December 12, 2009

twist and gone

 
Es ist derart viel geschehen in der Harten Klinik... Um die Harte Klinik... Nach der Harten Klinik... Wegen der Harten Klinik...

Ja. Vor allem WEGEN der Harten Klinik!

Es ist derart viel passiert, dass so vieles mich nun erinnert an dies oder jenes. Es sind so viele die Songs, die teils wie massgeschneidert zur Geschichte der Jungen Dame und mir zu passen scheinen.

Es ist auch so, dass vieles das ich nun schreibe oft einen Zusammenhang mit schon geschriebenem hat. Ich lese aber nicht die alten Posts und lehne mich an diese um weiter zu schreiben. Im Gegenteil: Ich schreibe was mir noch unter den Nägeln juckt und merke dann oft wie es einen Link zu früheren Posts gibt.

Ein wunderbares Beispiel ist der Song "Romeo Had Juliette" von Lou Reed. Ich höre den Song und schaue mir den Text an: Es ist schon fast unheimlich wie gewisse Dinge passen. Und zwar nicht nur Gefühle oder Liebeserklärungen wie man sie überall finden könnte. Es sind sehr präzise und konkrete Details.

Es ist Tatsache, dass ich eine Zeile dieses Songs an der schwarzen Tafel der Akut-Station geschrieben hatte.
it's hard to give a shit these days
Lou Reed
Und eine Weile später
it's STILL hard to give a shit these days
Lou Reed & LET IT SHINE
Ich hatte eine Pflegerin ausdrücklich gebeten, dies in die Patienten-Akte zu notieren, fand es aber nirgends wieder. Vielleicht ist es aber in der Version die an Dritte ging?

Whatever...

Siehe den hier verlinkten Post Lobotomie, von November 2008

Siehe den hier verlinkten Post "Dokumentation", vom Dezember vor einem Jahr. Schon nur beim schnellen Überfliegen dieses Post sehe ich wie es darin um ein Thema geht, das ich in unmittelbarer Zukunft aufnehmen wollte: Nämlich um die "Verwendung von Informationen", wo mich doch Therapeutin Lady Marmelade fragte
Was glauben Sie? Ich würde Informationen zurückhalten?

Und so wird es weitergehen, demnächst. Denn: Jedes von mir angesprochene Thema wurde von der Klinik auch aufgegriffen, verfremdet und in irgend einer perversen und kranken Version wieder ausgelegt. Dazu mehr in den nächste Wochen...



Stark frappierend an diesem Song ist, wie jede zweite oder dritte Zeile was an sich hat...
Caught between the twisted stars
the plotted lines the faulty map
A diamond crucifix in his ear
is used to help ward off the fear
that he has left his soul in someone's rented car.
Praktisch jedes Wort hat eine Bedeutung gehabt, zwischen der Jungen Dame und mir. Auf einige werde ich noch zurückkommen, wie zum Beispiel das Cruzifix...

Ganz zu schweigen von Parfums und Augen...
Oder die Tatsache, dass die Junge Dame plötzlich verschwand
And something flickered for a minute
and then it vanished and was gone



Romeo Had Juliette == Lou Reed

Caught between the twisted stars
the plotted lines the faulty map
that brought Columbus to New York
Betwixt between the East and West
he calls on her wearing a leather vest
the earth squeals and shudders to a halt
A diamond crucifix in his ear
is used to help ward off the fear
that he has left his soul in someone's rented car
Inside his pants he hides a mop
to clean the mess that he has dropped
into the life of lithesome Juliette Bell

And Romeo wanted Juliette
and Juliette wanted Romeo
And Romeo wanted Juliette
and Juliette wanted Romeo

Romeo Rodriguez squares
his shoulders and curses Jesus
runs a comb through his black pony-tail
He's thinking of his lonely room
the sink that by his bed gives off a stink
then smells her perfume in his eyes
And her voice was like a bell

Outside the street were steaming the crack
dealers were dreaming
of an Uzi someone had just scored
I betcha I could hit that light
with my one good arm behind my back
says little Joey Diaz
Brother give me another tote
those downtown hoods are no damn good
those Italians need a lesson to be taught
This cop who died in Harlem
you think they'd get the warnin'
I was dancing when his brains run out on the street

And Romeo had Juliette
and Juliette had her Romeo
And Romeo had Juliette
and Juliette had her Romeo

I'll take Manhattan in a garbage bag
with Latin written on it that says
"it's hard to give a shit these days"
Manhattan's sinking like a rock
into the filthy Hudson what a shock
they wrote a book about it
they said it was like ancient Rome

The perfume burned his eyes
holding tightly to her thighs
And something flickered for a minute
and then it vanished and was gone





 
 

(Über-) Fülle

 
Alles geben die Götter, die unendlichen,
Ihren Lieblingen ganz,
Alle Freuden, die unendlichen,
Alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.

