October 15, 2010

thoughts for Y

 
Doktor Y, du Arschgeige (im Sinn von Arsch, nicht im Sinn von Geige)
Falls du noch nicht im Wochenende bist...
Hier ein Denkanstoss für die nächsten Tage.
Sonst, Montag ist auch noch ein Tag, nicht wahr?


Time  ==  Pink Floyd

Ticking away the moments that make up a dull day
You fritter and waste the hours in an offhand way
Kicking around on a piece of ground in your home town
Waiting for someone or something to show you the way

Tired of lying in the sunshine
Staying home to watch the rain
And you are young and life is long
And there is time to kill today
And then one day you find
Ten years have got behind you
No one told you when to run
You missed the starting gun

And you run, and you run to catch up with the sun, but it's sinking
Racing around to come up behind you again
The sun is the same in a relative way, but you're older
Shorter of breath and one day closer to death

Every year is getting shorter
Never seem to find the time
Plans that either come to nought
Or half a page of scribbled lines
Hanging on in quiet desparation is the English way
The time is gone
The song is over
Thought I'd something more to say

Home, home again
I like to be here when I can
When I come home cold and tired
It's good to warm my bones beside the fire
Far away across the field
The tolling of the iron bell
Calls the faithful to their knees
To hear the softly spoken magic spells






Und... Nach der Sonnenfinsternis haben wir eh noch ein Hühnchen zu rupfen. Wie? Ja, Lady Marmelade auch... Aber die meinte ich nicht damit. Geniesse das Wochenende mit deinen Lieben. Geniesse es.


Brian Damage - Eclipse  ==  Pink Floyd

BRAIN DAMAGE
============
The lunatic is on the grass
The lunatic is on the grass
Remembering games and daisy chains and laughs
Got to keep the loonies on the path
The lunatic is in the hall
The lunatics are in my hall
The paper holds their folded faces to the floor
And every day the paper boy brings more
And if the dam breaks open many years too soon
And if there is no room upon the hill
And if your head explodes with dark forbodings too
I'll see you on the dark side of the moon
The lunatic is in my head
The lunatic is in my head
You raise the blade, you make the change
You re-arrange me 'till I'm sane
You lock the door
And throw away the key
There's someone in my head but it's not me.
And if the cloud bursts, thunder in your ear
You shout and no one seems to hear
And if the band you're in starts playing different tunes
I'll see you on the dark side of the moon

"I can't think of anything to say except...
I think it's marvellous! HaHaHa!"


ECLIPSE
=======
All that you touch
All that you see
All that you taste
All you feel
All that you love
All that you hate
All you distrust
All you save
All that you give
All that you deal
All that you buy
Beg, borrow or steal
All you create
All you destroy
All that you do
All that you say
All that you eat
Everyone you meet
All that you slight
Everyone you fight
All that is now
All that is gone
All that's to come
And everything under the sun is in tune
But the sun is eclipsed by the moon.
There is no dark side of the moon really.
Matter of fact it's all dark.


 
 

UBS und magischer Teppich

 
Man wollte nichts unter den Teppich kehren und dies wurde als positives Zeichen wahrgenommen. Nun hat man den Müll genauer angeschaut, jedes Teil identifiziert und ehrlich benennt (egal wie stark die Toxizität ist) und erklärt wie man zu einem solchen fehlerhaften Abfallprodukt gelangen konnte. So weit, so gut. Doch jetzt, im Namen des nächsten Profits, kehrt man nicht alles unter den Teppich, nein, man nimmt den Teppich und legt ihn vor den Augen aller über die Abfälle. Und das soll es gewesen sein!


Siehe auch den Post untern Teppich?


Ein Verfahren gegen die Verantwortlichen würde das Image der Bank schädigen: So eine Scheisse! Ist Verdrängung wirklich die einzige noch mögliche Überlebens-Strategie, für viele Grosskonzerne? Falls ja, wie weit sind wir in Wahrheit noch von Sodoma und Gomorrha entfernt? Es würde nicht dem Image der UBS schädlich sein, es würde eher etwas nutzen. Denn erst dann wären die grossen Werbeausgaben in der Formel 1 irgendwie vertretbar und glaubwürdig. Nun aber wurde dort einfach "Santander" durch "UBS" ersetzt. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Baum... Doch es kann geschehen, dass er dann unter den Teppich rollt. Oder dorthin getreten wird.

