July 27, 2011

ungewollte, nötige Erzählungen

 
Schon mehrmals bin ich Versuche angegangen, zwei Episoden aus meiner Vergangenheit zu erzählen. Mit Überraschung und Beunruhigung musste ich immer wieder feststellen, welche Schwierigkeiten ich damit hatte, auch schon nur einen Beginn zu machen. Dennoch schob ich das Unterfangen immer und immer wieder vor mir her und wurde mir somit immer mehr darüber bewusst, dass ich es nicht vergessen und es nicht dabei auf sich ruhen lassen konnte. Immer deutlicher und gleichzeitig unangenehmer wurde mir klar, dass ich diese zwei Geschichten erzählen musste, aus mindestens zwei Gründen.

Zuerst einmal, weil es die noch fehlenden Teile zur Bewältigung meiner Vergangenheit waren, meine persönliche Aufarbeitung meines Werdegangs und meines bisherigen Lebens. Die Verarbeitung dessen, was mich erst zu dem gemacht hatte was ich heute bin und das ich gerne und mit Dank bin. Doch bevor aus mir der Mensch werden konnte, der gerne diesen ganz bestimmten Menschen ist, hatte es viele lange Jahre gegeben, in dem es mal mehr und mal weniger einer Qual gleichgekommen war, in meiner Haut und in meinem Leben dahinleben zu müssen. Momente der Freude und Gelassenheit, der Dankbarkeit über das erhaltene Göttliche Geschenk waren rare Ausnahmen in einem zähen Fluss aus einem völlig ziellosen und somit sinnlosen aneinanderreihen praktischer Schwierigkeiten und seelischer Leiden. Ja, eine eigentlich absolut uninteressante Geschichte, wie sie Milliardenfach auf dieser unseren und Gottes Erde zu finden ist. Und doch ist es erst diese nichts sagende Geschichte die den heutigen Menschen, den ich bin, überhaupt ermöglichte. Erst diese Vergangenheit, die ich eigentlich niemals als Erzählung so zugemutet hätte, ist nun die spannende Vorgeschichte zu einer mehr als erfreulichen und geglückten Wendung, welche die Geschichte meines Lebens nun genommen hat. Erst dieses nichts-sagende Zuvor konnte dieses viel-empfindende und dankbare Jetzt ans Licht bringen. Erst meine von mir bis vor kurzem schmerzhaft verdrängte Vergangenheit hatte das Flussbett so modelliert, dass nun derartige Wasser-Spiele möglich geworden waren. Erst dadurch wurde der Roh-Stein so grob-geschliffen, dass nun ein richtiges kleines Meisterwerk damit konnte vollzogen werden. Erst diese jahrelange Ausbildung hatte (von mir unbemerkt) nun eine derartige Fülle und eine solche Vielfalt überhaupt möglich gemacht.

Ausserdem können erst diese zwei Geschichte enthüllen, wie es zu dem kommen konnte, was in meinem Leben alles geschah und, rein praktisch, zu dieser unglaublichen Anhäufung an Menschen und Situationen, zu all diesen Zusammenhängen zwischen den Menschen und deren Handeln gebracht hatte, die mein Leben prägen, beeinflussen und teils auch bestimmen sollten. Erst diese zwei Geschichten erlauben es zu verstehen, wie und weshalb, in welcher Verfassung und mit welchen Problemen, ich nach Zürich kam, hier Arbeit und Loge suchte, mein Leben zu organisieren versuchte. Erst diese Geschichten erklären, weshalb ich in Kontakt mit der Polizei des Kantons Zürich, der Bundes-Kriminal-Polizei kam, zu zwei Therapeuten, einer psychiatrischen Klinik, zu sehr sehr wagen Zukunfts-Pläne in Brasilien und einer Familie die von dort stammte kam, und noch vieles mehr. Erst die Vergangenheit, in ihrer ganzen Banalität oder vielleicht eher in ihrer ganzen Authentizität, erst die Vergangenheit in ihrer vordergründigen Unsinnigkeit ermöglichen ein Lesen und Verstehen der Gegenwart und der letzten paar Jahre. Erst all diese Vor- und Rundum-Geschichten können verstehen lassen, wie eine Junge Dame in der Blüte ihrer Jahre in eine solch absurde Situation kann manövriert werden. Wobei hierzu zu sagen ist, dass nicht einmal ich dies wirklich bis zum heutigen Tag verstehen konnte, aber dennoch ziemlich sicher in meiner Vergangenheit der Schlüssel zu einem solchen Absurdum zu finden sein muss.

