November 26, 2011
V-Männer und sonstiges Treiben
Während den letzten Wochen bin ich immer wieder auf eine Frage gestossen, zu der offensichtlich wenige Menschen eine klare Antwort akzeptieren: Besonders in den USA, aber auch in der Schweiz und in ganz Europa.
Die Frage
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Wenn die Polizei oder andere ermittelnde Staats-Behörden eine Person verdächtigen ein Verbrechen begangen zu haben, werden sie von diesem Verdacht dazu ermächtigt, den mutmasslichen Täter zu einem weiteren Verbrechen zu drängen um dadurch die nötigen Beweise erbringen zu können?
Verdächtigt die Bundes-Kriminal-Polizei oder die Polizei eines Kantons einen Mitbürger, ein Verbrechen begangen zu haben, darf sie dann verdeckte Ermittler einsetzen die alles daran setzen, den Verdächtigen in ein neues Verbrechen zu verwickeln?
Reicht der Verdacht, damit Ermittler und Staats-Anwälte proaktiv die äusseren Umstände so manipulieren, dass der Verdächtige wieder in eine Situation kommt, die fast nach einem Verbrechen schreien? Dürfen sie sogar auf den Verdächtigen einreden und ihn fast zu diesem Verbrechen überzeugen?
Ein Beispiel aus den USA hat mich immer sehr gestört, obwohl es in diesem Fall um keinen komplexen Sachverhalt geht und alles sehr unmittelbar geschieht: Eine Polizistin gibt sich als Prostituierte aus und unternimmt alles um einen in einer Bar sitzenden Mann zum Geschlechts-Verkehr zu überzeugen. Bei uns völlig undenkbar, weil wir zumindest was das Thema Prostitution nicht eine so zwiespältige und scheinheilige Gesetzes-Gebung haben wie in den USA. Dort wird nicht darauf geachtet ob der Mann ein Stammgast von Prostituierten ist: Falls er in die Falle tappt, wird die Straftat im Internet Publik gemacht und es wird damit in Kauf genommen, dass sein Leben, und das seiner Angehörigen, in die Brüche gehen könnte. Gesetzt ist Gesetzt, und so weit habe ich nichts zu sagen. Doch hier besteht zumindest eine recht grosse Chance, dass der Mann niemals an diesem Abend mit einer Prostituierten ins Geschäft gekommen wäre, wenn nicht diese Polizistin in auf die Idee gebracht hätte. Ganz zu schweigen, dass er vielleicht auch sonst nie mit Prostituierten zu tun hatte, in der Vergangenheit.
Ganz egal um welches Verbrechen es geht... Ich meine: Wären wir damit einverstanden wenn morgen publik gemacht würde, dass die Polizei verdeckte Beamte dazu benutzt, um in der Raser-Szene Freundschaften vorzutäuschen um dann eine "Kontakt-Person" nach der anderen zu ermutigen, die 300km/h Barriere zu durchbrechen, möglichst noch mitten im Dorf? Was wäre, wenn bei den letzten fünf Raser-Fälle sich nun herausstellt, dass ein Polizist auf dem Beifahrer-Sitz platz genommen hatte und dort Cappuccino und Bier servierte, während er jaulend und singend den Adrenalin-Spiegel des Fahrers ins Sratosphärische jagte? Würden wir das als "angemessen" betrachten? Wäre es uns Grund genug zu hören, dass der Ex-Mann der Schwester der Ex-Frau des Bruders des Verdächtigen auch ein Raser gewesen ist, der einen Unfall baute? Würden wir der Polizei im Chor für ihre gute Präventions-Arbeit danken?
Ich habe schon einige Male meine Zweifel über die Arbeit gewisser Secret-Services zum Ausdruck gebracht. Wie lange ist es her, dass der Geheim-Dienst Israels aus der Ermordung eines Menschen gewollt eine Reality-Show machte, die auf der ganzen Welt ausgestrahlt wurde? Was ist danach geschehen? Hat jemand jemals wieder etwas darüber gehört? Hat diese zu Konsequenzen geführt? Diese "Agenten" liessen zu, dass man sie erkennen würde. Sie benutzten für ihre Aktion europäische Pässe. Echte europäische Pässe, wenn ich mich richtig erinnere. Wie auch immer... Ist es nicht zumindest merkwürdig, was da durchgezogen wurde? In welcher kodierten Sprache war dies eine mehr als deutliche Mitteilung an eine ganze Reihe von Ländern? Die Mafia lässt grüssen, mit ihrer Art Botschaften zu übermitteln.