Bravo, Kaspar Villiger. Alles nach bester Schule der Kommunikations-Strategie aufarbeitet. Und jetzt, weiter wie nie zuvor? In den USA werden 144 Milliarden Dollar Gehälter und Boni von den größten börsennotierten US-Finanzunternehmen ausgeschüttet. Die meisten haben ihre Schulden beim Staat beglichen und müssen nun niemandem mehr Rechenschaft abgeben. Und so macht man weiter wie eh und je, dieses Jahr gelangen die Boni zu einem neuen Rekord. Wenn der sogenannte "Mensch der Strasse" (also der, der auf der Strasse gelandet ist nachdem die Immobilien-Blase platzte) nicht verarscht wird, dann muss mir mal jemand erklären was ich hier verpasst habe...


Siehe auch die Wirtschafts-Kolumne "Realitätsverlust in USA" auf n-tv.de


In der Zwischenzeit geht die 0% Geld-Politik ihren Weg weiter: Das ziemlich unmoralischste was man sich überhaupt vorstellen kann, besonders wenn aus diesem Geld mehr Geld geschöpft werden kann. Und davon lebt die Finanz-Industrie! Doch diese Geschichte erzähle ich ein ander Mal, nach einem Albtraum über die Finanzwelt...
 
 

Gefühle am Morgen

 
Es ist schön, hier zu spazieren. Die warme und nach Kirschblüten duftende Luft versetzt mich in eine Welt zwischen hier und vielen Erinnerungen, angenehme Erinnerungen an Zeit leichten Herzens. Letztens habe ich oft an diese Strasse, an diese Kreuzung, an diesen Ort meiner Jugend gedacht. So oft bin ich hier durch, auf den Weg zur Schule, auf den Weg in die Klavierstunden, auf den Weg zu Freunden. 200 Meter weiter ist das Haus in dem aufgewachsen bin, in dem so viele Menschen mich besucht haben und Parties gefeiert wurden, wo ich so viele Träume geträumt habe. Ein bisschen weiter die Todeskammer, in der ich mich von Opa und von Vater verabschiedet habe, als sie von uns gingen. Daneben, die Kirche mit der Platanen-Allée, wo ich oft auf Bänken gesessen habe, allein oder mit Freunden, Tags und auch oft Nachts. Und die Wiese hinter dem Haus, auf der ich diesen einen berühmten Dorfpolizisten sah, zusammen mit seinen Kollegen, wie sie, Waffen in der Hand, den 2 Räubern nachrannten, die einen Raubüberfall in unserem Dorf verübt hatten. Dann, Tage später, findet die Polizei heraus, dass die Räuber keine 10 Meter von unserem Wohnzimmer übernachtet hatten, auf dem Grundstück des Nachbarn, hinter der Hecke. So viele Erinnerungen. Der Baum den ich gepflanzt hatte, vor dem Haus: Eine Betula Pendula. Ein schöner Baum, wie ich finde. Eine Birke, mit nach unten hängenden Ästen. So wie ich Trauerweiden für wunderschöne Bäume halte. Ich werde mal langsam hin laufen, zu dem Haus in dem wir gewohnt haben.

