July 18, 2010

anima mundi

 
Es ist so wenige Jahre her, dass man die Menschenrechte definierte. Es wird wenig darüber gesprochen, doch mir kommt immer wieder in Sinn, dass es noch vor sehr sehr kurzer Zeit (etwa 100 Jahre) Völker auf dieser Erde gab, die sich Kannibalisch ernährten. Ich finde es aber überaus beeindruckend, dass bis vor einigen Jahrzenten gewisse Völker Kannibalen waren und dass dies zu ihrer sozialen und kulturellen Identität gehörte.

Obwohl es viele Menschen gar nicht in Betracht ziehen, frage ich mich ob es doch eine Art Zeitgeist gibt, die über die Völker hinaus geht. Oft werden die, die von "the Age of Aquarius" reden, belächelt. Ich kann dazu nichts sagen, denn ich kenne mich überhaupt nicht damit aus. Doch, wer heute von Dinge spricht, die nicht messbar und belegbar sind, wird sehr schnell belächelt. Oder für verrückt erklärt. Dennoch frage ich mich, ob es doch nicht Zeiten gibt, die gewisse Entwicklungen einfach mit sich bringen oder, umgekehrt, diese geradezu unausweichlich heraufbeschwören.

Dass die Zeit, und viel mehr die Menschheitsgeschichte, zyklisch zu verlaufen scheint, ist offensichtlich. So verwundert es mich wenig, dass die Islamische Welt für lange Zeit sehr weltoffen und tolerant gewesen ist, als sich das Christliche Abendland im Mittelalter befand bis hin zum letzten Jahrhundert. Als sich die westliche Welt mehr und mehr liberalisierte, die sexuelle Revolution auch den Alltag der Menschen zu prägen begann, als der schon viel zitierte "Werteverfall" voranschreitete bin hin zum Verlust jeglicher Werte, dann begann auch in der Islamischen Welt — als Gegengewicht sozusagen — die Wiederbesinnung zu strengeren moralischen Normen, restriktivere Regeln usw. an Bedeutung zu gewinnen. Wo Frauen in Kairo noch westlich gekleidet zur Universität gingen im Jahre 1950, ist dort heute keine mehr anzutreffen die nicht völlig verhüllt wäre. Doch... über diese zyklischen Entwicklungen hinaus, gibt es da eine Geschichte der Welt?

Oder, von einer ganz anderen Perspektive gesehen: Könnte es sein, dass es sowas wie Seelen gibt? Bis vor einiger Zeit blieb diese Frage für mich völlig unbeantwortet. Es sprach in meinem Leben nichts dafür, aber auch nichts dagegen. Doch in den letzten 10 Jahren sind mir einige Dinge wiederfahren, die ich nicht ganz aus der Sicht der reinen Psychologie erklären kann. Und auch nicht auf Basis der puren materiellen Welt. Es gibt Dinge, die mich an das Transzendente erinnern.

Ich nehme mal als Beispiel die Begegnung mit der Jungen Dame. Kann eine Borderline-Erkrankung wirklich diesen Bann zwischen uns befriedigend erklären? Kann ein Psychologe die, durch die Krankheit verursachten Erfahrungen als ausreichend darstellen, für dieses Vertrauen was ich in nur 3 Wochen entwickeln konnte? Für die Art in der wir uns verstanden, hin und wieder gar ohne Worte? Wenn ja... Tja, dann muss ich sagen, sollte man zumindest grundsätzlich über die Bücher in Sachen psychische Erkrankungen. Wenn sowas dank der Symptomatik zweier Borderline-Patienten im Abstand von 20 Jahren möglich ist, dann müsste man sich wirklich Gedanken darüber machen, was dies für unsere Gesellschaft bedeuten könnte. Doch ich bin mir sicher, dass unsere Beziehung nicht einzig anhand der Borderline-Erkrankung erklärt werden kann.