In Deutschland hat man gerade an der Spitze eines unglaublich grossen Eisberg gekratzt, als sich herausstellte dass ein Mann des Verfassung-Schutzes in der Nähe von mehreren Tatorten gewesen ist, an denen eine Zelle der Rechts-Extremen NSU gezielt Männer von Türkischer Abstammung ermordete. Es zeichnet sich langsam ein Bild wonach diese Rechts-Extremen Terroristen eine sehr professionelle und umfassende Unterstützung durch die Geheim-Dienste hatten, oder Teile davon. Sowas bedeutet, dass sich Terroristen plötzlich mit den besten Waffen eindecken können, ein ganzes Netzwerk von Wissen und Infrastruktur zu Verfügung haben, sich praktisch unsichtbar auf der ganzen Welt bewegen können. Dies geschieht, wenn Mitteln die den Behörden zu Verfügung stehen, welche den Staat sicherer machen sollten, abgezweigt werden. Solche Mitteln bedeuten Macht: Die Macht über dem Gesetzt zu stehen. Man muss sich dessen wirklich bewusst sein, wenn man derartige Mittel in den Händen von Menschen gibt. Menschen... Die immer menschlich sein werden. Mit all den guten Seiten die einen Menschen ausmachen. Den schlechten aber auch, leider.
Wir erinnern uns an das Fichen-Skandal in der Schweiz. Was mich beeindruckt hat, ist die Schilderung eines Mitglieds der mit der Aufklärung der Situation beauftragten PUK. Er erzählte, wie sich verschiedene Mitglieder genannter PUK aufmachten, die Akten direkt in den Archiven der Bundes-Behörde zu sichten, weil sie die von ihnen verlangten Unterlagen zum Teil gar nicht bekamen oder dann erst nach einer radikalen Zensur, die das Nachvollziehen der gemachten Ermittlungen verunmöglichte. Die Mitglieder der PUK waren absolut dazu befugt, die Räumlichkeiten der Behörde zu betreten und dort die Unterlagen zu sichten. Doch, was sie vorfanden, war eine absolut in sich geschlossene Welt. Den Menschen dort war ganz klar anzumerken, dass sie noch nie erlebt hatten, dass jemand von ausserhalb ihre Arbeit auch nur zu Gesicht bekommt. Sie waren wirklich davon überzeugt, dass absolut niemand auf dieser Welt jemals die Befugnis erhalten würde, um diese Archive zu betreten. In der Tat, wurde zuerst der Zutritt kategorisch verweigert. Nach langer Zeit machte man das Angebot, die benötigten Akten zu nennen und dann darauf zu warten, im Büro des Chefs unter seiner Kontrolle. Als man schlussendlich in die Archive gelang, brach offensichtlich für mehrere Beamten eine Welt zusammen: In Jahrzehnten hatten sie so was noch nicht erlebt. Und: Nie und nimmer wären sie von selbst auf die Idee gekommen, so was wäre überhaupt ein Mal eine reale Möglichkeit in der realen Welt.
Ich denke, wir brauchen ganz bestimmt verdeckte Ermittler auf dieser Welt. Ich denke, wir brauchen ganz bestimmt eine gewisse Geheim-Haltung, während bestimmter Ermittlungen. Und dennoch bin ich der Meinung, wir sollten einmal ganz genau definieren können, was für Aufgaben wir den ermittelnden Behörden geben möchten und wie weit sie dabei gehen dürfen. Und wir sollten jegliche Geheim-Haltung nach z.B. 10 Jahren aufheben.
Dürfen wir einen Banker, den wir der Geldwäscherei verdächtigen, durch verdeckte Ermittler in einen neuen, ihm bis dahin völlig fremden Fall der Geld-Wäscherei verwickeln? Ich bin der Meinung, dass wenn wir gute Leute haben, die gute Arbeit machen, können diese den ersten Fall von Geld-Wäscherei beweisen, auch im nach hinein. Wenn dies nicht möglich sein sollte, dann ist der Staat quasi dazu verpflichtet, den Verdächtigen zu überwachen und einen nächsten Fall zu dokumentieren. Doch ich sehe es keineswegs als Aufgabe des Staates, ein Verbrechen hervor zu beschwören, Menschen zu einem Verbrechen zu überreden.
