January 24, 2009
Episode 1
Vorbereitungen und Generalprobe zu einem vermeintlichen Meisterstück der modernen Psychiatrie
EINTRITT
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LET US SHINE packt seine 7 Sachen und tritt in der "Harten Klinik" ein, nachdem er dies mit seinem Hausarzt abgesprochen hat und ihn dieser dort angemeldet hat. "Er kommt natürlich mit einiger Verspätung," sagt man dort "was kann man von einem Junkie erwarten?". In der Tat muss er sich noch einen Knall setzen, bevor er über die Schwelle tritt: Nicht das Einfachste, sich einliefern um sein Leben - so wie man sie zur Zeit kennt - hinter sich zu lassen. Auch wenn es der grösste Wunsch ist, den man hat. Bewusst einen Schnitt zu machen ist nicht einfach, besonders wenn man irgendwie schon weiss, dass es tiefgreifend sein wird, alles ändern wird. Man weiss, dass es auch schmerzhaft sein wird, zwangsläufig. Denn das "alte Leben" hat seine Bindungen, seine Muster, seine Lieben. Und bei Drogentherapien weiss man, dass der Junkie alle Kontakte abbrechen muss, aus dem Milieu raus, ins Leere springen um überhaupt eine Chance zu haben, seine Sucht zu überwinden. Genauso weiss LET US SHINE, dass er um seine Sucht hinter sich zu lassen, auch vieles Andere hinter sich wird lassen müssen.
Zu diesem Zeitpunkt heisse ich eigentlich noch nicht LET US SHINE, zu diesem Zeitpunkt heisse ich auch noch nicht LETTY, nein... Dies alles wird aber noch sehr schnell kommen... Aber ich werde auch diesen Typ LET US SHINE nennen, der Einfachheits wegen.
Zu Hause war es hart, sehr hart, nicht den letzten Monaten und Jahre. Die Beziehung zu seiner Ehefrau war sowas von kaputt. Er hatte die Nase mehr als voll, seit längerem. Begonnen, hatten die Probleme kurz nach der Hochzeit, 4 Jahre nach dem sie sich kennenlernten. Er dachte, er würde sie inzwischen kennen, doch da wird er merken müssen, dass er sich gewaltig irren sollte. Die Frau verwandelte sich mehr und mehr in einen kaltherzigen Kontroll-Freak, eine "gute Energien Vernichtungsmaschine". Der erste irreparable Riss geschah als er merkte, sie hatte ihm verschwiegen, dass der leibliche Vater des Sohnes ihn zur Adoption freigegeben hatte. Er hatte gesagt, für ihn sei alles in Ordnung, er wolle nur das Beste für den Sohn. Die Risse folgten auf immer kürzere Abstände. Ein zweiter entsand, als sie ihm erzählte, die Familie in Brasilien habe ein Auto beim Bingo gewonnen - in Wahrheit hatte sie es ihr gekauft. Ihn interessierte es schon lange nicht mehr, was sie mit "ihrem Geld" machte. Doch so plump angelogen zu werden... Das Vertrauen war irreparable verletzt worden. Immer öfters.
Im Jahr zuvor war der Sohn an Krebs erkrankt. Beziehungsprobleme sollten auf Eis gelegt werden, solange der Sohn die 2 Erwachsenen brauchte. Er sollte die Konfrontation vermeiden, immer mehr. Denn sie scheute sich nicht, ihn völlig fertig zu machen, vor dem Sohn. Er wollte dies, ihm zuliebe, vermeiden. Und so war er für den Kleinen da und dröhnte sich ansonsten immer mehr zu. Irgendwie war es für den Sohn immer klar gewesen, dass er diese Krankheit überstehen würde. Er beindruckte den Vater sehr, mit seiner Art diese schwierige und schlimme Zeit umzugehen. Als man das Thema der Beziehung zum Tumor ansprach, dass die Mutter eines Bekannten ihrem Tumor einen Namen gegeben hatte, sagte er einfach "Ein Namen geben? Nein! Das Ding gehört nicht mir, es gehört nicht in meinen Körper. Also braucht es auch keinen Namen. Es ist einfach dort, solange wie es braucht, um es zu entfernen!" Und so kam es...