Und da stellt sich also die Frage, was da sonst noch mitgespielt hat. Ich weiss es nicht... Doch ich frage mich, welchem anderen Menschen hätte ich, ohne es zu bereuen, nach nicht einmal 3 Wochen mein Leben anvertraut? Ziemlich keinem... Und woher also die Zuversicht, gerade diesem Menschen Vertrauen zu können? Woher die Erkenntnis, dass es keiner Worte brauche um den Andern kennen zu lernen? Woher das innere Gefühl, das eigene Leben sei mit dem des andern verbunden? Woher wusste ich, egal wie die Geschichte auch ausgehen würde: Hier haben sich 2 Menschen getroffen, die sich etwas zu geben hatten. Ich wusste es einfach. Mehr kann ich dazu gar nicht sagen...

Anja Bührer: From The Inside


Gibt es Schicksal? Oder ist es das Mitwirken von Kräften, die wir entweder bekämpfen können oder von denen wir uns antreiben lassen können? Was heisst: Folge deinem Herzen? Was ist gemeint, wenn man von der "Inneren Stimme" spricht? Was haben die Bilder von Mutter Erde an sich, die antike Völker benutzten? Oder das, für die Indianer Amerikas so wichtige, Gleichgewicht mit der Natur?

Ich denke, es ist durchaus möglich, dass viel mehr Dinge zwischen Himmel und Erde geschehen, als wir uns überhaupt vorstellen können. Und ich denke, es könnte durchaus sein, dass der moderne Mensch, auf seinem Weg fort von Kannibalismus und Aberglaube, gewisse Fähigkeiten sozusagen verkümmern liessen. Ich denke, es wäre möglich, dass wir über mehr als 5 Sinne verfügten. Wenn wir nur daran denken, dass Tiere vor jedes technische Messgerät Naturkatastrophen zu fühlen scheinen. Oder, dass ein Hund so trainiert werden kann, dass er bis zu einer Stunde vor einem Epilepsie-Anfall seinen Herr davor warnen kann, wo dieser (trotz jahrelanger Erfahrung mit seiner Krankheit) noch überhaupt nicht den kleinsten Hinweis darauf wahrnemen kann. Inzwischen sind Wissenschaftler auf der Spur nach den Mechanismen dieser Fähigkeit und vermuten irgendwelche Geruchsstoffe mit im Spiel. Dennoch stellt sich weiterhin die Frage woher ein Hund spontan diesen Geruch als Bedrohung für sein Herrchen warnimmt obwohl er es noch nie zuvor gerochen hat, und weshalb er mit einer völlig neuen Verhaltensweise sein Herrchen warnt. Oder denken wir an Tiere in Altersheime, die den demnächst eintretenden Tod zu spüren vermögen. Und wenn man bedenkt, dass wir von den Tieren abstammen...

Wie viel Wissen und Fähigkeiten versuchte man durch die Hexenverbrennung auszulöschen? Wie viel über Mann und Frau, über Mensch und Gott, über spiritueller und materieller Welt wurde durch die Inquisition vernichtet? Man bedenke, dass es vor einigen Hundert Jahren verboten(!) war zu glauben, dass die Erde eine Kugel und dass sie nicht das Zentrum des Universums sei. Und nicht, wie bei den Tibetischen Mönche, die glauben, die Erde sei eine Scheibe. Denn sie glauben dies und sind sich darüber bewusst, dies zu glauben. In Europa war es verboten, sich ein anderes Bild der Dinge zu machen.

Es könnte also sein, dass in Gottes Schöpfung noch einige Dinge mitspielen, die wir zu unserem Vorteil, zum lindern von Leid und Schmerz, wiederentdecken sollten. Vielleicht sollten wir wieder lernen offener gegenüber scheinbar Unerklärliches zu sein. Denn, so könnte es sein, gibt es in Gottes Schöpfung Dinge die wir nicht erklären können und dennoch keineswegs dem Teufel zuzuschreiben sind. In Gottes Schöpfung muss vielleicht wieder begonnen werden, nach dem Göttlichen gesucht zu werden.