Fander, die solche Mittel gut heissen, werden die ersten sein, die sich eines "Minority Report" bedienen würden. Von der Anstiftung zum Verbrechen bis zur "präventiven Bestrafung" ist der Schritt nicht mehr gross.
Doch in einer Welt, in der nicht einmal eine Psychiatrie ihre Bücher öffnen muss, sind meine Überlegungen vielleicht nichts als Schall und Rauch...
Ihre Antwort?
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Achten Sie vielleicht darauf, dass ihre Antwort dann noch die Selbe wäre, wenn Sie von einer Fiche mit Ihrem Namen erfahren haben...
Der Missbrauch
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Bis hier ging es um eine abstrakte, grundsätzliche Überlegung, die ich nicht erleben musste. Sehr wohl hatte ich mit Menschen zu tun, die Zugang zu Informationen hatten, welche durch Ermittlungs-Tätigkeit gesammelt wurden. Ermittlung oder zumindest tiefgreifender Recherche. Wie auch immer. Nie, vor dem Aufhenthalt in der Harten Klinik, hatte ich das Gefühl man wolle mir Schaden zufügen, man wolle mich in eine für mich folgenschwere Situation bringen. Immer ging ich davon aus, den Einmischungen in mein Leben ein Ende setzen zu können. Dass ich meine liebe Mühe hatte, mich "vernünftig" zu verhalten, ist eine andere Geschichte. Dass ich eigentlich gar nicht wollte, dass diese Einmischungen endeten, hatte damit zu tun dass ich unbedingt wissen wollte wer dahinter stand und weshalb das alles gemacht wurde. Andere Geschichte, anderer Post.
Nun stell ich aber eine konkrete Frage, den grossen Gelehrten in der Harten Klinik, der Krankenkasse Helsana, und wer sonst noch Forderungen stellte: Wie weit dürfen die Mittel der Bundes-Polizei von einer anderen Behörde missbraucht werden? Oder wie weit darf eine andere staatliche Behörde die Bundes-Polizei in eine Lage zwingen, in der sie selbst ihre Mittel anders als vorgesehen einsetzen muss? Wie weit darf man zulassen, dass Menschen seelisch verletzt werden, dass sie leiden, dass sie eventuell irreparable Traumata-Schäden erleiden, selbst wenn dies in deren Interesse sein sollte? Welche Behörde kann derart drastische "Beweise" verlangen, dass schweres Leid über eine 20 Jahre junge Frau und ihre Familie gerechtfertigt zu sein scheint? Oder über einen alten Mann und seiner unmittelbaren Umgebung? Wie um alles in der Welt konnte all das, was ich nach der Harten Klinik erleben musste, überhaupt zu Stande kommen? Wie um alles in der Welt konnte man die Junge Dame dazu verdammen, mir während meinem Abstieg zur Höllen-Pforte tatenlos zusehen zu müssen? Wie ist das möglich, ihr Wahnsinnigen?
Wie kann es sein, dass man mir über Jahre schlimme Dinge antun konnte, dass ich mein Leben subjektiv in Gefahr brachte und mich dem entsprechend auch fühlte und wie kann es sein, dass die Junge Dame entweder die Wahl hatte weg zu sehen oder halt zu zu sehen? Ohne wirklich mich auf eine "normale" Weise unterstützen zu dürfen? Denn, all die Kraft und Unterstützung die ich von der Jungen Dame geschenkt bekam, konnte ich einzig dank unserer besonderen Fähigkeit uns zu verstehen überhaupt wahrnehmen. Wie kann es sein, dass so viel Leid in die Welt getragen wird, und dies unter den Augen des Gesetzes? Unser Gesetzt, vor dem wir alle gleich sind. Oder sein sollten. Gemäss dem, was in den letzten Jahren abging, scheinen Psychiater der Harten Klinik gleicher zu sein, als alle anderen gleichen Menschen. Wie kann es sein, dass jede kleinste Hilfe die wir bekommen haben, jedes kleinste Zugeständniss in unserem Sinn, jedes Detail was uns Kraft schenken konnte, immer sehr teuer und schmerzhaft eingetauscht werden musste? Wie kann das alles sein, frage ich euch!