J.W. von Goethe

Auge um Auge

Welchen Mut die Wahnärzte doch hatten, als sie mich wie Ungeziefer zerquetschen wollte.
WELCHEN MUT
Folgende Geschichte kannten sie - ich hatte sie als Beispiel für mein Umgang mit Aggressionen mir gegenüber erzählt
Ich sitze im Zug, von Lugano nach Mendrisio, auf der Rückkehr von der Arbeit. Denke nichts Böses und höre Musik aus meinen Kopfhörern. Zu dieser Zeit hatte ich einen teils farbigen Haarschnitt, die eine Seite des "Hirokesen" war Rot. Auf der anderen Seite des Gang sitzend, ein junger Bursche. Der Kleidung nach schätze ich ihn als Hard-Rock Hörer ein. Irgendwie bekomme ich mit, dass er immer wieder in meine Richtung sieht. Mache mir aber nichts daraus.

In Mendrisio angekommen, steige ich aus dem Zug und schon packt mich eine Hand am Kragen und stösst mich gegen den Pfeiler. Ohne wenn und aber fängt er an, auf mich einzuprügeln. Eindeutig kann er nichts mit Punk-Musik anfangen! Er kommt aber gar nicht dazu, richtig zu schlagen und mir die Schmerzen zuzufügen die er mir wünscht, denn schon wird seinerseits er am Kragen gepackt und hängt nun da, wie ein Hampelmann, mit den Füssen 20 cm vom Boden. Ein Kollege von mir hatte mich gesehen und so die Szene mitbekommen, mit seinen knappen 2 Metern ist er mir auch sofort zu Hilfe gekommen.

Während der Typ an seiner Faust hängt, dreht sich mein Kollege zu mir und fragt mich ob er ihm eine Abreibung verpassen solle. Ich habe etwas gezögert... Einerseits war ich völlig überrollt worden von dieser Attacke aus heiterem Himmel. Andererseits war ich hin und her gerissen, was ich nun antworten sollte. Und, der Typ sollte auch die Gelegenheit bekommen zu erkennen, dass nun sein Arsch dran sein würde. Denn er wäre dran gewesen, bei wahrscheinlich sehr vielen Menschen. Ich antwortete "Nein, Dankeschön. Lass ihn gehen."
Ich habe einige Male an dieses Ereignis gedacht. Dass ich die falsche Antwort gegeben hätte, ist mir ein paar Mal ganz kurz durch den Kopf gegangen, aber nur in den Augenblicken in denen ich mich in diesen Burschen zu versetzen versuchte und mich fragte, wieso um alles in der Welt ich einen vollkommen Fremden, mir unbekannten, mit dem ich noch nie was zu tun hatte und mit dem ich niemals ein Wort gewechselt hatte, ein junger Mensch wie ich, wieso um alles in der Welt sollte ich diesen am helllichten Tag verprügeln wollen? Diese Frage hat mich ein paar Male ziemlich wütend gemacht, und zwar weil ich absolut keine Antwort auf sie finden konnte!

Nun, in der Harten Klinik hatte ich, bezüglich Aggressionen gesagt
Früher bin ich der gewesen, der sogar wenn er verdroschen wurde nicht Rache suchte, auch wenn ihm diese auf dem Tablett serviert wurde.
Dies hatten die Wahnärzte mitbekommen. Mit so einem Menschen hatten sie hier zu tun. Derart mutig sind sie gewesen, derart MUTIG.


Aber vielleicht war dies ja nur die eine Seite, der eine Pol? Wer weiss? Vielleicht war da ja noch ein anderer LET IT SHINE? Und woher kam dieser? Von den Erzählungen meiner EX-Ehefrau? Zusammen mit den Unterlagen meiner früheren "Therapeutin"? Wenn ja... Wieso habe ich nichts darüber erfahren? Wenn ja... Wie beurteilten die Wahnärzte die Episode auf dem Zug? Ich denke nicht, was auch immer meine EX erzählt haben mag, dass die Ärzte deshalb mehr Mut benötigten. Dass sie überhaupt sowas wie Mut brauchten! Im Gegenteil.