Anja Bührer: Souls
 
 

July 13, 2010

Yin, Yang, Öl & Sonne

 
Ich hörte letztens den Sprecher des Cern erklären, man wisse heute dass beim Urknall die "Parallelität", das Gleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie verschoben worden seien. Normalerweise wird gleich viel der Beiden erzeugt, was wiederum dessen Aufhebung bedeutet. Aus noch unbekannten Gründen blieb jedoch in unserem Universum die Materie bestehen, wobei sich die Antimaterie irgendwie anders verhalten haben muss, als den Wissenschaftler bekannt. Aus diesem Grund besteht nun unser Universum in der Form in der wir es kennen. Und aus diesem Grund befolgt es den Naturgesetzen so wie wir sie kennen.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass wenn diese Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Materie und Antimaterie erklärt werden kann, 2 Möglichkeiten bestehen. Entweder taucht das nächste Rätsel auf, oder man hat es geschafft den Grundstein des Entstehen des Universums zu Replizieren. Dies würde aber zwangsläufig bedeuten, man konnte das Gleichgewicht der Polaritäten zwischen Materie und Antimaterie beeinflussen. Möglich wäre dann, dass wir neue Universen schaffen (Parallel-Universen), oder dass wir unser Universum auflösen, indem die Antimaterie wieder zu ihrem Gleichgewicht gegenüber der Materie findet.

Wie auch immer... Egal wie viele Fehler diese Beschreibung für einen Wissenschaftler beinhalten mag. Was ich damit meine ist, dass vielleicht genau diese Polaritäten unser Universum ausmachen. Vielleicht sind dort Yin und Yang in ihrer Grundform zu finden. Vielleicht ist es deshalb so schwierig das Gleichgewicht der Dinge zu finden, weil diese Verschiebung des Gleichgewichts erst unser Universum in seiner materiellen Form ermöglicht hat. Vielleicht ist dort zu finden, was "Gut und Böse" genannt wird. Männlich und Weiblich. Licht und Finsternis. Yin und Yang, eben.

Autor unbekannt: "3D Fraktal-Blüte"


Vielleicht ist ein schwarzes Loch das Tor zur Erkenntnis und in dem Augenblick, in dem sich jemand dorthin begibt und die Erkenntnis erlangt, sich sein Universum auflöst. Ich weiss es nicht. Doch ich glaube daran, dass wir zu Erkenntnisse gelangen können im hier und jetzt, die uns nicht das Auflösen dessen abverlangen, was uns ausmacht. Ich glaube daran, dass wir die Wahl haben, wie wir unser Leben führen möchten. Und dass wir uns dafür entscheiden können, wieder zu versuchen in besserem Einklang mit der Natur zu leben. So wie es frühere Völker getan haben.

Eigentlich befinden wir uns in der unglaublich vorteilhaften Lage, ein Wissen zu haben das niemals zuvor in diesem Masse vorhanden war. Wissen, dass uns den Zugang zu Technologien ermöglicht. Wissen, dass uns das beste je vorhandene Verständnis der Naturgesetze ermöglicht. Wissen, dass uns erlauben könnte, gravierende Fehlentwicklungen zu vermeiden. Doch, um dies zu erreichen, müssten wir uns wieder die Zeit nehmen, uns darauf zu besinnen, was wir hier tun und wohin die Reise schlussendlich führen sollte.

Uns diese Zeit zu nehmen, sind wir — so glaube ich — uns selbst wie auch unseren Nachkommen schuldig. Wenn wir es nicht tun können wir auch nicht erwarten, dass unsere Kinder es tun werden. Wir haben ihnen beigebracht zu tun was sie tun. Von uns haben sie gelernt, was zu tun ist. Und irgendwann muss eine Neubesinnung stattfinden, denn ansonsten wird es böse mit uns enden können.

Autor unbekannt

Denken wir nur an das Öl, das wir für unsere Motoren benötigen. Ausser der Tatsache, dass wir das Klima auf eine Art und Weise am verändern sind das es immer mehr zu einer lebensfeindlichen Umwelt macht, geht dieses Öl auch zu Ende. Unsere Politik basiert auf die Kampfbereitschaft von undenkbar gewaltiger Zerstörungskräfte, sei dies in Raketen, Flugzeuge, Menschen, usw. Diese potentiellen Kräfte dienen dazu, das "Gleichgewicht" zwischen den verschiedenen Völker zu halten. Und genau diese Apparate benötigen Öl um funktionieren zu können. Was würde also unvermeidbar geschehen? Die verschiedene Apparate Armeen der Grossmächte würden sich in Bewegung setzen, unaufhaltsam, um ihr eigenes Überleben garantieren zu können. Überleben, was uns fälschlicherweise als das Überleben der Mächte selbst verkauft wird, aber dies ist eine andere Geschichte.