Und worum geht es, schlussendlich, bei diesen 2 Geschichten? Kurz gefasst, ganz auf das Wesentlichste reduziert, kann behauptet werden, bei den beiden Geschichten geht es um die Beziehungen zu zwei Frauen. Ich sagte ja schon was darüber, dass ich sonst nie auf die Idee gekommen wäre, darüber zu erzählen, nicht wahr? Doch nun sind diese beide Geschichte von einigem Interesse, durch das was auf sie folgen sollte. Diese beide Beziehungen, eine mit meiner Jugendliebe vor mehr als 20 Jahre und die andere mit meiner Ex-Frau bis zur kürzlichen Scheidung, diese zwei Vorgeschichten sind die Schlüssel zu all dem Chaos, das von der staatlichen Gewalt (oder von verschiedenen staatlichen Gewalten) in mein Leben gebracht wurde.

Jede Erzählung über Fakten ohne das Nennen und Ausführen dieser zwei Ausgangslagen wäre, wie es mein Therapeut einmal so schön äusserte, nichts als Knochen, ohne das geringste Fleisch dran. Und, obwohl ich vegetarisch aufgewachsen bin und lebe, finde auch ich jeden Knochen ohne Fleisch dran ziemlich hässlich und langweilig. Also werde ich, Stück für Stück und möglichst ohne mich unter Druck zu setzten, diese Aufgabe hin und wieder angehen. Dazu werde ich entweder pro Geschichte je eine Rubrik oder je einen Blog erstellen, ich weiss es noch nicht. Eine grosse Schwierigkeit besteht in der Unmenge an Verknüpfungen und Konsequenzen die so ziemlich jedes Detail aus diesen Erzählungen auf die Geschichte haben wird, die ich schon seit Jahren hier am erzählen bin. Da ich aber keinen Roman draus machen will, muss ich noch eine geeignete Form dazu finden.

Bis dahin, hoffe ich auf ein Minimum an Energie und mentaler Stärke. Ganz besonders weil ich in den letzten Wochen und Monaten in einer Verfassung verbracht habe, die mir bis anhin unbekannt war und die mir eigentlich gar keine Tätigkeit mehr erlaubte, auch nicht die Kleinste. Über Monate habe ich nur noch gesessen, gelegen und geschlafen. Mehrmals pro Tag musste ich mehrere Stunden schlafen, obwohl ich Nachts dann ohne weiteres bis zu 10 Stunden schlafen konnte. Wenn ich aufstah, musste ich nach wenigen Stunden, völlig erschöpft, wieder ins Bett. Ich konnte täglich auch mehrere Stunden im Bett verbringen ohne zu schlafen und ohne mich auch nur ein bisschen darüber zu ärgern. Ich war derart schwach, dass jede Bewegung zur Qual wurde und das Ruhen in liegender Position zur einzigen wünschenswerten Beschäftigung machte. Nun hoffe ich, wie gesagt, auf eine etwas bessere Form, so wie sie sich in den letzten paar Tagen entwickelt hat.

Hiermit lieferte ich hier gerade ein gutes Beispiel einer ungewollten und dennoch irgendwie nötigen Geschichte, eine zu erzählenden Geschichte. Mal schauen, wie sie weitergeht...