Ah, schön, es sind noch andere Menschen unterwegs, an diesem Frühlingstag. Sie haben ihren Hund dabei. Vielleicht kenne ich sie ja von früher. Komischer Hund, der ist ja riesengross... Nein, das muss ja ein Pferd sein, der Grösse nach. Nein, auch nicht... Was ist das? Ein komisches, oben weisses und unten silber und dann bläulich schimmerndes Fell hat das Tier. Und es ist so lang, dieses Fell. Wie das eines dieser asiatischen Büffel, oder sind sie aus dem amerikanischen Kontinent? Nein, es hat einen Rüssel... Einen kurzen Rüssel. Mein Gott, das Tier ist ja voll aufgeregt. Es ist sogar aggressiv. Es hat mich gesehen! Es beginnt zu rennen. Nichts wie weg. Wie schnell kann es wohl rennen? Was? Da ist nochmal Eins? Es kommt auf mich zu, von der anderen Seite? Dieses ist ja noch viel viel grösser! Das muss eines der Eltern sein, von dem Jungtier das ich zuerst gesehen habe. Nichts wie weg hier, in die ursprünglich Richtung! Mein Gott, ich werde hier nicht lebend raus kommen... Scheisse! Musste ja sein! Neben dem Jungtier ist das zweite Elternteil aufgetaucht. Und es scheint sein Junges definitiv verteidigen zu wollen. Das müssen ja 3 Meter Höhe sein! Ich bin verloren. Sie kommen alle näher. Diese Geräusche, dieses Beben der Erde bei jedem ihrer Schritte, dieses Schnauben und Lechzen. Zumindest ist es ein schöner Frühlingstag, an dem ich sterben werde. Bald ist es soweit. Hoffentlich spielen sie nicht mit mir, bevor sie mich töten, wie die Katze mit der Maus spielt. Höchstens noch 5 Meter Abstand. 3. 2. Bleib so kniend am Boden, die Hände über dem Kopf, und rühr dich nicht. Bald hast du es überstanden. Ich kann ihr Atem spüren. Sie sind hier. Alle 3. Jetzt gleich. Hab keine Angst, ist nicht die schlechteste Art, dran glauben zu müssen. Machs gut, geliebtes Leben. Machs gut, geliebte... Was ist denn los? Wieso werde ich nicht in der Luft zerfetzt? Oder in den Boden gestampft? Machen sie zuerst eine Theorie-Stunde für ihr Kleines? Da kommt noch jemand zu mir. Es ist ein Mensch... Er ruft etwas. Die Tiere kommen nicht näher. Sie müssen auf diese Stimme hören. Vielleicht ist es nicht heute, dass ich sterben werde? Kann das wirklich sein? Ein Albtraum! Nur ein Albtraum! Mein Gott, ich fühlte wirklich wie meine letzte Stunde geschlagen hat. Ein Albtraum, ist das menschenmöglich? Verdammt, ich hätte mir fast in die Hose gemacht. Ich dachte wirklich, es sei zu Ende. Mein Gott... Ich... Ich... Ich weiss nicht ob mir nach lachen oder nach weinen ist.


Bild von Joel Rea


Diese Stimmen! Diese Stimmen, ich kenne sie! Wow... Da sind ja so viele meiner Freunde. Sie sind alle hier. Ist das eine schöne Überraschung! Und scheinen bestens gelaunt zu sein. Ja, sie sind fröhlich am Festen. Mann, tut das gut! Gerade noch fürchtete ich um mein Leben, und nun sitzen wir hier auf dem Berg und schlürfen zufrieden an unseren Cocktails. Es wärmt mir das Herz, diese Menschen um mich zu sehen. Ich weiss von den Meisten, wie gern sie mich haben. Und ich weiss, wie gern ich sie habe. Ich kann mich wirklich glücklich nennen, solche Freunde haben zu dürfen. Wo gehen wir jetzt hin? In die Altstadt? Okay... Oh, da ist ja dieser Typ, der mir immer den Stoff besorgt hat. Er kommt auf mich zu. Er hat Geld in der Hand, und die kleinen Tüten, mit den Drogen. Er schenkt mir eins. Das ist schön, ich kann das jetzt wirklich gebrauchen, nach diesen Todesängsten. Ich gehe schnell dort in die Umkleide-Kabine, das merkt niemand. Mann, was ist denn das? Das ist der grösste Dreck den ich seit langem in den Fingern hatte. Dieses Arschloch! Was soll das denn? Ich habe ihn ja gar nicht angesprochen, ich habe nichts von ihm gewollt. Weshalb kommt er auf mich zu und schenkt mir dann etwas unbrauchbares? Da ist er ja. He, hallo! Was? So viel? Mal sehen... Ist mein letztes Geld, mein letzter Rappen. Wenn du es unbedingt haben willst, wenn du dir keine Skrupeln machst, bleibt mir ja wohl nichts anderes übrig, oder? Arschloch! Zurück in die Umkleide-Kabine. Ah, da sind ja andere Menschen, jetzt. Oh, die zwei junge Frauen kenne ich ja, und zwar bestens. Ich werde sie mal begrüssen. Was, sie drehen sich um? Sie laufen davon? Was ist denn los? Man könnte meinen, sie schämen sich. Was soll das? Diese Freundschaft war etwas besonderes! Und jetzt? Tun sie so, als würden sie mich nicht kennen? Scheisse! Scheisse, verdammte Scheisse! Ach, lass mich endlich einmal diese Drogen konsumieren, dann wird das weniger schmerzhaft sein. Also, auflösen... He, diese Stimme. Ist das nicht mein früherer Chef? Mit seiner Frau? Mann-o-Meter, ich konnte diesen Typ nie ausstehen. Verdammt, er hat bemerkt, dass ich hier drin bin. Sie lachen. Wenn er jetzt reinkommt, habe ich keine Chance mehr, das Zeugs zu verstecken! Der wird mich voll erwischen, wie ich hier Drogen auf aufbereiten bin! Muss das jetzt sein? Ja klar! Er ist ja auch schon hier an der Tür. Was hätte man sonst von diesem Typen erwarten können, wenn nicht dass er so reagieren und versuchen würde, mich jetzt fertig zu machen. Er lacht. Die Türe geht auf... Scheisse, ich verspreche dir, ich verpass dir eine Visitenkarte die du nicht vergessen wirst, für diesen Besuch, du verdammtes Arschloch. Ich bin sowas von wütend, ich werde dich blutig schlagen, diesmal, ist mir scheiss egal! Komm... Komm schon! Ein Albtraum! Nur ein Albtraum! Schon wieder ein Albtraum... Schon wieder ein Albtraum...