Man stelle sich vor, wenn Öl wirklich langsam zu Ende geht, ob es ernsthaft denkbar wäre dass sich keine Armeen in Bewegung setzen würden um diese Antriebskraft ihrer Selbst und der Staaten die sie erschaffen haben zu sichern. Es ist so sicher wie die Nacht, die auf den Tag folgt, dass es Kriege geben würde. Und das Paradoxe daran ist, dass man diese Kriege schlussendlich nicht führen würde um den Menschen das Überleben zu ermöglichen, sondern um den riesigen Konstrukte welche die Armeen selbst sind ihre Bewegungsfähigkeit zu garantieren. Krieg als Selbstzweck. Denn der Vorgegebene Zweck, das Öl zu sichern, ist eh nicht auf Dauer erreichbar.

Der Gedanke stimmt mich traurig: Wenn man vor 70 Jahre die Entwicklung von alternativen Energien als von militärischer strategischer Bedeutung eingeschätzt hätte, wir heute vielleicht 120 Jahre Vorsprung auf unser jetzigen Stand hätten. Doch damals machte man sich gerade daran, die Atomspaltung in Angriff zu nehmen. Und erst wenn wieder die Grossmächte es als Überlebenswichtig betrachten werden, wird der Ausbau dieser Technologien genügend Mittel und Unterstützung bekommen, um die ganz grossen Änderungen herbeizuführen.

Bild von Manrich für FreakingNews.com

So wie ich hoffe, dass man beim Cern eifrig weiter forscht und versucht zu verstehen was der Urknall gewesen ist, so sehr oder noch mehr wünsche ich uns, dass man endlich den politischen Wille aufbringen wird, unser Energieproblem anzugehen. Sowohl im Kleinen (kann es sein, dass in Bern kein Geld mehr für die Unterstützung von Solarprojekte mehr vorhanden ist und die Gesuche bis auf Weiteres warten müssen?) wie auch im Grossen (wie gesagt: es braucht sehr viel Geld um die grosse Durchbrüche in Sachen Technologie zu schaffen).



Wenn ich diese Zeilen nachlese, kommt mir nur "Krut und Rüebli" in den Sinn. Doch Gedanken sind Universen. Und diese gilt es zu erforschen... Der Gedankenboge war der Folgende: Universum - Yin & Yang - alte Völker - Einklang mit der Natur - zukünftige Generationen - Energie Problematik

Das mit den alten Völkern werde ich wieder aufnehmen. Denn es muss uns meiner Meinung nach gelingen, einen Bogen zwischen unserer Technologie-Gesellschaft und einem ziemlichen verloren gegangenen Einklang mit der Natur gelingen. Ein ganzes Universum, dass es anzupacken gilt.
 

morgen-fresse und abfall

 
Wie hatte es begonnen? Ja... In der Hosentasche der Jungen Dame klimpern Münze in Hülle und Fülle, auf dem Weg in die Caféteria — wo sie Abfall treffen wird — bittet sie mich um Geld, ich antworte
Ich glaube jetzt nicht, dass du so kommst...!
Natürlich war eine Pflegerin da, die alles mitbekam. Die Junge Dame schnappt sich das Geld und verlässt, sichtlich verstört, die Station.

Ein ander Mal erzählt sie mir, wie sie in Geldnot sei. Während ich ihr 20 Franken in die Hand drücke, sagt sie mit gequältem Gesicht
Aber es kann doch auch nicht sein, dass du mir immer Geld gibst!
Ich denke mir schon, dass hier mehr dahinter steckt als die puren Fakten, die Ereignisse, doch ich denke mir auch, fälschlicherweise, das kann alles nur halb so wild und folgenschwer sein.