Werdet ihr das Echo ertragen von all dem Leid der euretwegen in die Welt gesetzt wurde? Werdet ihr das Echo des Weinen der Jungen Dame ertragen können? Werdet ihr mir all das was ich nicht miterleben durfte, wieder geben? Werdet ihr die Schande, die ihr selbst über euch gebracht habt, jemals überwinden können? Denn all das, wofür ich mich eigentlich hätte schämen sollen, wird irgendwann auf euch zurückfallen. Und das ist, ich glaube ihr ahnt es schon, nicht wenig. Nein, es ist nicht wenig.
Um es auf den Punkt zu bringen: Eine Sozial-Arbeiterin machte vor vielleicht 2 Jahren folgende Bemerkung "Man könnte ja dabei wirklich auf die Idee kommen, hier geht es um die persönliche Rache von jemandem!" Das Unglaubliche dabei? In Anbetracht der Ereignisse kam mir diese Idee nicht einmal komplett abwegig vor. Werdet ihr das Echo einer persönlichen Rache ertragen können, ihr Waschlappen?
Also, wer wird der Jungen Dame und mir in die Augen sehen und uns dabei erklären, was in den letzten Jahren so alles abgegangen ist?
Und noch eine allerletzte Frage an die Adresse der Harten Klinik: Ganz ehrlich, ihr ward euch darüber eigentlich absolut sicher, in 1'000 Jahren nicht meine Unterlagen erklären zu müssen, nicht wahr? Dafür Verantwortung tragen und darüber Rechenschafft geben zu müssen? In 1'000 Jahren nicht, habe ich Recht?
November 13, 2011
Berufs-Traum
Ich glaube mich genau daran erinnern zu können, wie ich grosse Pläne für meine Zukunft hatte, wie ich grosse Träume und grössere Ziele hatte. Ich glaube mich genau daran erinnern zu können, wie ich mir nichts so sehr wünschte wie Risk-Asset-Analytiker zu werden. Woher dieser Wunsch kam kann ich nicht genau sagen. Eine weitere mögliche Option wäre Finanz-Mathematiker gewesen, als klare zweite Wahl jedoch. Dann aber geschah etwas. Etwas unerwartetes aber völlig unausweichliches. Ja, ich versuchte mich dagegen zu wehren, ich habe mich wirklich angestrengt. So sehr, dass ich fast vergessen habe zu atmen. Doch jegliche Bemühung war schlussendlich aussichtslos. Irgendwann war es halt soweit und ich... ich musste auf die Welt kommen.
Geburtstrauma == Axel Pätz
Nun lieg ich da, meine Träume fühlen sich wie eine geplatzte Blase. Ja, der Traum ist ausgeträumt, die Blase ist geplatzt. Und es bleibt mir nichts anderes übrig, als mir zu überlegen was ich nun mit meinem Leben anfangen möchte. Vorüber die grosse Party, vorüber das sich von den Wellen des Pools schaukeln lassen, fertig das Leben als müsse man sich um nichts kümmern als das eigene Wachstum, fertig die Nahrung die einfach zu Verfügung steht, Gott weiss woher. Ich weiss nicht so recht, aber ich habe so das Gefühl als stünde die wahre Arbeit erst noch vor mir...
November 12, 2011
1984: Das Kapital
Es kommen mir gerade mindestens 2 Herren in den Sinn, denen ich doch so liebend gerne ein paar Fragen stellen würde. Was würde ich geben, um ein Gespräch mit Karl Marx und George Orwell führen zu dürfen? Um ihnen unsere jetzige Zeit und unsere jetzige Welt zeigen zu dürfen? Um ihre Reaktion darauf erleben zu dürfen?