Und LET US SHINE sollte mit der selben Einstellung in die Klinik eintreten. Er hatte inzwischen so lange ein Leben gelebt, dass nicht mehr so hart zu sein brauchte, so lustlos, so deprimierend. Und er hatte so lange gewartet, bis er diesen Schritt angegangen ist. Also war für ihn klar: Einmal rein, das geben was zu geben nötig ist, und dann wieder raus. "Das hier gehst du genau einaml an, nicht mehr nicht weniger. Einmal. Du machst es richtig und dann schluss, aus". Veni vidi vici. Also sagte er beim Eintrittsgespräch "Ich bin hier, um einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen." Er hatte schon viel Scheisse erlebt in seinem Leben, recht viel. Doch eines hatte er nie verloren: Sein Grundvertrauen.
Mit dem Hausarzt hatte er besprochen, er solle auf die Akut-Station gehen, für den Entzug. Danach auf die Psychotherapie-Station, für die Wiedereingliederung. Dass er überhaupt den Schritt machen musste und in die Klinik gehen lag auch damit zusammen, dass er einen Burn-Out erlitten hatte. Nachdem der Sohn von den Ärzten für Gesund erklärt wurde, klappte er definitv zusammen. Er verbrachte mehrer Monate ohne zur Arbeit zu gehen. Die letzten Wochen hatte er auf dem Sofa gelegen, handelsunfähig. Einzig Drogen konnte er sich noch beschaffen, ansonsten ging ziemlich nichts mehr.
Die Arbeit war nicht mehr das Wahre, im letzten Jahr. Er hatte schon die Kündigung erhalten, während der Krankheit des Sohnes, da er immer unzuverlässiger geworden war. Doch, weil er selber krank wurde war die Kündigung als nichtig erklärt worden und es wurde ihm gesagt, sie werde auf den erst möglichen Termin verschoben. Er hatte 2 Teams von insgesamt bis zu 15 Leute unter sich gehabt, in Zürich und Mumbai. Er hatte gerne diesen Job gemacht und ein super Team in Zürich zusammengestellt. Dann wurde die Firma übernommen und verscherbelt, die Krankheit des Sohnes, die Ehekrise und die eigene Sucht hatten den Rest gemacht. Seine Chefs hatten sich immer mehr als korrekt zu ihm verhalten und ihn, soweit möglich, unterstützt.
Also, noch den letzten Knall, um die Türschwelle überhaupt überwinden zu können... Einmal die Türschwelle hinter sich gelassen, gibt es kein Zurück mehr. LET US SHINE wird auch niemals an ein Zürich denken. Er wird diesen schweren Schritt nie bereuen, nie in Frage stellen. Einmal gemacht, ist für ihn der Schritt gemacht. Was auch immer danach kommen sollte,möchte er für nichts auf der Welt diesen Schritt nicht gemacht haben.
DER ENTZUG
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Den Gedanken, sich von der Ehefrau zu trennen, hatte er eigentlich nie fertig gedacht. Denn, ihm war sofort klar, dies hätte riesen Krach verursacht, für alle in der Familie. Und diesen Krach wollte er seinem Sohn ersparen, hatte er doch bei Gott schon genügend durchgemacht, in den ersten 13 Jahren seines lebens. Doch als er sich endlich dem ständigen Stress seiner Ehefrau endlich entzogen hatte, wurde ihm schmerzhaft klar, dass es keine halben Dinge geben könne, ab jetzt: Er musste sich von ihr trennen. Punkt. Ansonsten hätte er es niemals geschafft, sich mit sich selbst genügend beschäftigen, seine Sucht besiegen und den so lang ersehnten und erahnten neuen Lebensabschnitt angehen zu können. Der Therapeut hatte ihm einmal gesagt, schon vor Jahren, "Und ich werde sie nicht mehr los, die von mir hervorgeschworenen Geister!" und hatte damit die Sucht gemeint. Nun war die Zeit gekommen um sie loszuwerden. Brauche es was es wolle. Er hatte sein Leben hinter sich gelassen, als er über die Schwelle getreten war um in die Klinik zu kommen.
In der Klinik wollte er Eines: den geschützten Rahmen um sich mit seinen Problemen beschäftigen zu können. Viel mehr wusste er nicht. Und er dachte, es würde lange Zeit benötigen um überhaupt irgendetwas erreichen zu können. Denn er war schon sehr lange Suchtkrank und hatte es dennoch geschafft, einigermassen erfolgreich zu arbeiten und einem Brasilianischem Kind ein zu Hause zu geben. Er war sich bewusst, dass dies wahrscheinlich seine letzte Chance gewesen wäre, um überhaupt etwas ändern zu können, um das Schiff vor dem Sinken zu bewahren. Er wusste, entweder setzte ich mich in der Lage den Jackpot zu knacken, in den nächsten Jahren, oder ich gehe definitiv unter. Oder... ich mache so wie bis jetzt weiter, was aber unvermeidlich dem Untergehen gleichgekommen wäre, früher oder später.