Bild von Roberto Rizzato


Bin ich aber diesmal wirklich wach? Oder geschieht gerade die nächste schräge Sache, nur um dann realisieren, dass ich unter den schlimmsten Lebensängste eigentlich nur geträumt hatte? Ich stehe auf. Ich rauche eine Zigarette auf dem Balkon, draussen ist es noch dunkel. Mann, bin ich durcheinander. Ich bin an meinen eigenen Schreien aufgewacht. Ich fühle mich so derart schlecht. Das ist ein Albtraum, so aufwachen zu müssen. Das ist ein wahrer Albtraum. So wie damals... Als die Geschichte mit dem Typen war, der mir sagte... Moment... Das ist ja wirklich geschehen. Wieso kommt mir das jetzt in Sinn, wenn ich an Albträume denke. Heee... Da sind ja nicht wenige Parallelen, zwischen den Ereignissen in meinen Träumen und was mir in den letzten Jahren wiederfahren ist. Ein Altbraum, ein richtiger Albtraum, was abgegangen ist. Was da abgeht! Und es hört nicht auf. Die Realität, die ich zu vergessen versuche, sucht mich wieder in meinen Träumen auf. Und die Träume, die bringen mich dann wieder zurück in die vergangene Realität. Ein Albtraum... Ein echter Albtraum... Zum Schreien!


Autor unbekannt
 
 

October 14, 2010

von Seelen und Wunden

Ich denke oft darüber nach, vielleicht habe ich auch schon darüber geschrieben, wie verschieden die Welt gewesen ist, die mein Grossvater verlassen hat, von der Welt in die er geboren wurde. 1898 geboren, gab es in seiner Kindheit kein fliessend Wasser und keinen Strom in den Häusern. Er hat zwei Weltkriege durchgemacht, in beiden musste er an die Front. Er hat miterlebt wie die Erziehung von Kindern, vom Riegel auf die Hände und die Bestrafung in der Ecke des Klassenzimmers, hinüber in das antiautoritäre Konzept der frühen Siebziger wechselte. Er hat die Arbeit miterlebt, die Menschen nur dank ihrer Nutztiere erledigen konnten, bis hin zu seinem Enkel der sich an einem PC mit digitaler Bildbearbeitung befasste.

Er hat viele Dinge gesehen, die sich im Laufe der Zeit zum Besseren änderten. Er hat aber auch viele neue, zuvor undenkbare Probleme aufkommen sehen. Er hat es geschafft, nicht "den guten alten Zeiten" nachzutrauern, auch nicht der Nachkriegszeit mit dem wirtschaftlichen Aufschwung. Er hat ein mehr als 90 jähriges Leben lang gesehen, wie der Mensch Mensch ist und, bei aller Veränderung in der Welt und im Lebensstil der Menschen, wusste er dass der Mensch eigentlich immer der Selbe ist. Er ist zu den unglaublichsten Dingen fähig: zu den grössten Errungenschaften und den tapfersten Heldentaten, wie aber auch zu den abscheulichsten Verbrechen.