Und dann... dann wird's brutaler. Nach dem sie ein Weekend lang einfach wie vom Erdboden verschluckt war, treffe ich sie und man könnte denken, es sei gar nichts passiert. Wenn ich aber erzähle, ich hätte mir Sorgen gemacht, dann ist das wiederum völlig nachvollziehbar für sie. Das ganze kommt mir immer spanischer vor, als sie dann am Freitag einen Termin mit ihrer Therapeutin in der Harten Klinik hat. Jedenfalls, ist sie Samstag und Sonntag wieder verschwunden. Jetzt habe ich die Schnauzte voll: Verarschen kann ich mich selbst! Da bin ich sogar sehr gut drin und habe lebenslange Erfahrung. Und dann noch ein knappes Jahrzehnt Spezial-Training mit meiner Ex-Frau...

Also rufe ich die Junge Dame an. Sage ihr, dieser Kindergarten könne mir gestohlen bleiben. Um sie zu den Tatsachen zurück zu rütteln, sage ich ihr ich würde zurück zu meiner Ex-Frau gehen. Natürlich weiss sie genau so gut wie ich, dass dies eine leere Drohung ist und dass ich für nichts auf der Welt zurück zu meiner Ex-Frau würde. Es sollte nur eine Parallele darstellen, zu dem was sie gerade mit Abfall vorgibt zu tun.

Pippa, du... du... ach lassen wir das... Hier habe ich eine Frage an dich. Einzig wegen deinem Satz
Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen
bin ich wieder zurück in die Sitzung mit Doktor Y, an dem Abend an dem er mich wieder auf die Akut-Station verfrachtet. Wenn du nicht so heuchlerisch getan hättest, als würde dir etwas an meinem Wohlergehen liegen, wenn du nicht so perfid getan hättest, als wäre auch nur der kleinste professionelle Grund hinter Doktor Y's Handeln, wenn es nicht wegen dir gewesen wäre, hätte ich nicht der Versetzung zugestimmt. Jetzt kannst du mir doch endlich sagen, wer welche Verantwortung übernehmen sollte, damals. Oder? Du dumme Nuss — das musste jetzt doch noch sein!. Sollte ich die Verantwortung übernehmen, den Satz ausgesprochen zu haben, ich würde wieder zu meiner Ex-Frau zurück? Oder wie? Oder was? Wieso kommt mir gerade der Satz meiner Mutter in den Sinn?
Ich würde dich am liebsten aufblasen und verhopsen!

Jedenfalls... Komisch ist auch, dass ich auf der Psychotherapie-Station noch mit keiner Menschenseele über die Junge Frau gesprochen habe bis zu diesem Zeitpunkt, aber dennoch, als ich am Montag bei der ersten Gruppe schon nur sage (ohne Details zu nennen) ich hätte vielleicht über das Wochenende ein klein wenig überreagiert, schütteln schon alle Pfleger kräftig ihren Kopf rauf und runter, meine Worte bestätigend. Wie kann das sein? Woher wissen die denn wann ich wie mit wem überreagiert haben soll? Also weiss man genau, was ich die ganze Zeit sage und tue. So ist das also...?

Für die Junge Dame, wie für mich, nimmt der Albtraum kein Ende. So treffe ich sie doch einige Male auf dem Bus nach Zürich, mit ihrem Abfall zusammen und schwere Einkaufstüten schleppend, während er in aller Ruhe an seinem Bier schlürft und seine Hand gefährlich nahe an ihre Arschbacken bringt — an diesem Tag hat Joe ernsthaft riskiert, mit einer Hand weniger nach Hause zu kommen, wo auch immer sein Zuhause gewesen sein mag.

Ja, denn da war noch die Geschichte mit seiner Unterkunft... Ohne Job und ohne ein Tropfen Selbstachtung, übernachtete er anscheinend bei der Jungen Dame, in der Wohngruppe (nicht deswegen ohne Selbstachtung). Oder so. Einmal traf ich ihn zusammen mit einem anderen Typen, der anscheinend Wohnung in Kloten zu vermitteln wusste. Und sie sind in Kloten ausgestiegen.

