Seit nun mehr als einem Jahr fühle ich mich wie ein verdammter Hamster in einem verdammten Hamsterrad. Seit mehr als einem Jahr! Egal was... Ich kann tun und lassen was ich möchte: Es ändert überhaupt nichts, rein gar nichts. Ich drehe einfach meine endlosen Runden in meinem Rad.
Immer heisst es nur: WEITER MACHEN
Ich kann zur Polizei gehen um Anzeige zu erstatten.
Kann zum Ombudsmann um die Sache untersuchen zu lassen.
Kann meine Ex-Frau nehmen und versuchen sie auszuquetschen.
Kann zur Patientenstelle und die Sache melden.
Kann meinen mir geschenkten Benzo-Entzug durchziehen.
Kann nachts schweissgebadet aufwachen oder aus dem Hotel stürmen.
Alles was ich jemals hören werde ist: WEITER MACHEN
Aber was heisst es dann: WEITER MACHEN ?
Die Rechnungen zahlen! Nicht mehr, nicht weniger.
Als Joe Strummer den richtigen Satz von sich gab "The Future Is Unwritten" galt das nicht für meine Zeit nach der Harten Klinik. Dort sagte irgend ein wahnsinniger Wahnarzt irgendwann "Der Hamster ist RAUS!"
Ich fragte "Raus? Wieso denn das?" Und hörte zur Antwort "Schritt-Faul!" Was zum Henker...? Ist das hier eine psychiatrische Anstalt oder ein verfluchtes Möchtegern-Basketball-Spiel? "Schritt-Faul?" Wegen dem bisschen Herumgetanze? Wo ist der Schiedsrichter, wo? Wieso versteckt er sich?
Seit dem geht es so
- 2 Jahre Krankentaggeld-Versicherung
- 8 Tage Vorwarnung für den Gang zum Sozialamt, weil bei der Versicherung "ausgesteuert"
- 1 Anmeldung bei der IV
- 1 Vorentscheid der IV: Abgelehnt
- 1 Einsprache vom Hausarzt: Der Grund für die Anmeldung sei nicht Sucht (wie von der IV behauptet), sondern eine Borderline-Störung
- 1 Versuch bei der Arbeitslosen-Versicherung — schlussendlich gescheitert weil nicht arbeitsfähig
- 1 Einstufung der Arbeitslosenkasse unter dem Lebensminimum (SFr. 2'000.--)
- 1 Mal vergessen mir zu sagen, dass ich von heute auf morgen ein Sozialfall werde
- 2 Monate so bei der Arbeitslosenversicherung
- 1 Anzeige wegen Schwarzfahrens, weil ich während Monaten keinen roten Heller im Sack habe
- 1 Mal den schlussendlich befreienden Gang zum Sozialamt (brrr... scary, oder?)
- 1 paar Dutzend unbezahlter Rechnungen (unter anderem Steuer-Schulden für die Löhne der Wahnsinnigen in der Harten Klinik)
- 1 Hammer obendrauf: Die Arbeitslosenkasse möchte im Nachhinein von den SFr. 4'000.-- in 2 Monaten nun mehr als SFr. 600.-- zurück!!! (falsch eingestuft, heisst es)
- 1 Entscheid der IV: Abgelehnt — früher sei es schliesslich auch gegangen
Jeglichen Angaben in dieser Liste entsprechen strickt den Tatsachen und sind nachweisbar. Man glaubt es kaum, wie schnell ein Hamster raus sein kann, wenn ihn jemand dort haben möchte!
Diese Odyssee begann mit einem Brief der Krankentaggeld-Versicherung Helsana. Frau Bracchi schreibt: Ab dem 08.10.2009 erhalten Sie keine Leistungen mehr von unserer Versicherung. Der Brief war am 30. September in meinem Briefkasten. Als ich sie am Telefon habe, meint sie alles sei in bester Ordnung.
Vergessen hat man mir dort 2 Dinge zu sagen. Vielleicht wann ich Ausgesteuert werde? Beim Arbeitslosen-Amt erhält man mit jeder monatlichen Abrechnung eine genaue Übersicht der erhaltenen Leistungen und der noch zu erhaltenden Leistungen. Bei 2 Jahre Kranktentaggeld-Versicherung — nota bene, wie im Brief von Frau Bracchi klar zitiert "mit Unterbrüchen", was die Übersicht meinerseits noch viel schwieriger macht. Ausserdem... Frau Bracchi wusste genau wo ich gewesen bin und dass ich aus psychischen Gründen krankgeschrieben war. Ein Minimum an Unterstützung ihrerseits ist aber anscheinend schon zu viel erwartet. Ausserdem vergass sie mir zu sagen, dass ich nach einer solch langer Krankheit beim Arbeitslosen-Amt nicht mehr mein letzten Lohn versichert habe, sondern dass ich in eine Pauschale "falle", die eben unter dem Lebensminimum steht.
Dies vergass man mir auch beim Arbeitslosen-Amt zu sagen. Weder Frau Barbara Rutschi vom RAV Oerlikon noch Herrn Urs Gautschi von der kantonalen Arbeitslosenkasse hielten es offensichtlich für eine für mich wichtige Information, wie meine Unterstützung aussehen würde. Als die erste Einzahlung von knapp 2'000 Franken auf dem Konto war, ging ich noch von einem Fehler aus.