Da wäre Karl Marx. Wenn der heute sehen würde, womit sich die Politiker in Europa und den USA beschäftigen, der würde seinen Augen und Ohren eher nicht trauen. Da flitzen Kapitale rund um den Globus, genau wie er es vorgesagt hatte. Doch konnte er keineswegs voraussehen, dass wir alle Tag für Tag die Kurse studieren würden, dass die Tagesschau kein anderes Thema mehr kennt, ausser wenn irgendwo gerade gestorben wird. Er würde sich wahrscheinlich die Augen reiben, wenn er mitbekäme wie viele Menschen ihre Ersparnisse verloren haben, beim mitmachen an diesem gigantischen Karussell. Er würde wahrscheinlich lachen oder weinen, wenn er hören würde dass in der Schweiz das in kleinen Gruppen organisierte Poker-Spiel von der Glücksspiel-Kommission verboten wurde, sich aber jeder als Broker versuchen darf, seine ganze Alters-Vorsorge in den Kapital-Strudel verlieren darf — ganz legal. Ich habe Marx (noch) nicht gelesen, doch was würde ich geben um mit ihm zu sprechen? Dann würde ich ihn fragen, ob er (nebst aller Tragik) nicht auch etwas Komik in der Tatsache sieht, dass ausgerechnet die Chinesen zur Zeit die absolut besten Kapitalisten zum Besten geben? Findet er er nicht irgendwie ironisch, dass sie gerade den USA und all den Möchtegern-USA vormachen, wie die offensichtlich effizienteste Art von Kapitalismus aussieht? Eine einzige Partei, keine Menschen-Rechte und der ungebrochene Wille Geld zu machen. Ist das nicht schon fast die Perfektion im Wirtschaften von Kapital? Oder so? Ach, ich hätte so viele Fragen an Karl Marx...
Dann wäre noch dieser gewisse Herr Orwell. Er hätte wahrscheinlich zuerst vor Glück gejauchzt, beim Anblick seinen Films in der Werbung von Herrn Jobbs: Welch schöneres Versprechen hätte man George Orwell machen können, als jedem Mann und jeder Frau auf der Welt die Mitteln zu liefern, um sich vom Big Brother zu befreien? Ich bezweifle, dass ich den Mut hätte, Herrn Orwell die Sendung Big Brother zu zeigen. Zumindest nicht während dem ersten Treffen. Denn er hätte garantiert schon einen genügend grossen Schock wenn er erfahren würde, was letztens über die Telefone von Herrn Jobbs bekannt wurde — nein, wenn er erfahren würde, dass nach dieser Bekanntmachung eigentlich gar nichts geschehen ist. Den Menschen wird also gesagt, dass ab nun an jederzeit in Erfahrung gebracht werden kann, wo sie sich gerade befinden und wo sie sich wann in der Vergangenheit befunden haben (und zwar dank einem dieser Geräte der Serie Befreiung von Big Brother): Die Menschen nehmen es achselzuckend zur Kenntnis und kaufen enthusiastisch weiter. Und ich möchte dies jetzt nicht einmal bewerten, ich möchte nur Herrn Orwell erzählen was im letzten Jahr geschehen ist. Dass ich mich niemals daran gestört habe, dass der Supermarkt mein Kauf-Verhalten bestens kennt und mir dafür 1% Rabatt gibt, scheint mir vernachlässigbar zu sein. Und da wäre noch diese andere Firma, die all unsere Bewegungen im Netz speichert, die weiss was wir wann lesen, suchen, speichern, weiterempfehlen, schreiben. Ja, sie sagt sogar vorraus was wir kaufen werden. Und sie bestimmt mit, welche Informationen uns zu Verfügung stehen! Welch Staunen, für Herrn Orwell, zu erfahren dass Big Brother gar kein Horror für uns Menschen zu sein scheint: Er muss uns lediglich nur richtig verkauft werden. Die Qualität der Werbung und (manchmal) der Ware machen den Unterschied!
Diese zwei Herren müssten heute mit ansehen, wie ihre Visionen irgendwie war geworden sind und irgendwie auch nicht. Sie müssten sich ansehen, wie wir alle auf dieser ihrer, unserer und Gottes Erde völlig freiwillig, mit unserem aktiven und mehr oder weniger bewussten Wirken, ja mit vollem Enthusiasmus, alle zusammen, Teile von dem bedrohlichen "Grossen" geworden sind, dass (ihrer Visionen nach) unsere Lebens-Qualität so sehr bedrohen würde. Und die Herren hatten völlig recht: Unsere Lebensqualität hat dadurch sehr viel einbüssen müssen — zur Zeit liegt Herr Marx weit vorne, doch wer weiss schon was in 20 Jahren sein wird... Ja, wir haben Lebens-Qualität verloren, doch viele von uns haben voller Erwartungen und Träume gerne ihren Beitrag dazu geleistet. Und leisten ihn weiterhin. Weil man uns inzwischen schon zu glauben machte, es könne gar nicht mehr anders sein. Man gab uns zu glauben, all dies sei gegeben.