Da gab es auch das eine Mal, als ich am Sonntagmorgen, gegen 8 oder 9 Uhr, zum Kiosk lief und plötzlich die Junge Dame traf, die in den Bus stieg. Also... Wenn sie zu besuch war ist es etwas komisch, dass sie schon so früh wieder geht... Nein, eher nicht... Wenn sie in der Klinik übernachtet hat, ist es eher komisch dass dies in völliger Geheimhaltung passierte, obwohl dann eine solche Begegnung wieder möglich war... Also... Irgendwie nicht ganz "natürlich" und nachvollziehbar, diese Sonntagmorgentliche Begegnung...

Aber dies ist noch nichts... Viel früher, da waren wir einmal auf der Akut-Station. Abfall lauerte angeblich irgendwo vor der Klinik, er soll im Wald übernachtet haben um in der Nähe der Junge Dame sein zu können. Weil er psychisch instabil war und völlig besoffen, konnte ihn die Junge Dame überzeugen sich einweisen zu lassen. Oder so. Oder wieder anders. Ein Haufen Blödsinn, jedenfalls... Tatsache ist aber, dass das Handy der Jungen Dame ohne Guthaben war. Ich bot ihr an, mit meinem Handy anzurufen. So kam es, dass sie mit meinem Handy Joe anrief, sich bei ihm entschuldigte für irgendwie irgendwas (obwohl wer sich hier entschuldigen sollte, beginnen wir langsam zu verstehen) und wieder auflegte. Ich werde nie vergessen, wie die Junge Dame aufstand und beim Weglaufen sagte
Ich muss ein schrecklicher Mensch gewesen sein, irgendwann früher!
Ich denke es muss ihr klar gewesen sein, dass sie mit diesem Anruf irgendwas auslösen würde, dass ihr so gar nicht passte.

Behind Blue Eyes #3 by Polineisa

Doch verkauft hatte man ihr, dass nicht sie sondern ich nach all diesen grausamen Taten gefragt haben soll. Ich habe ihr das Handy angeboten, also muss ich die Verantwortung dafür übernehmen, in die Geschichte mit reingezogen zu werden. Praktisch jeder Scheiss der mir wiederfuhr, wurde von mir so... wie soll ich sagen... magisch angezogen... Oder verflucht. Verfluchte Scheisse!!! Das ging so weit, dass die Junge Dame einmal etwas sagte, von jemandem der noch nicht genug hatte und noch mehr wollte und deswegen würde sie vielleicht nun nach Schaffhausen gehen damit dieser jemand genug bekommen würde. Oder so. Ich weiss nicht mehr ob es damals um Ratten, psychiatrische Kliniken, ex-Partner, Ärzte, oder sonst was ging.

Ich soll also nicht genug gehabt haben und immer und immer mehr auf den Kopf wollen? Und sie soll ein schrecklicher Mensch gewesen sein?

Pippa, du alte dumme fette Nuss, du verfluchte mit gespaltener Zunge sprechende Schlange! Ist das so? Hatte ich nie genug? War sie ein schrecklicher Mensch? Pippa, du verfluchte falsche Sau! Ist das so?

Ich möchte dich noch etwas fragen. Dich, Lady Merdamale, die Kampf-Lesbe (wie sie von den Patienten genannt wurde) und die "Therapeutin" der Jungen Dame. Wenn du einen neuen Verehrer hast, machst du da jedes Mal den "Morgen-Fresse-Test"? Muss jeder neue Kandidat auf eine Beziehung zuerst einmal deiner Gestalt ohne Schminke begegnen, wie du aus dem Bett gestiegen bist? Ist Lady Merdamale so zum Schluss gekommen, dass dieser Typ * auch in ihr Bett hüpfen darf? Weil er nicht mit Heulkrämpfe davon gelaufen ist, als er zum ersten Mal sah, wie sie nach der ersten Nacht ausgesehen hätte? Nicht?

* Dieser Typ: Siehe auch den Post "Bilder tauchen auf"


Das verstehe ich jetzt nicht ganz... Wieso wurde die Junge Dame von euch dann gezwungen, eines schönen Morgens vor mir zu stehen, ohne Schminke an ihren schönen Augen und an ihren Lippen? Wieso verlangt ihr sowas von ihr, wenn ihr selbst das nicht praktiziert, in eurem privaten Leben? Was soll dies jetzt bewiesen haben? Wozu soll das gut sein? Wieso kommt ihr überhaupt auf solch unglaublich dämlichen Ideen? Ich sage euch wieso: Weil ihr völlig durchgeknallte Tussis seid (ausser der Kampf-Lesbe: die ist eine völlig durchgeknallte Kampf-Lesbe), durch ihren Wahn die Nuss auf ihren Schultern nicht mehr erkennend. Deshalb!