Sollte ich aggressiv und gewalttätig innerhalb der Familie sein und sollte ich dermassen unfähig sein mit "nicht unterschwelligen" Aggressionen und der unmittelbaren Bereitschaft zur Eskalation und zum Konflikt umzugehen, desto mehr waren sie sich sicher, ich hätte nie mit ihren Aggressionen umgehen können. Sie waren sich absolut sicher, ich wäre niemals in Stande gewesen, gegen sie anzutreten.

Sie fühlten sich durch eine fälschlichen Annahme in absoluter Sicherheit: Nämlich die Annahme, ich hätte niemals den Mut gehabt einen Versuch zu starten und ihren Aggressionen irgendetwas entgegen zu setzen!!!

Wie sieht denn ihr Märchen-Muster aus? Ich habe nicht die blasseste Ahnung, aber könnte es mir so vorstellen.
Starke Unfähigkeit zum Konflikt, starkes Bedürfnis nach Harmonie, krankhafte Neigung zur Eskalations-Vermeidung, Verdrängung von jeglicher potentiellen Konflikt-Situation, Ausweichen bei verbalen Attacken. Daraus entsteht eine immer frustriertere Persönlichkeit, die ihre Wut und ihre (natürlich existierenden) Aggressionen verdrängt und unterdrückt. Bis dies nicht mehr möglich ist und die Wut in unkontrollierter Form zu Tage kommt, mit Gewalt-Ausbrüchen und eventueller Tätlichkeit.

Und?
Doktor Y?
Lady Marmelade?

Sieht das Märchen vom bösen Wolf in etwa so aus?

WELCH EIN MUT,
ihr Auflagen einer perversen Version von Rotkäppchen.

Was sie nicht beachtet haben ist, dass auch ich eine Grenze habe ab der es heisst
AUGE UM AUGE
ZAHN UM ZAHN



Und diese Grenze wurde überschritten.
Weit.
Weit überschritten.

Siehe auch den hier verlinkten Post "Ausser Kontrolle"

Ja... Die definitive letzte Grenze vor dem Unbekannten wurde überschritten.
Nun werden sie mich kennenlernen.
Nun werden sie uns kennenlernen.

December 11, 2009

Backen-Deckung

Ja... Ich mache immer und immer wieder das Selbe. Es ist bestimmt ein Muster, wahrscheinlich eine "Macke", ziemlich sicher gibt es dafür eine klare Benennung und Definition in der Pathologie, vielleicht ist es ein Fehler - für gewisse Menschen... Dies ist wieder ein klassisches Beispiel dafür wie früher ein Charakterzug einfach als Teil der vielleicht "kauzigen" Persönlichkeit eines Mitmenschen wahrgenommen wurde, doch in der heutigen Gesellschaft und Zeit immer öfters und immer schneller als Mangel betrachtet wird.

Heute wird sehr viel toleriert, mehr als je zuvor in den letzten 80 Jahren etwa. Die Gesellschaft und damit das Individuum "akzeptiert" jede mögliche Neigung, Gewohnheit, jeden Fetisch, jeden Geschmack und jedes Ritual, solange es niemandem Schaden zufügt. Doch dies ist nicht das einzige Kriterium. Die Variable (was sich in der Zeit verändern kann, zusammen mit der aktuellen Mode und den Trends) ist das ausschlaggebende Kriterium für die Festlegung der Toleranzgrenze. Diese Variable ist vielleicht zu einem grossen Teil unterbewusst - oder zumindest nicht bewusst weil nicht ausgesprochen und klar definiert. Es geht dabei um das Wiederspiegeln eines immer grösser werdenden Drucks die jeder Mensch in der heutigen Gesellschaft zu spüren bekommt. Es geht um das "reibungslose Funktionieren" und die Fähigkeit und Bereitschaft immer Höchstleistungen zu erbringen, immer Fit für den alltäglichen Konkurrenzkampf zu sein. Daher ist der Scheitelpunkt zwischen Toleranz und Ablehnung oder Verurteilung von Eigenschaften und Handlungen von Mitmenschen die daraus folgende Beeinträchtigung der Fähigkeit Höchstleistungen zu erbringen, das Gewährleisten von fehlerfreien Funktionieren.

Sobald Leistungsfähigkeit und Produktivität unmittelbar oder auch zu einem späteren Zeitpunkt tangiert werden, dauert es nicht lange bis das Individuum sich in der Illegalität, in der Pathologie, im Unmoralischen bewegen wird.