Mein Grossvater hat mir einmal von dem "Grossen Marsch" erzählt, als er zusammen mit zehntausenden anderer Soldaten in Russland einmarschierte und in richtung Moskau zog. Er hat bekannte und sogar Freunde durch Erschöpfung fallen sehen und ist dennoch weitergelaufen, wie jeder andere auch, denn anhalten heisste vor Kälte sterben. Wo die Männer kaum noch in der Lage waren sich selber an das nächste Ziel zu befördern war jede, auch nur so kleine Hilfe an den Nächsten eine Sache der Unmöglichkeit. Mit der festen Entschlossenheit keinen Menschen zu töten, kam er aus dem einen Krieg als einer der aller ersten Verletzen aus der Schlacht und aus dem anderen Krieg in Gefangenschaft bei den Russen. Ein Neffe von ihm, Arzt von Beruf, kümmerte sich in einem deutschen Gefangenenlager um die Gesundheit russischer Soldaten. Die Russen, die seinen Onkel gefangen hielten. Die Russen, vor denen man alles, aber wirklich alles, verstecken musste was auch nur im Entferntesten an Alkohol erinnern konnte: Sie kamen dann zu ihm, mit ihren inneren Verletzungen, wenn sie wieder einmal Brennsprit oder sonst was getrunken hatten.

Es muss für uns, die weder einen dieser Kriege noch die Gefangenenlager im ehemaligen Jugoslawien noch eine sonstige von Menschen erschaffene Höllen-Vorhalle gesehen haben, unvorstellbar sein, was diese Menschen durchgemacht haben. Meine Mutter, die zurückgeblieben war und all die Monate mit den nächtlichen Sirenen und den Bombardierungen miterlebte, die Nacht um Nacht im Luftschutzraum verbrachte während draussen die Stadt jeden Morgen ein bisschen mehr in Trümmern lag, bis zu Schluss praktisch nichts mehr da war, meine Mutter begegnete ihrem Vater auf der Strasse, als dieser nach Kriegsende aus der Gefangenschaft zurück nach Hause kam. Sie begegnete ihrem Vater, doch sie erkannte ihn nicht. So sehr war er von der Gefangenschaft gezeichnet. Es sind andere Kinder gewesen, Altersgenossen meiner Mutter, die sie auf diese Gestalt aufmerksam gemacht haben...

Und dennoch, bei keinem dieser drei Verwandten habe ich jemals das Gefühl gehabt, sie wären durch ihre Erlebnisse tief in ihrer Seele verletzt worden. Ich möchte mir nicht anmassen zu wissen, welchen Schrecken sie erleben mussten und welche Wunden dieser hinterlassen hat doch, wenn sie davon erzählten, habe ich nie den Eindruck gehabt, sie seien an dem fast zerbrochen in dem was ihr tiefstes Wesen ausmacht. Mein Grossvater erzählte mir davon, wie viele Betroffene, um dazu beizutragen, dass wir nicht vergessen wozu der Mensch fähig sein kann. Er erzählte mir davon, um mir klar zu machen, in welch unglaublich privilegierte Lage ich mich befinden würde, aber nicht um mir damit ein schlechtes Gewissen zu machen, nein, um in mir das Bewusstsein dafür zu wecken, was mir alles geschenkt wurde. Um es würdigen zu können.

Ich habe meinen Opa als weniger vom Leben gezeichnet empfunden, als zum Beispiel mein Vater, der sozusagen wohlbehütet in Zürich gross geworden ist. Bei all dem unbeschreiblichen Leid, den mein Opa erlebte, irgendwie muss ihm ein schlimmes Erlebnis erspart worden sein, dass ihn zutiefst erschütterte. Ich weiss nicht wie ich es beschreiben soll... Er hat um das nackte Überleben gekämpft, er hat gehungert, er hat Freunde verloren, er hat den Wahnsinn des Kriegs-Gemetzel erlebt, und dennoch ist er als ganzer Mann zurück zu seiner Tochter. Vielleicht sollte ich von meinem Vater erzählen um klar zu machen was ich ausdrücken möchte.

Ich werde nie vergessen wie mir mein Vater davon erzählte, wie im seine Mutter viel Geld anvertraute, Geld das zu jener Zeit sehr knapp war, und wie meinem Vater dieses durch seine Unachtsamkeit abhanden kam. Er sprach davon, wie er zurück nach Hause ging und wie seine Mutter, aus schierem Kummer darüber wie es weitergehen sollte, zu weinen begann. Ich war damals ziemlich unsicher darüber, wie mein Leben weitergehen und was aus mir werden sollte und auch deshalb glaube ich, hat er mir dies erzählt um mich darauf aufmerksam zu machen, was Unaufmerksamkeit für schlimme Folgen haben kann. Er hat aber kein einziges explizites Wort darüber gesagt, keine Mahnung, keine düstere Prognose für meine Zukunft, nichts, er hat einfach nur erzählt was ihm widerfahren war. Doch, als er diese inzwischen schon mehr als 60 Jahre zurückliegende Geschichte erzählte, ist für mich das Eindrücklichste gewesen wie sie mein Vater offensichtlich sein Leben lang mit sich tragen musste, als schwere Bürde, wie Präsent sie nach so langer Zeit noch war. Ich glaube es hat ihn fast das Herz zerbrochen, was er "angestellt" hatte, und die Schuldgefühle konnte er nie wirklich überwinden.