Nein, meine Heldin. Du bist nie und nimmer ein schrecklicher Mensch gewesen. Ganz im Gegenteil: Hätte es mehr Menschen wie dich, wäre diese Welt ein besserer Ort. Du bist ein ganz spezieller und sensibler Mensch, doch auch mutig und entschlossen. Du bist ein reines Herz, das seinen Weg verloren hatte. Und dieser Umweg hat uns aber wiederum einen gemeinsamen Weg ermöglicht. Vielleicht waren wir also gar nie so verloren. Aber wer weiss das schon? Das ist reine Hypothese. Tatsache ist: Du bist ein guter Mensch, und ich kann mir nicht vorstellen wie dies je hätte anders sein können.

Und... mit oder ohne Schminke: Du bist meine Heldin.
It won't put me down, to see you without make-up.

Bild: Mahira Ateş
 

July 11, 2010

vernunft

 
Irgendwann, während einem Gespräch, sagte Max von der Bundespolizei mal etwas von "Vernunft", von vernünftig sein oder eben nicht sein. Ich unterbrach ihn mitten im Satz und sagte

It's better to regret something you have done,
then to regret something you haven't done.

Er fügte vielleicht ein "Oder so" hinzu...


Vernunft...
Es kann sehr gut sein, dass Menschen die in den letzen Jahren mitbekommen haben was ich alles getan habe und was mit mir so alles getan wurde, mein Handeln als äussert unvernünftig betrachtet haben, immer wieder. Mag sein. Es würde mich nicht überraschen wenn ich zum Beispiel, als mich Doktor Y von der Psychotherapie- auf die Akut-Station schickte, einfach nur gut drauf hätte sein müssen, um ihm jeglichen Wind gegen mich aus den Segeln zu nehmen.

Dies bezüglich hatte mir auch die Junge Dame einen Tipp gegeben. Sie erzählte mir wie sie Joe Abfall begleitete um sich einen schwarzen Anzug zu besorgen, für die Beerdigungen seiner Mutter und Schwester — wir erinnern uns: diese hatten sich kurz nacheinander beide das Leben genommen, oder so. Jedenfalls sagte mir die Junge Dame, Joe Abfall würde gar keinen schwarzen Anzug besitzen. Und da ihr die Wahnärzte Eifersucht für Trauer verkauft hatten, ging sie davon aus ich würde fühlen wie es keinen Grund zur Trauer gibt, also zur Eifersucht ihr gegenüber.

Bei der Jungen Dame würde ich nur Eifersucht kennen, wenn sie dies bezwecken würde. Und wieso sollte sie das? Ich habe schon Frauen kennengelernt, die das von einigen Frauen leider extrem gut beherrschte Spiel spielen, den Mann eifersüchtig zu machen und ihn dazu bringen, Dummheiten zu begehen. Sie machen das, wenn sie die Beziehung beenden möchten und dafür nicht grade stehen wollen. Sie sind dann Meisterinnen darin sind, sich zum Opfer zu machen und die Schuld für das Ende der Beziehung auf den Mann fallen zu lassen. Dies ist grausam und destruktiv, es ist äusserst schmerzhaft für alle Beteiligten. Es ist die reine Unvernunft, lässt die Frau aber im Trugschein der Vernunft erscheinen. Die Junge Dame gehört nicht zu den Frauen, die so vorgehen würden.

Aber zurück zur Trauer des Joe Abfalls, zurück zu meiner vermeintlichen Trauer, zu diesem schwarzen Anzug den Joe nicht hatte: Es war nicht Eifersucht. Es war Unglaube daran, dass man einen Oberarzt in der Harten Klinik so viel Wahn in die Welt setzen lässt. Und damit sogar noch seine Patienten zur Schnecke machen! Schnecke, die übrigens die Junge Dame gern hatte, der Zeichnung auf ihrem Block nach zu beurteilen, als ich sie mal in der Caféteria traf. Aber dies ist ein anderer Kapitel der selben Geschichte...