Armer Herr Marx, armer Herr Orwell. Wie komisch würdet ihr doch im Big Brother Haus daherkommen: Von der Kamera nicht geliebt, vom Publikum nicht verstanden, keine richtigen Emotionen in die Wohnzimmern übertragend. Ihr komische Sonderlinge, ihr antiquierte alte Modelle, ihr in anderer Zeit lebende und der Komplexität unserer Gesellschaft nicht gerecht werdende Idealisten, die den Albtraum einer ganz schlechten Welt hatten. Wir haben sie für euch erschaffen, diese Welt. Wir sind sie am erschaffen. Was meint ihr dazu?
Und Gandhi? Wenn ich an Gandhi denke, kann ich mir vorstellen, dass er absolut entsetzt darüber wäre, was wir aus dieser Welt in den wenigen Jahren machen konnten. Doch er wäre am wenigsten von allen darüber überrascht, dass wir das mit grosser Hingabe und Überzeugung getan haben.
November 11, 2011
vertrauensvoll demokratisch
Inzwischen habe selbst ich fast die Schnauze voll, von all den Nachrichten über Märkte, Politik, Finanzen, Krisen, drohender Rezession, drohender Pleiten, vermeintlicher sozialen Ungerechtigkeit, Rating Agenturen, BIP, Verlangsamung des Wachstums, technische Korrekturen der Kurse, Prognosen, Modelle, Optionen, Aussichten, Gipfel, usw. Ich, der ja auf eine irgendwie komische Weise fasziniert bin, von diesen Märkten. Auf eine vielleicht perverse, masochistische Weise. Ich, der findet die Märkte sind absolut genial, wenn sie endlich die Italiener dazu zwingen, ihren Berlusconi loszuwerden. Ich, habe die Schnauze fast voll... Was sollen dann erst die Griechen fühlen, zur Zeit? Die Griechen, die im Gegensatz zu den Italienern noch eine politische Klasse von einigermassen vernünftigen Menschen haben. Die, bestimmt, ein etwas veraltetes Verständnis von Staat haben, aber immerhin noch ein Verständnis dafür.
Leider freu ich mich nicht nur darüber, dass Berlusconi jetzt gehen muss. Denn ich weiss weshalb er erst jetzt gehen muss: Die Märkte lassen so ziemlich alles durchgehen, niemals aber mangelnde Vertrauenswürdigkeit. Berlusconi kann man nicht mehr vertrauen und das hat ihm den Kragen gekostet. Aber wieso erst jetzt? Ich meine: Er ist doch schon seit einer ganzen Weile unglaubwürdig, in der Welt ausserhalb Italiens. Wieso also haben die Märkte nicht vorher reagiert? Weil er immer noch nach Geld roch, der Cavaliere. Und Geld stinkt bekanntlich nicht. Ohne Gheddafi ist er eh viele Milliarden weniger wert, der Cavaliere. Dass Italien inzwischen Lichtjahre davon entfernt ist, eine Demokratie zu sein, hat die Märkte nie allzu sehr gestört. Ja, man glaubt es kaum, aber mitten in Europa hat sich ein Land von der Demokratie verabschiedet, schon lange bevor es Ungarn tat. Ein Beispiel? Der Angriff, den Berlusconi vor dem Europa Parlament gegen den Abgeordneten Schulz geschwafelt hat? Diese unerträgliche Quängelei, als er sich zu entschuldigen weigert, er der mit Humor gesprochen hat. Er, der sich nicht entschuldigen wird, solange Schulz sich nicht beim ihm entschuldigt. Schulz, der nicht mit Humor sondern ganz ganz böse persönlich geworden ist! Und ich, Berlusconi in Person, sollte mich dafür entschuldigen, ihn als Leiter eines KZs vorgeschlagen haben? Niemals! Nun, diese Bilder, diesen völligen fassungslosen Berlusconi haben die Italiener niemals am Bildschirm zu sehen bekommen! Jawohl: Kein Fernsehsender in Italien hat sich je getraut, die komplette Szene auszustrahlen! In einer Demokratie!