Autor unbekannt


Wenn ich nun die Folgen der erlebten Ereignisse auf meinen Grossvater und auf meinen Vater vergleiche, da ist es für mich offensichtlich wie Letztere grösseren Schaden davon tragen musste, obwohl mein Opa in die wahrscheinlichst schlimmsten historischen Ereignisse der Moderne verwickelt war. Dies würde bedeuten, dass die seelische Wunden, die ein Mensch in sich trägt, nicht dem Entsprechen müssen, wie die Geschichte oder die Mitmenschen die Ereignisse werten wird.

So kann ich mir schwer vorstellen, was eine Bekannte von mir durchgemacht hat nachdem man ihr, nach einer Abtreibung in einem Schwellenland, wahrscheinlich als "erziehrische Massnahme" das leblose Embryo zeigte das sie gerade noch in sich trug, oder was davon übrig blieb. Ziemlich sicher ist, dass sie dieses Ereignis auch ihr Leben lang mit sich wird tragen müssen, völlig unabhängig davon ob und welche Kämpfe sie mit sich selbst austragen musste, um solch einen Entscheid zu treffen.

Nach den Erzählungen meiner beiden Vorfahren und nach meiner eigenen Erfahrung, wundert es mich inzwischen auch wenig, dass ich praktisch unbeschadet eine bewaffnete Entführung und eine geladene Waffe an der Schläfe überstanden habe, jedoch wirklich fast zugrunde ging, wegen den Ereignissen in der Harten Klinik. Denn dort, habe ich nicht eine Gruppe Taugenichts erlebt, die ein Risiko eingehen um ihr Leben etwas bequemer zu gestalten, dort habe ich Profis getroffen, denen ich vertraut habe, die nicht davor zurückgeschreckt sind, vor den Augen der Bundespolizei mich psychisch fertig zu machen, konsequent, über mehrere Wochen, und ohne Rücksicht auf Verluste. Man schreckte nicht einmal davor zurück, nach dem ganzen Debakel in der Klinik selbst, noch die Schuld von sich weisen zu wollen, trotz besserem Wissen! Ja, obwohl man genau nachvollziehen konnte was mit mir geschehen war, hat man noch versucht die Polizei für die Schäden verantwortlich zu machen, natürlich meine Ex-Frau, und weiss der Geier wen sonst noch alles. Da man mich 24 Std. beobachtete, fühlte man sich nicht einmal bemüht, meine Selbstmord-Gedanken ernst zu nehmen und darauf einzugehen, nein... Ich kann mir so gut vorstellen wie man in der Klinik sagte, mir könne ja eh nichts geschehen.

Bevor ich euch eine Frage stelle, mache ich euch einen Vorschlag, ihr kleinen Möchtegern von weissen Kitteln: Da mir ja, wie ihr wahrscheinlich gesagt habt, zu keiner Zeit etwas geschehen konnte, mache ich euch den Vorschlag, einzeln, je eine Viertelstunde zusammen mit mir auf meinem Balkon im 5. Stock zu verbringen. Ich und der jeweilige Arzt alleine, 15 kurze Minuten. Kann ja eh nichts geschehen, oder? Die Reihenfolge könnt ihr selbst auswählen, Doktor Y, Doktor NO und Direktor Lanzy... Die Ladies lassen wir für dies Mal aus der Geschichte. Einverstanden?

Und jetzt die Frage, die ich euch stellen möchte. Nach dem was meine Vorfahren erleben mussten, im benachbarten Deutschland, nach dem was Europa in jüngster Vergangenheit durchmachen musste, nach dem was die Jugend heute schon für sich alleine an Identitätsfindungs- und allgemeine Probleme hat, wäre es wirklich zu viel verlangt gewesen, einmal eine Generation zu haben, die nicht auf irgend eine Weise traumatisiert ist? Wäre dies wirklich zu viel verlangt, you crazy little bastards?