich schon seit so langer Zeit zu ihr kam, nach einem Erfolg in meinem Leben, das sonst so schwerfällig und kompliziert war, ein Leben dass ich nicht zu meistern schaffte und dass sie mir auf die Reihe zu bringen half. Auf der Suche nach Anerkennung für mich, aber auch für sie, irgendwie, auf eine gewundene und krüppelige Art. Da war das eine Bild, dass ihr sehr gefallen hatte. Mit einer von den Frauen, die doch so schlimm sind mit mir. Oder so... Und dann sagte sie es! Sie sagte nicht etwa
Es ist Ihnen offensichtlich eine Hilfe, sich Bilder zu machen, sich von allem ein Bild machen zu können, zurecht zu legen. Und, wenn Sie einmal ein Bild haben, und irgendwann das Nächste, und dann noch eins, könnten Sie vielleicht einen kurzen Film daraus machen, eine Sequenz die mehr erzählt als was man in einem einzigen Bild mitbekommen kann. Mit der Zeit könnten Sie ja vielleicht merken, dass sie die meisten Ihrer Bilder aneinander knüpfen können und diese jedes Mal eine andere Kombination ergeben können, und somit eine jedes Mal andere Geschichte. Oder vielleicht finden Sie heraus, dass Sie die genau richtige Geschichte für sich gefunden haben, dass Sie nun wissen welche Bilder zu welchen passen. Und in Zukunft, wenn Sie sich ein Bild machen, wissen Sie irgendwann schon aus Erfahrung, wie in etwa das darauf folgende Bild auszusehen hat. Und wer weiss? Vielleicht treffe ich Sie eines Tages und Sie sagen mir, Sie sind Regisseur geworden? Oder vielleicht aber Maler, weil Sie gemerkt haben, dass Sie nur ein einziges Bild mit viel Liebe machen möchten: Die anderen können Sie sich ausdenken, und das reicht Ihnen völlig. Oder, vielleicht, sind Sie doch bei der Photographie geblieben, und finden in diesen Bildern hier die Antwort auf Ihre Fragen?
Nein, sie sagte nichts in diese Richtung... Oder zumindest, nicht auf eine Weise die es mir ermöglicht hätte, mir ein Bild davon zu machen! Sie sagte
Tja, LET IT SHINE, Sie müssen sich offensichtlich von allem und jedem ein Bild machen!
Ich hatte dies mit der Zeit verstanden: Es stimmte. Seitdem habe ich nicht mehr fotografiert. Aber erklärt, hat sie's mir gut!


In der Harten Klinik hatte ich erzählt, von dieser "Therapeutin". Ich sagte, wie ich damals das Gefühl gehabt hätte, sie habe mich auseinander genommen, um mich untersuchen zu können und mir die einzelne Teile zu erklären, habe aber definitiv vergessen, mich wieder zusammen zu setzten! Das, das mussten dann andere tun...
PUT IT BACK TOGHETHER!


Und die Geschichte wiederholt sich!
Ob mir mein Vater etwas sagen möchte, damit?