Vernunft... Ich, von meiner Seite aus, denke immer so vernünftig wie möglich gehandelt zu haben. Wo ich ans Äusserste gegangen bin, war es nur aus dem einfachen Grund, nicht mit Gewissheit davon ausgehen zu können, dass was um mir herum geschah auch mit rechten Dingen zuging. Wenn ich eine Scheibe in der Akut-Station zerschlagen habe, dann nur weil ich völlig fertig gemacht wurde und mir nicht sicher war, ob jemals Gerechtigkeit geschaffen worden wäre. Also musste ich auf eine drastische Situation eine drastische Antwort haben. Oder eine neue drastische Frage: Weshalb?

Vernunft... Es kann gut sein, hätte ich diese Scheibe nie zerbrochen, hätte ich mich nicht runterziehen lassen, wären die Wahnärzte wie die Idioten da gestanden. Doch mich nicht runterziehen zu lassen, das lag nicht in meiner Hand. Dies ist nicht etwas, was ich mit Vernunft oder Unvernunft hätte beeinflussen können. Dies ist mir einfach wiederfahren. Dies wurde mir mit Absicht angetan, von den Wahnärzten. Also sollten sie sich auch dafür verantworten müssen. Dies ist meine ganze Unvernunft gewesen.

Bild: Rafal Olbinski

Meine ganze Unvernunft ist es gewesen zu merken, dass ich das Hamster im Rad bin, um dann zu versuchen aus dem Rad auszubrechen. Als das nicht ging, versuchte ich zumindest die Menschen um mich herum dazu zu gestehen, dass ich in einem Rad am laufen war, obwohl mir die Wahnärzte glauben machen wollten,
"I walk on a trail, with no end in sight".

Denn, unvernünftig, das wäre gewesen, den jungen Pfleger zu schlagen, den sie geschickt hatten um mich anzugreifen, auf der Akut-Station. Doch diese Genugtuung habe ich ihnen nicht gegeben, auch wenn sie sie gewollt und hart herausgefordert hatten. So gewollt und so hart, dass mir Max eines Tages, auf "Besuch" in der Akut-Station sagte, es könne sein dass ich soweit kommen würde, jemanden hier schlagen zu wollen. "Das darfst du nicht!"

Ich darf nicht? Ich will auch nicht! Wieso aber bringt man mich immer wieder, gewollt und gezielt, in die Lage mir dies zu wünschen?

Der junge Pfleger hat mich vor meinem Sohn angegriffen und Partei gegen mich ergriffen. Ich habe nur noch Rot gesehen (Rot, im schwarzen Anzug!), bin zu ihm hin, habe meine Nase 2 cm vor seine platziert und habe begonnen zu schreien, ob er denn völlig bescheuert sei oder nicht mehr alle Tassen im Schrank habe. Ich glaube, ein wenig mulmig ist ihm schon geworden, eine Sekunde lang. Doch die Pfleger haben ja dieses schöne Stück Technik immer bei sich, womit sie dich jederzeit in die Gummizelle stecken und dir ein paar Spritzen in den Arsch verpassen können. Also, für mich ist die Lage, wenn sie sich zuspitze, natürlich immer viel heikler gewesen, als für irgendwen sonst in dieser Klinik.

Doch die Welt endet nicht an den Toren der Klinik. Nicht einmal eine Landesgrenze gibt es dort — obwohl Lanzy, Doktor NO und Doktor Y fest daran glauben. Doch dieses Glaube werden wir ihnen noch austreiben. Denn es ist unvernünftig. Mehr als unvernünftig: ungesetzlich. Und unmoralisch. Und unvernünftig.

Und bei all dem, was sich diese Wahnärzte mit der Jungen Dame und mir geleistet haben — und bei wer weiss wie viel anderen Menschen sonst noch — wäre es absolut vernünftig, ihnen ihren Wahn mit der Peitsche auszutreiben. Oder auf dem Scheiterhaufen. Oder so.