March 15, 2010

Sorge zur Seele

 
Und dann sagte er zu mir
Vielleicht ist dies einer der Fälle, in denen eine Notlüge angebracht wäre...
Ich dachte, ich höre nicht recht. Ich hatte ihn treffen wollen um seine Meinung zu hören. Um zu hören, was jemand wie er zu meiner Lage meinen würde, was er mir vielleicht dazu raten könnte. Und, generell, interessierte mich auch die Frage, ob der katholische Seelsorger grundsätzlich und grundlegend mein Vorhaben für nicht gut heissen würde.

Ich hatte den Entschluss gefasst, inzwischen: Eine Trennung musste her. Und zwar ohne wenn und aber. Trennung und Scheidung waren unausweichlich und sogar erwünschenswert, inzwischen. Die Lage konnte nur noch bessern, für alle Beteiligte. Und im Gespräch mit meinem Sohn stellte sich ja später heraus, dass er dies auf die genau selbe Weise sah. Die Beziehung zwischen seiner Mutter und mir war nichts Schönes, mehr.

Zu katholischen Seelsorgern hatte ich kein gutes Verhältnis. Ein Schlechtes auch nicht, keineswegs. Ich habe viele freie Nachmittage im "Oratorio" verbracht, beim Spielen auf dem Fussball- und auf dem Basketball-Platz. Im Kino der Kirchgemeinde, am Sonntagnachmittag, hinter dem Tresen um Kaffee zu servieren. Ja, ich habe viel Zeit im Kreise von Aktivitäten die von der katholischen Kirche gefördert und unterstützt wurden verbracht. Aber sie waren mir irgendwie suspekt, die Priester, was weiss ich... So wie Psychiater, zum Beispiel. Denen habe ich schon seit Jahren nicht ganz über den Weg getraut. Seit ich mich früher mal informierte, was der Unterschied zwischen einem Psychologen und einem Psychiater sei, hatte ich Gänsehaut beim Gedanken mich von einem Psychiater therapieren zu lassen. Heute weiss ich, dass Psychiater, so wie jeder Beruf, nur so gut oder so schlecht ist, wie der Mensch der ihn ausübt. Und ich weiss, dass sehr gute Psychiater Tag täglich einen harten und guten Job ausüben, keine Frage. Dennoch, sind die Rahmenbedingungen nicht die Erwünschenswerten, für mich.

Zdenek Janda: Psychoanalysis on Bridge

Bei den katholischen Priestern ist es so, dass der eine, der uns im Tessin Religionsunterricht gab, irgendwie nicht mitbekommen haben muss, dass sogar für Rom seit dem 2. Konzil 1962 jeder Mensch ins Paradies kommen kann. Sogar einer, der niemals von Jesus Christus gehört hat. Sogar die Menschen die vor ihm gelebt hatten, oder die Ureinwohner Amerikas können ins Paradies kommen, nun. Doch dieser unsere Priester wollte dies nicht wahr haben und ich hatte gehört, bei einem der paar wenigen Unterrichte wo ich anwesend war, wie die katholische Religion die einzig wahre sei. Ab dann, war für mich jeder Annäherungsversuch an diese Religion gestorben.

Leider, muss ich heute hinzufügen.

Denn, so wie es super Psychiater gibt, so gibt es natürlich sehr gute katholische Gelehrte, die als Seelsorger arbeiten. Einen habe ich kennen gelernt, im schönen Schloss. Und überzeugte Christen, die praktizieren und ihren Glauben ausleben, habe ich auch kennen gelernt, von denen ich meine sie seien wunderbare Menschen. Und leider hatte ich auch hier schlechte Begegnungen, früher.

So hatte ich über Jahre mit Einem zu tun, der streng Gläubig ist und der die Bibel intensiv studiert. Dieser Mann äusserte Dinge in meiner Gegenwart, die ich an einer Demo des Schwarzen Blocks oder, noch eher, an einer Versammlung der Braunen Hemde erwartet hätte, aber bestimmt nicht von einem "gläubigen Christen". Zum Beispiel, das ist allgemein Bekannt, hört man aus Kreisen in denen man die Bibel liest immer wieder, Schwule gehören aus der Gesellschaft ausgeschlossen, ins Gefängnis gesteckt, damit sie ihre "Seuche" nicht in der Welt weiter verbreiten können. Und dazu kommt mir immer nur Eines in den Sinn: "Und ihr wollt irgendwie "besser" sein, als die die steinigen? In wie fern genau, bitteschön?"

So wie mir jede Art von Intoleranz Angst macht, so macht es mir auch religiöser Fanatismus. Denn dieser kann riesen Schäden verursachen. Und meistens ist der Weg genau der eine, der Intoleranz. Und so kommt es, dass ich nicht weniger Angst habe vor dem "Gott-Gefürchtigen Amerika", als vor anderen fanatischen Gruppierungen. Aber dies ist eine andere Geschichte...



Also stand ich da, und dieser Seelsorger in der Harten Klinik sagt zu mir, ich solle meine damalige Frau anlügen und ihr nichts von meinem Vorhaben erzählen, für dieses Wochenende. Und auch nichts von einer Bekanntschaft, in der Harten Klinik. Ich denke ich bin im falschen Film — was ich dann auch gewesen bin. Wie um alles in der Welt kommt dieser Typ auf so eine Idee?

Nun... Heute bin ich mir nicht mehr so sicher, dass er völlig den Verstand verloren hatte. Vielleicht war er ja auch nur einer der Vielen, der mir auf die eine oder andere Weise lieber hätte ersparen wollen, was noch auf mich zukommen sollte. Ich habe fast 2 Jahre gebraucht, um diesem und anderen Ereignisse irgend einen Sinn geben zu können.

Und so wie ich damals empört war, fühle ich mich heute leer. Doch ich weiss, es war nicht schlecht gemeint von ihm. Ich weiss, er meinte es sogar gut! Im Übrigen meinte er es genauso gut wie der "Künstler-Pfleger", der mir riet keine Not-Lüge zu benützen...

Und jetzt soll mir jemand erklären, wie es dazu kommen kann, dass ein katholischer Seelsorger einem Patienten in einer psychiatrischen Klinik ratet, seine Ehefrau anzulügen...! Ist da nicht etwas völlig drunter und drüber gegangen, in dieser Klinik? Und dies, glaubt mir, ist nicht der Seelsorger. Er wollte ja, er hatte sich gewünscht, für die Seele Sorge zu tragen. Aber... Hat man ihn gelassen?