July 11, 2010

vernunft

 
Irgendwann, während einem Gespräch, sagte Max von der Bundespolizei mal etwas von "Vernunft", von vernünftig sein oder eben nicht sein. Ich unterbrach ihn mitten im Satz und sagte

It's better to regret something you have done,
then to regret something you haven't done.

Er fügte vielleicht ein "Oder so" hinzu...


Vernunft...
Es kann sehr gut sein, dass Menschen die in den letzen Jahren mitbekommen haben was ich alles getan habe und was mit mir so alles getan wurde, mein Handeln als äussert unvernünftig betrachtet haben, immer wieder. Mag sein. Es würde mich nicht überraschen wenn ich zum Beispiel, als mich Doktor Y von der Psychotherapie- auf die Akut-Station schickte, einfach nur gut drauf hätte sein müssen, um ihm jeglichen Wind gegen mich aus den Segeln zu nehmen.

Dies bezüglich hatte mir auch die Junge Dame einen Tipp gegeben. Sie erzählte mir wie sie Joe Abfall begleitete um sich einen schwarzen Anzug zu besorgen, für die Beerdigungen seiner Mutter und Schwester — wir erinnern uns: diese hatten sich kurz nacheinander beide das Leben genommen, oder so. Jedenfalls sagte mir die Junge Dame, Joe Abfall würde gar keinen schwarzen Anzug besitzen. Und da ihr die Wahnärzte Eifersucht für Trauer verkauft hatten, ging sie davon aus ich würde fühlen wie es keinen Grund zur Trauer gibt, also zur Eifersucht ihr gegenüber.

Bei der Jungen Dame würde ich nur Eifersucht kennen, wenn sie dies bezwecken würde. Und wieso sollte sie das? Ich habe schon Frauen kennengelernt, die das von einigen Frauen leider extrem gut beherrschte Spiel spielen, den Mann eifersüchtig zu machen und ihn dazu bringen, Dummheiten zu begehen. Sie machen das, wenn sie die Beziehung beenden möchten und dafür nicht grade stehen wollen. Sie sind dann Meisterinnen darin sind, sich zum Opfer zu machen und die Schuld für das Ende der Beziehung auf den Mann fallen zu lassen. Dies ist grausam und destruktiv, es ist äusserst schmerzhaft für alle Beteiligten. Es ist die reine Unvernunft, lässt die Frau aber im Trugschein der Vernunft erscheinen. Die Junge Dame gehört nicht zu den Frauen, die so vorgehen würden.

Aber zurück zur Trauer des Joe Abfalls, zurück zu meiner vermeintlichen Trauer, zu diesem schwarzen Anzug den Joe nicht hatte: Es war nicht Eifersucht. Es war Unglaube daran, dass man einen Oberarzt in der Harten Klinik so viel Wahn in die Welt setzen lässt. Und damit sogar noch seine Patienten zur Schnecke machen! Schnecke, die übrigens die Junge Dame gern hatte, der Zeichnung auf ihrem Block nach zu beurteilen, als ich sie mal in der Caféteria traf. Aber dies ist ein anderer Kapitel der selben Geschichte...


Vernunft... Ich, von meiner Seite aus, denke immer so vernünftig wie möglich gehandelt zu haben. Wo ich ans Äusserste gegangen bin, war es nur aus dem einfachen Grund, nicht mit Gewissheit davon ausgehen zu können, dass was um mir herum geschah auch mit rechten Dingen zuging. Wenn ich eine Scheibe in der Akut-Station zerschlagen habe, dann nur weil ich völlig fertig gemacht wurde und mir nicht sicher war, ob jemals Gerechtigkeit geschaffen worden wäre. Also musste ich auf eine drastische Situation eine drastische Antwort haben. Oder eine neue drastische Frage: Weshalb?

Vernunft... Es kann gut sein, hätte ich diese Scheibe nie zerbrochen, hätte ich mich nicht runterziehen lassen, wären die Wahnärzte wie die Idioten da gestanden. Doch mich nicht runterziehen zu lassen, das lag nicht in meiner Hand. Dies ist nicht etwas, was ich mit Vernunft oder Unvernunft hätte beeinflussen können. Dies ist mir einfach wiederfahren. Dies wurde mir mit Absicht angetan, von den Wahnärzten. Also sollten sie sich auch dafür verantworten müssen. Dies ist meine ganze Unvernunft gewesen.

Bild: Rafal Olbinski

Meine ganze Unvernunft ist es gewesen zu merken, dass ich das Hamster im Rad bin, um dann zu versuchen aus dem Rad auszubrechen. Als das nicht ging, versuchte ich zumindest die Menschen um mich herum dazu zu gestehen, dass ich in einem Rad am laufen war, obwohl mir die Wahnärzte glauben machen wollten,
"I walk on a trail, with no end in sight".

Denn, unvernünftig, das wäre gewesen, den jungen Pfleger zu schlagen, den sie geschickt hatten um mich anzugreifen, auf der Akut-Station. Doch diese Genugtuung habe ich ihnen nicht gegeben, auch wenn sie sie gewollt und hart herausgefordert hatten. So gewollt und so hart, dass mir Max eines Tages, auf "Besuch" in der Akut-Station sagte, es könne sein dass ich soweit kommen würde, jemanden hier schlagen zu wollen. "Das darfst du nicht!"

Ich darf nicht? Ich will auch nicht! Wieso aber bringt man mich immer wieder, gewollt und gezielt, in die Lage mir dies zu wünschen?

Der junge Pfleger hat mich vor meinem Sohn angegriffen und Partei gegen mich ergriffen. Ich habe nur noch Rot gesehen (Rot, im schwarzen Anzug!), bin zu ihm hin, habe meine Nase 2 cm vor seine platziert und habe begonnen zu schreien, ob er denn völlig bescheuert sei oder nicht mehr alle Tassen im Schrank habe. Ich glaube, ein wenig mulmig ist ihm schon geworden, eine Sekunde lang. Doch die Pfleger haben ja dieses schöne Stück Technik immer bei sich, womit sie dich jederzeit in die Gummizelle stecken und dir ein paar Spritzen in den Arsch verpassen können. Also, für mich ist die Lage, wenn sie sich zuspitze, natürlich immer viel heikler gewesen, als für irgendwen sonst in dieser Klinik.

Doch die Welt endet nicht an den Toren der Klinik. Nicht einmal eine Landesgrenze gibt es dort — obwohl Lanzy, Doktor NO und Doktor Y fest daran glauben. Doch dieses Glaube werden wir ihnen noch austreiben. Denn es ist unvernünftig. Mehr als unvernünftig: ungesetzlich. Und unmoralisch. Und unvernünftig.

Und bei all dem, was sich diese Wahnärzte mit der Jungen Dame und mir geleistet haben — und bei wer weiss wie viel anderen Menschen sonst noch — wäre es absolut vernünftig, ihnen ihren Wahn mit der Peitsche auszutreiben. Oder auf dem Scheiterhaufen. Oder so.