Ja, vielleicht habe ich deswegen die Schnauze fast voll. Weil ich weiss, es kann noch alles viel schlimmer kommen. Ich meine: Es könnte ja zum Beispiel geschehen, dass die Agentur Standard & Poor's Frankreich herabstuft. Und sie könnte unmittelbar danach behaupten, es handle sich dabei um nichts als eine technische Panne. Ja, ich weiss... Sowas ist pure Fantasie, so ein Witz kann nie und nimmer in der Realität geschehen. Ich weiss, ich weiss: Ich male immer alles nur schwarz. Und viel zu wenig weiss. Denn: Was weiss ich denn schon? Sollte es aber jemals zu einer so unglaublichen Geschichte kommen, in der realen Welt meine ich jetzt, dann hoffe ich wirklich sehr, dass Sarkozy ein paar Leute in die Eier treten wird. Ich könnte fast dafür die Hand ins Feuer legen, dass er dabei sogar auf die demokratische Unterstützung von 99% der Frankreicher, ja sogar der Europäer zählen könnte.
Oder vielleicht habe ich die Schnauze fast voll, weil ich die Ökonomen reden höre. Ja, ich höre sie sagen "Also unsere Modelle zeigen ganz genau, dass in der Schweiz dies und jenes geschehen wird. Es ist also völlig absurd so zu argumentieren, wie Sie es gerade tun, mein werter Kollege!" Da kommt mir gerade ein Versicherungs-Angestellter in den Sinn, der Policen nach dem Alphabet ordnet. Doch dies ist wohl eine andere Geschichte. Zurück zu den Ökonomen: Ihre Modelle haben ja auch bestens funktioniert, seit der Jahrtausend-Wende. Oder so...
Vielleicht aber habe ich die Schnauze fast voll, weil ich die selben Menschen sagen höre "Es wäre schon ein wenig kurz gegriffen, wenn man die Ursachen für die aktuelle Lage in der Banken- und Schulden-Krisen suchen würde. Ich möchte daran erinnern, dass es eine Immobilien-Blase in den Staaten gab, vor langer langer Zeit, und ich möchte daran erinnern, dass billiges Hauseigentum für jedermann einem genauen politischen Willen entsprach!" Genau... Doch, dass man der Politik einen solchen Willen sehr schwer hätte büssen lassen, dass eine solche Schnaps-Idee ernsthafte Folgen haben müsse, dieser Wille kam von anderswo. Dass man eine solche reaktionäre Idee der ganzen Welt als "AAA" Papiere verkaufen würde, nein, nicht die Idee, sondern irgendwelchen Müll in einer Verpackung mit dem Foto der Idee und eben den Stempel "AAA" drauf, dieser Wille wurde auch demokratisch geboren. Oder so...
Oder vielleicht habe ich die Schnauze fast voll, weil ich eine viel zu gute Erinnerung zu haben scheine. Ohne jegliche Recherche, ohne einmal Google benutzt zu haben, kommen mir, einem Typ der nichts als Schulden besitzt, aus dem Stegreif zum Beispiel Enron und eine DotCom-Blase in Sinn, und erst dann eine US-Hypothekar-Krise. Dann schiessen mir Goldman Sachs und die Bush Regierung durch den Kopf. Moment... Da kommt mir noch was in den Sinn: Michael Moore. Was hat der jetzt damit zu tun? Und Zeitgeist kommt mir auch gerade in den Sinn. Aber was weiss ich denn schon? Wenn ich etwas recherchieren würde, anstatt dumme Behauptungen zu machen, würde ich eine Ahnung für die Komplexität der Sache bekommen, und verstehen dass einfache Erklärungen völlig kurz gegriffen und somit deplatziert sind, in dieser Angelegenheit.
Doch die Wissenschaft wusste schon: Ein Euro ohne Ausstiegs-Möglichkeit, ohne Plan für die Krise, ist eine Fehl-Konstruktion. Ich frage mich einfach wo diese Wissenschaftler versteckt hielten, während den letzten 20 Jahren. Einige von ihnen waren damit beschäftigt, die demokratisch gewählten Regierungen Europas zu beraten. Für teures Geld. Doch die Politik wollte partout nicht so was hören, damals... sagen sie uns heute. Und wie wir inzwischen wissen: Die Märkte, die Regeln ja alles. Früher oder später. Auf die eine Art oder die andere. Oder so...