Er hörte viel Musik und laufte im Korridor der Station einen Graben in den Boden, um sich abzureagieren. Zu beginn konnte er mit niemandem in der Klinik was anfangen, er hatte genügend mit sich selbst zu tun, mit seinem Entzug. Als dieser endlich überstanden war, begann er das Leben ohne familiären Stress zu geniessen. Er war viel im Raucherraum und liess ein mit den Menschen, die er in dieser geistigen Klinik traf: Einige wahren sehr interessante Leute, die auch Einiges in ihrem Leben durchgemacht hatten und sehr viel in Kopf und Herz mit sich herumtrugen.
ALLES FÄLLT LEICHT
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Als der Entzug vorbei war, als der Vorhang zwischen ihm und der Welt gefallen und verschwunden war, sah er wieder das Leben wie es war... Und es gefiel ihm. Zum ersten Mal seit Jahren, beschäftigte er sich wieder mit sich selbst, liess seinen Gedanken freien Lauf, unterdrückte nicht jedes Gefühl das aufkam, die Schmerzhaften genau so wenig wie die Erfreulichen. Seit langem hatte er sich nicht so lebendig gefühlt. Seit langem hatte er sich nicht mehr gefühlt. Zum ersten Mal seit Jahren hatte er bewusst einen Schritt gemacht, einen riesen Schritt, für sich allein, einzig um sich wieder näher kommen zu können, einzig um sich wieder finden zu können. Von anfang an hatte er den Schritt in die Klinik nicht als Niederlage oder Beschämend empfunden - im Gegenteil - er hatte überhaupt keine Mühe und keinen Zweifel damit.
Er merkte, dass er sich mit den schmerzahftesten Gefühle auseinander setzen konnte: Sie hätten ihn wohl nicht umgebracht, er hätte auch diese überlebt, wie er schon alles Schlimme in seinem Leben irgendwie doch überlebt hatte. Also liess er los... Und alles fiel auf einmal leicht, so leicht... Alles kam wie von selbst, alles machte einen Sinn, alles war gut. Sogar die von Tränen durchnässte Nächte waren gut, sogar der Herzschmerz war gut...
Es gab Menschen hier, die es wirklich schwer hatten. Zum Beispiel die, die einen Krieg überstanden hatten, irgendwie. Sie hatten ihn physisch überstanden, doch ihr Verstand und ihre Herzen waren irgendwo in diesem Krieg verloren gegangen. Es gab junge Leute die keinen Besuch der Familien bekamen. Es gab so viele Leute mit riesigem Potential - Potential, dass durch ihre Biographie, ihre Krankheit, den Umständen, das Leben, einfach verglühte und sich in ein Nichts verwandelte. Ein Nichts, dass die riesen Leere nicht zu füllen vermag, dass die eisige Kälte jedesmal noch kälter erscheinen liess.
Er kennt das auch, und wie er dies kennt. Auch sein Leben war immer wieder von Leere gefüllt, die nicht reichte um die Leere wirklich zu füllen. Er hat das Gefühl, so viel Potential verglüht zu haben, ohne es je realisiert zu haben. Doch, wenn er jetzt an seine Kindheit und frühe Jugend zurückdenkt, dann sieht er solche Unmengen an Potential... Und wo ist dieses geblieben? Was ist daraus geworden? Wie konnte es einfach verglühen? Keine Ahnung... Irgendwann war es einfach weg, ohne Geschichte verschwunden, wie durch bösen Zauber. Da. Weg.
Ob er je wieder solch Potential haben könnte, in seinem zukünftigen Leben? Nein, eher nicht... Man ist nur einmal Jung und voller Energie. Nur einmal erhält man ein solch wertvolles Geschenk. Doch... So What? Potential hin oder her. Wenigstens ein Leben wo er sein Leben nicht andauernd verglüht, dies könnte er noch erreichen. Dies könnte ihm zustehen, wenn er bereit ist, die notwendige Arbeit zu leisten, den notwendigen Weg zu gehen. Und, wenn er solch krasse Erfahrungen hinter sich lassen konnte, wenn er nach 25 Jahre Drogen-Abusus noch einigermassen Gesund heute an dieser Kreuzung der Winde steht, dann wird ein Leben ohne an beiden Enden zu brennen ein Kinderspiel sein... Wahrer Genuss!
