April 18, 2010
Sonntags-Comics
Sonntag. Tag des Herrn. Tag der Sonne. Der Sonne in Ehren. Zeit zu ehren. Tag in Andenken an die Sonne. Zeit zu denken.
Und Sie, Frau Maier, was tun Sie so an einem Sonntag? Zeit mit Ihren Lieben verbringen? Mit Ihren Kindern? Was werden die Wohl eines Tages für ein Frauenbild haben? Frau Maier, wie sieht's aus? Wollen Sie erzählen, unter welchem Vorwand mein Leben zerstört wurde? Oder soll ich es tun? Ich tue's gerne. Doch erzählen Sie trotzdem noch schnell was ich für ein Frauenbild habe. Und was für ein Männerbild. Erzählen Sie's doch, das interessiert vielleicht einige Leute. Bestimmt meine Mutter...
Sie schweigen? Also gut, dann erzähle ich halt, was ich Ihnen eines Tages gesagt habe und zwar als "Therapeutin" und nicht als Psychiaterin (denn wir hätten einen ein klein wenig anderen Umgang gehabt, hätte ich gewusst was aus unseren ambulanten "Therapie-Stunden" eines Tages geworden wäre, das kann ich Ihnen garantieren!!!).
Das ging so. Ich war keine 18 Jahre alt und ich viel unterwegs, viel auf der Strasse. Mit 16 konsumierte ich zum ersten Mal harte Drogen. Mit 14 hatte ich das erste Mal einen Voll-Suff. Jedenfalls, es ging hin und wieder ziemlich hart zur Sache. Eines Abends, hatte ich mit Bekannten etwas gekifft. Als ich nach Hause kam warteten meine Eltern auf mich. Ich weiss nicht mehr, war es wegen der Zeit oder war es wegen meinem Zustand. Vielleicht beides. Jedenfalls redeten meine Eltern auf mich ein, sie versuchten mir die Moral zu machen. Sie versuchten mich zu erreichen, wie es besorgte Eltern nun mal tun. Da ich aber zuvor Cannabis geraucht hatte, erschien mir der ganze Dialog ziemlich surreal.
Ich hatte das Gefühl, meine Eltern zu "durschauen", irgendwie schon zu wissen was in etwa sie sagen würden schon bevor sie es gesagt hatten und, vor allem, ich kannte ihre Argumente und Beweggründe bestens. Und da wir, wie ich schon angetönt habe, nicht grosse Übung in Auseinandersetzungen und im Austragen von Konfrontation im Gespräch und im Dialog hatten, kam es dann so weit, dass ich das Empfinden hatte, 2 Comic-Figuren würden auf mich einreden.
Ja... Dies habe ich Ihnen erzählt. Aber, Sie oberschlaue möchtegern Study Cases Produzentin und Methadon-Leichen Hervorbringerin, einen kleinen Punkt haben Sie anscheinend vergessen: Einen ganz ganz klitzekleinen Punkt. Nämlich, dass ich nicht zu Ihnen gekommen bin und gesagt habe: Meine Eltern sind Comics!!! Sie Idiotin. Ich habe Ihnen gesagt, ich hatte geraucht, und ich hatte dieses Empfinden.
Und Gott bewahre, dies ist der Anfang meiner Odyssee in den letzten 2 Jahren gewesen. Wenn ja, Gott bewahre dass Sie noch den selben Job ausüben!!! Wie auch immer, dies nimmt in meinen Augen überhaupt keine Verantwortung von den Damen und Herren in der Harten Klinik oder in der Villa am Hönggerberg. Im Gegenteil: Ein solch dummer Fehler, eine solche blanke Ignoranz wurde ins Unendliche potenziert.
Wegen was? Wegen eines Joints und etwas Fantasie?
Ich zumindest habe wieder einen Draht zu meinen Eltern, im Rahmen des Möglichen gefunden. Mit meiner Mutter pflegen wir eine sehr gute Beziehung. Was für ein Horror-Comic werden Sie wohl in den Augen Ihrer Kinder eines Tages sein, sollten diese die ganze Wahrheit über diese so traurige Geschichte jemals zu Ohren bekommen?
Ich würde doch so gerne erleben können, wie sie einen solch gravierenden und eigentlich undenkbaren Fehler einem Richter erklären würden, ohne wie die schlechte Karikatur eines schlechten Comics da zu stehen. Aber leider wird ich diese Genugtuung nicht mehr erleben.
Es ist dennoch schon Genugtuung genug für mich zu wissen, dass ich schlussendlich eine solch machiavellische und absurde Geschichte überstanden und womöglich verstanden habe, ohne sie erklärt zu bekommen. Durch nachdenken.
Und Sie, mit all Ihren Kollegen, die Tag für Tag mit Menschen arbeiten, habt solch eine Menschenkenntnis, dass man eigentlich darüber nur heulen könnte. Ich denke schon nur an all dem Scheiss der in der Harten Klinik geboten wurde: Ich wurde am Band angegriffen, und jedes Mal haben sich die Wahnärzte nur noch mehr in den Scheiss geritten, jedes Mal mit der vermeintlichen Sicherheit genau zu wissen, wie ich darauf reagieren würde.
Jedes Mal mit der Sicherheit genau zu wissen, genau voraussagen zu können, was ich als Nächstes tun würde. Wie ich mit dies oder mit jenem umgehen würde. Ich, oder genauso die Junge Dame. Man stelle sich vor: Die Wahnärzte hatte die Junge Dame 24 Stunden am Tag unter Beobachtung, über 9 Monate! Ich kannte sie gerade mal ein paar Wochen! Und die Wahnärzte glaubten uns wie Puppen herumkommandieren zu können.
Wenn diese Leute keine Comics sind...?
Also, Frau Barbéra Maier. Einen lieben Gruss von uns (meiner Mutter, meinem Sohn, meinen Lieben und mir), einen lieben Gruss an Ihre Familie, an diesem Sonntag. Tag des Herrn. Tag der Sonne. Der Sonne in Ehren. Zeit zu ehren. Tag in Andenken an die Sonne. Zeit zu denken.