Ich frage mich gerade ob ein Ende mit Schrecken nicht besser ist, in gewissen Fälle, als ein Schrecken ohne Ende. Die Frage heute ist: Wie Gross wäre der Schrecken eines Ende mit Schrecken? Davor haben alle einen riesen Schreck! Das Undenkbare würde passieren! Und gerade frage ich mich: Darf man solche Fragen überhaupt noch stellen? Oder schade ich mit der blossen Idee den Märkten? Und somit der demokratischen Gesellschaft? Bin ich Überträger eines gefährlichen Gedankenguts? Eines Virus?
Was auch immer ich sein mag: Die Politiker, die müssen weitermachen. Demokratisch. Von Gipfel zu Gipfel. Von Krise zu Krise. Solange die das Aushalten können. Die EU warnte: "Der neuen Regierung in Griechenland steht eine wahnsinnig hohe Arbeits-Belastung vor". Nein... Das Wort "wahnsinnig" wird wohl nicht im Kommuniqué der EU vorgekommen sein. Aber irgendwie sinngemäss ging das schon. Denn die EU-Politiker schaffen seit einigen Monaten fast Unmenschliches. Wenn sie dann irgendwann umfallen, wenn sie "versagen", werden sie ja demokratisch ausgetauscht. Damit die Märkte ja nicht darunter zu leiden haben. Das will ja wirklich niemand, oder? Oder etwa so?
Ich glaube wirklich nicht wirtschafts-feindlich zu sein. Oder verlange ich schon zu viel von den Märkten, wenn ich die Frage stellen möchte, was für eine Wirtschaft wir überhaupt wollen? Letztlich definierte ein Banker in etwa auf diese Weise eine sozial-nützliche Finanz "Der Sparer und der Markt werden zusammengebracht". Genau: Er sagte "der Sparer". Der Sparer... Nicht der, der sich Geld leiht, um mit dem geliehenen Geld Profit zu machen. Nein. Der Sparer. So einfach. Doch nun, nun, gibt es den Sparer gar nicht mehr. "Wir haben alle über unsere Verhältnisse gelebt". Die Schulden sind in 10 Jahren von so was wie 70'000 Milliarden auf unglaubliche 210'000 und mehr Milliarden gewachsen. In 10 Jahren! Ganz demokratisch. Vertrauensvoll. Wofür wurde das Geld über eingesetzt, ausser Krieg, Terrorismus-Bekämpfung und -Erzäugung, Wirtschafts-Förderung? Und wie viele Tausend Milliarden horten gerade Schweizer Unternehmen, in vertrauensvollem Warten auf bessere Zeiten? Aber zum Glück sind wir durch gerade durch ein Wirtschafts-Hoch, nicht wahr? Zum Glück sind, trotz Schulden überall, wenigstens alle Sozial-Werke Europas in bester Gesundheit! Zum Glück... Angela Merkel kann die Mittel-Schicht um ganze 2 Milliarden Euro dieses Jahr und, man staunt, unglaubliche 4 Milliarden Euro das nächste Jahr entlasten. Ja! Sie schenkt dem Volk das Geld, einfach so! Weil... Was sagte sie, weshalb sie so unwahrscheinlich viel Geld auf einmal verschenken kann?
Während sich die Politiker der EU und USA um ihre Staatskassen kümmern müssen, haben unsere Politiker in der Schweiz das Glück keine Schulden zu haben. Deswegen müssen sie sich nicht um die Finanz kümmern. Das Problem von Geld-Wäscherei wurde mit grossem medialen Echo schon vor Jahren als gelöst erklärt, bleibt also einzig das klitzekleine Problemchen mit den Steuern-Geldern von Griechenland und Kollegen. Denn, so viel sei einfach mal gesagt, nur 4 Fälle wurden von der Finma in Zusammenhang mit Geld-Wäscherei gemeldet. 4 Fälle von 20. Sozusagen 1 von 5. Und... Was will man da tun? Vereinzelte schwarze Schafe gibt es halt immer, so wie absolute Sicherheit nicht zu haben ist. 1 von 5. Der Finanzplatz Schweiz: Das ist 'ne saubere Sache. Whitewashed. Ernsthafte Menschen die ehrliche, ernsthafte Geschäfte machen. Genau.
Und ich habe fast die Schnauze voll, von all dem Vertrauen. Doch ich bin auch ein Optimist: Am Schluss, kann ich gar nicht anders als vertrauen. Und zwar in die Demokratie.
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