Somit ist meine fehlende "Backen-Deckung" heute Teil eines Krankheitsbild, wo sie früher vielleicht ganz einfach als Schwäche, Faulheit oder bis hin sogar (je nach Kultur und Fall) zur Tugend.

Ein gutes Beispiel zum darstellen wovon ich hier rede ist, was mit meiner Kollegin aus der Jugend geschah als ich sie besuchte, einige Tage mit ins Tessin zu meiner Familie nahm, und plötzlich als Opfer eines Monstrums neben mir im Bett hatte. Ich knüpfe an diese Geschichte an und erzähle wie es weiterging.

Siehe den hier verlinkten Post "Photo-Kastration" beim Abschnitt "Zum Beispiel"

Nun, ich hatte die Mutter der Kollegin auch persönlich gekannt und wurde von ihr mehrmals als Gast aufgenommen, zusammen mit Freunden. Ich kannte sie und schätzte sie. Doch nie und niemandem, bis zu diesem Post im Oktober 2009 habe ich die Geschichte erzählt. Niemand hat je von mir erfahren, dass diese Kollegin sowas abstruses und verdrehtes geboten hatte. Dass sie mich offensichtlich der schlimmsten Dinge beschuldigt hatte um ihren eigenen Arsch und ihr Gesicht retten zu können. Wie wäre sie wohl dagestanden, muss sie sich gedacht haben, wenn Freund und Familie erfahren, dass sie einfach ab und davon ist, sich ins Bett des langjährigen Kollegen gestürzt hat und für nichts auf der Welt eigentlich zurück in ihr Leben gewollt hätte? Für was für ein Mensch hätte man sie gehalten wenn man erfahren hätte, wie sie bei der ersten Abwesenheit ihres Freundes ohne zu zögern ihr jetziges Leben den Rücken gekehrt hätte, um dann mit tief hängenden Ohren zurück zu kehren und um Vergebung zu winseln?

Hätte ich sie dankend in mein Leben gelassen, wäre dies kein Problem für sie gewesen. Sie hätte dazu stehen können, denn sie hätte ein Leben für ein anderes eingetauscht. Doch als sie realisierte, dass sich ihr kein neues Leben anbot, konnte sie nicht ertragen, was dies in der Welt von Werten und Moral ihrer Mutter für ein Schmach gewesen wäre. Etwas unverzeihliches. Ganz zu schweigen vom Freund, der sie über alles liebte und der zweifelsohne schwerst verletzt gewesen wäre.

Also entschied sich meine Kollegin dafür, ganz kaltblütig und mit höchstem Einsatz beim Pokern zu bluffen. Und sie gewann die Runde.


Ich habe nie versucht die Vorgänge in ein richtiges Licht zu bringen. Mit ihrem Freund am Telefon habe ich sie nicht beim Namen genannt und bei der Mutter habe ich nie versucht, meine Unschuld zu beweisen. Auch bei meinen Freunden nicht. Obwohl diese natürlich von der Geschichte sichtlich betroffen waren. Ein sehr guter Freund von mir, ein enger und für mich wichtiger Freund, war zusammen mit mir Gast bei der Mutter gewesen. Später erzählte er mir einmal
Ich habe mit der Mutter gesprochen. Sie fragte mich, was da geschehen sein mag. Ich wusste nicht genau was antworten und sagte ihr, dass in meinen Augen jeder von euch zweien versucht habe, dem andern zu helfen. Einzig dies könnte ich mir als Erklärung vorstellen: Der eine wollte helfen und hat gehandelt, wie er es für richtig hielt und wie er es gerade tun konnte. Die andere wollte helfen und hat den Umständen und den Fähigkeiten entsprechend gehandelt. Dabei ergaben sich Missverständnisse und das Unheil nahm seinen Lauf. Was genau geschehen ist und wer was in der Tat getan hat, weiss ich wirklich nicht! Doch ich kann mir bei keinem der Beiden vorstellen, dass er Schlimmes anstellen würde und dem andern Schaden zufügen könnte. Mehr weiss ich nicht. Und ich werde auch nicht danach fragen.
Mir war klar, dass ich meinem Freund eigentlich eine Erklärung schuldig gewesen wäre. Mir war klar, dass hier nun plötzlich ein grosses Fragenzeichen zwischen uns stand und ab jetzt stehen würde. Doch ich habe ihm nie die Wahrheit erzählt. Ich habe mich bei ihm bedankt, für seine Worte an die Mutter. Und damit hatte es sich.