Plötzlich scheint alles einfach zu sein. Es ist nicht mehr nur das Herz oder nur der Wille, die ihn abwechselnd antreiben. Nun sind es beide zusammen... Was durch die Umstände geschieht und was er sich wünscht was geschehen mag, sind wieder das Selbe! Und es fällt plötzlich alles so leicht!
DIE BEGEGNUNG
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Da ist eine junge Dame in der "Harten Klinik". LET US SHINE kam irgendwie mit ihr ins Gespräch, lernte sie kennen so wie viele andere auf der Station. Doch schon am nächsten Abend, als er Geld wechseln musste, war sie die Erste, die er fragen sollte. Inmitten all dieser "Verrückten" ist sie bestimmt diejenige, die ihm am meisten Vertrauenswürdig erscheint und sie kommt sehr sympatisch rüber. Sie ist fein, kurz gebunden aber vor allem Spontan. Sie hat ein schönes, ansteckendes Lächeln und sie scheint irgendwie "normal" zu sein, sofern "Normalität" überhaupt möglich ist, in einer psychischen Heilanstalt. Sie werden ein paar Mal zusammen in die Caféteria gehen, man trifft sich beim Essen...
Eines Abends kommt er in den Raucherraum und sie sitzt gemütlich da in einer ihrer Verrenkungen, leise weinend. "Que pasa?" fragt er. "Ach, die verstehen doch nichts in dieser Klinik!" sie. "Die möchten unbedingt, dass ich gehe. Möchten mich in einer betreuten Wohngemeinschaft unterbringen. Ich muss bis in 2 Wochen was gefunden haben! Doch ich fühle mich wohl hier, ich fühle mich wie zu Hause. Möchte jetzt nicht weggehen..." "Mädchen, ich bin entsetzt! Du bist hier auf einer Akut-Station und möchtest nicht gehen?" fragte er. Das ging so einige Tage. Sie weinte ständig, er sagte ihr dass eine ganze Welt da draussen auf sie warte, eine Welt die es zu entdecken galt. Sie solle es doch auf einem Bauerhof probieren: Der Kontakt zu Tieren habe schon so vielen jugendlichen in Schwierigkeit gut getan. Sie lächelte als sie ihm versprach, dass sie sich irgendwann demnächst einen Bauernhof angeschaut hätte, der junge Leute mit psychiatrischer Erfahrung aufnimmt. Er sollte sich später an das spezielle Lächeln, an den Sätzen von diesem Abend noch einige Male erinnern. Er sollte sich daran erinnern und jedes Mal daran denken, wie schon damals alles passte... Besonders die Geschichte mit den Tieren!
Irgendwie entstand recht schnell und spontan eine Bindung zwischen den Beiden. Er sah sie als eine Art junge Schwester, die er nie gehabt hatte. Er sah in ihr jemand der verloren war, auf dem Weg des Lebens, schon in ganz jungen Jahren. Jemand der gut sprechen konnte, gut argumentieren, eine kurze Leitung hatte. Sie hatte jemand interessantes kennengelernt, der einige Erfahrung im Leben zu haben schien. Er hatte ihr mal gesagt "Ich möchte mir nicht anmassen nachvollziehen zu können, was du gerade durchmachst, doch eines ist sicher. Sogar ich habe gute Zeiten in meinem Leben erlebt, sehr gute Zeiten sogar... Sogar ich! Also, was soll's? Bestimmt hast du noch so viele gute Zeiten vor dir: Du kannst es dir jetzt gar nicht vorstellen, aber auch du wirst noch dieses Leben lieben!" So hatte noch niemand mit ihr gesprochen.
DIE KLINIK ÜBERNIMMT
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Ab jetzt, wird die Klinik übernehmen. Ziemlich alles was geschieht wird von der Klinik bestimmt. Das Einzige, was der jungen Dame und LET US SHINE an Möglichkeiten übrigbleibt ist sich zu weigern, gewisse Dinge zu unternehmen die von ihnen verlangt werden. Ausserdem werden sie, so gut wie möglich, versuchen die Kommunikation aufrecht zu erhalten, was der Kommunikation unter Häftlinge in einem totalitären Staat ähnelt, denn sie müssen für jede einzelne Information Umwege finden. Die Klinik wird jede erhaltene Information versuchen zu Missbrauchen, um zwischen den 2 Unstimmigkeit und Orientierungslosigkeit zu verbreiten.
Ab hier heisst es also: Bitte wenden Sie sich an die Klinik, um die Fortsetzung der Geschichte zu erfahren.
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