In wie fern dies sein Bild meiner Person in Frage stellen würde, konnte ich nicht einschätzen. In wie fern Vertrauen auf der Strecken blieb, konnte ich nicht einschätzen. Und dies tat mir weh. Doch... Ich sagte mir, wenn ich ihm die Wahrheit erzähle, wird sie irgendwann die Mutter erfahren, werden sie unsere gemeinsamen Bekannten erfahren. Ich werde diese Kollegin mein Leben lang nie mehr über den Weg laufen. Ich werde nie mehr mit ihr, ihrem Freund oder ihrer Mutter zu tun haben. Und wenn ich nun die Wahrheit erzähle, schade ich ihr vielleicht auf gröbste Weise und habe nichts davon, denn mein Leben geht weiter wie wenn dies nicht passiert wäre.

Man kann es auslegen wie man möchte. Wer es Feigheit nennt. Wer Mut. Wer Konflikt-Unfähigkeit. Wer Beherrschung. Wer darin das grobe Gegenteil von Grösse sieht. Wer die Grösse selbst.

Ich, für mich, weiss wie es nicht das Scheuen vor der Auseinandersetzung gewesen ist. Für mich ist klar, dass ich ihr nicht noch weitere Steine auf den Weg legen wollte, wo sie mir schon genügend leid tat. Ich weiss, dass ich diese Wahl bewusst getroffen hatte mit den besten Wünschen an die Adresse der Kollegin, mit der Hoffnung sie würde etwas Ordnung in ihr Leben bringen können und ein Wenig zur Ruhe kommen. Ich erinnere mich genau, wie ich ihr nicht böse gewesen bin und wie ich ihr nichts Schlechtes wünschte.

Natürlich... Heute sehe ich zum Beispiel eher wie kompliziert es hätte werden können, wenn irgendjemand im Umfeld der Frau Massnahmen hätte ergreifen wollen. Heute sehe ich eher, wie ich hätte schlecht dastehen können, falls man mich aufgesucht hätte auf Grund einer Anzeige. Doch, ich war mir derart sicher mir keine Schuld vorwerfen zu müssen, dass ich nicht im entferntesten die Möglichkeit gesehen hätte, dass mich jemand objektiv und in der Tat für welche Art auch immer von kriminellem Handeln hätte beschuldigen können. Ja sogar der Verdacht war für mich schon ausserhalb des Denkbaren.


Ich habe, denke ich, in meinem Leben niemals die Kraft und den Glauben gehabt, um bewusst so zu handeln, wie Jesus sprach
Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn! Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin. Will jemand mit dir rechten und dir deinen Rock nehmen, dann lass ihm auch den Mantel. Nötigt dich jemand, eine Meile weit mitzugehen, dann geh zwei mit ihm. Wer dich bittet, dem gib; wer von dir borgen will, den weise nicht ab.
Wenn ich Böses als solches erkannte, habe ich stets dagegen gekämpft. Heute ist mir zwar besser bewusst, dass sich das "Böse" praktisch nie als Solches manifestiert, zu erkennen gibt. Es ist mir eher bewusst, dass jeder Mensch versucht sein Handeln zu rechtfertigen, zu verteidigen. Ich sehe dennoch weiterhin einen grossen Unterschied zwischen Handlungen welche direkt einem Anderen schaden, Leiden zufügen, und solche die es nicht tun. Der Unterschied zwischen Handlung und Wort finde ich hingegen weniger wichtig, denn auch wenn Worte nicht direkt Hautfetzen vom Skelett lösen werden, können diese sehr wohl einen Menschen zum Beispiel hinter Gitter bringen.

Wahr ist aber auch, dass ich immer bewusst an das Gute im Menschen geglaubt habe, dass ich immer hinter einer schlechten Tat auch die Verzweiflung und die Not gespürt habe, die dazu führten. Wahr ist, dass ich immer versucht habe meinen Mitmenschen eine weitere Chance zu geben, dass ich daran glaubte, sie würden anders handeln wenn sie könnten.

Ich habe also nie für eine "Backen-Deckung" gesorgt, wie es die meisten Menschen automatisch und, auch schon nur aus purem Überlebensinstinkt, selbstverständlich tun.

Ob dies nun heute eine Pathologie ist, möchte ich den Spezialisten auf diesem Gebiet überlassen.