Doch Herr Gautschi hat wirklich den absoluten Hammer geboten. Ich hatte ihn noch am Telefon, um mit ihm den "Fehler" zu besprechen. Er liess mich in Technokraten-Deutsch irgendwie wissen, dass ich durch einen längeren Ausfall keinen Anspruch auf Kompensation mehr habe, doch durch die Tatsache dass ich krankgeschrieben war, dennoch eine Rahmenfrist erhalte. Oder so.
Dann kam das Gespräch auf die Pauschale. Ich sagte, die von mir besuchte Schule in Mailand sei in der Schweiz anerkannt und ich gelte als gelernter Fotograf. Bei diesem Gespräch sagte Herr Gautschi noch "Und wo steht das?"
Nun, ich weiss nicht wo es steht, du Pappnase. Doch ich weiss, dass das Besuchen des Instituto Europeo di Design in Mailand für 3 Jahre von meinem Vater garantiert nicht bezahlt worden wäre, wenn der Abschluss nicht in der Schweiz anerkannt gewesen wäre. Dies war nämlich definitiv eine Must-Criteria bei der Auswahl der Ausbildungsstelle. Und falls dieses Institut früher anerkannt wurde und es heute nicht mehr sein sollte, kann es dennoch nicht sein, dass auch frühere Diplome zu morte-postuma verdammt werden, oder?
Doch das Beste kommt erst jetzt. Ich hatte Herrn Gautschi am Telefon und das Thema wurde angesprochen. Er sagte, er müsse es abklären, wie es mit der Anerkennung des Diploms aussehen würde. Doch erst Monate später erhalte ich einen eingeschriebenen Brief, man habe mir wegen genau dieser Anerkennung SFr. 600.-- zu viel ausbezahlt. Und ich solle das Geld zurück geben aber pronto! Dies nach dem ich eine Anzeige kassieren musste wegen Schwarzfahrens, weil ich versuchte meine Rechnungen zu zahlen und kein Geld mehr sonst übrig hatte.
Und die allerbesten sind wer? Die IV. Entschuldigung, aber... Zuerst haben sie einen kompletten Bericht vom Schloss, in dem es leide unter einer Borderline-Störung. Der Vorbescheid sagt: Sucht ist kein relevanter Grund für eine IV-Rente.
Also schreibe ich zurück und muss mich zusammenreissen um sie nicht zu fragen ob sie mich verarschen wollen. Ich schreibe eine Borderline-Störung sei offiziell diagnostiziert worden. Wenn ich nicht alles falsch verstanden hätte, würde dies implizit heissen, es habe etwas mit der frühen Kindheit zu tun. Doch, sie hätten bestimmt genügend Fachkräfte um diesen Tatbestand erörtern zu können.
Mein Hausarzt verweist auch auf die Persönlichkeits-Störung und bemerkt, dass Sucht in diesem Fall eine Begleit-Erscheinung sei.
Also kommt der Entscheid der IV: Abgelehnt. Im Bericht vom Schloss würde klar stehen, früher sei es auch gegangen.
Ich bin sprachlos. Ich bin wirklich seit einiger Zeit ganz einfach sprachlos. Dazu ist mir immer wieder nur das Eine eingefallen: Dies kann man auch nur mit einem Junkie bieten. Mit keinem anderen Mitglied unserer Gesellschaft würde man so umgehen können, und da stecke ich meine verdammte Hamster-Pfote ins Feuer.
Fassen wir schnell zusammen (ich werde wieder darauf kommen, denn dies ist wirklich der absolute MIND-BLOWING-HAMMER).
- Ich brauchte dringend eine Pause von Arbeit, Familie und ziemlich allem, weil ausgebrannt
- Liefere mich selbst, über Hausarzt, in die Harte Klinik ein
- Habe die dringend benötigte Pause
- Organisiere mit dem Arbeitgeber den Wieder-Einstieg in den Berufsalltag. Alles was es braucht, ist der Feedback eines Therapeuten, dass ich begleitet wäre im Falle von Komplikationen wie zum Beispiel einer Depression
- Die Harte Klinik nimmt den Kontakt zum Arbeitgeber auf und verbleibt so, dass man sich melden wird um einen Termin zu vereinbaren
- Ich werde von einer Station "geschmissen" und höre von meinem Oberarzt, ich sei Wahnhaft
- Der Arbeitgeber hört nichts mehr von der Klinik, bis ich darauf bestehen werde
- Eine andere Person nimmt nun wieder den Kontakt auf, man vereinbart zum Ersten 2 Versuchstage
- Ich verschwinde 3 Tage in einer Iso-Zelle wo ich zwangsmediziert werde
- Man informiert mich nicht, dass der mit dem Arbeitgeber vereinbarte Versuchstag abgesagt wurde. Ich mache mir deswegen 1'000 Gedanken (in der Iso-Zelle) und bin extrem besorgt, dass schon wieder Probleme auftreten, wo ich doch doch die beste Unterstützung von Seiten des Arbeitsgeber gehabt hätte
- Am Ende der ganzen Geschichte, wird der Antrag bei der IV (Antrag der von meiner Versicherung verlangt wurde!) abgelehnt. Die Begründung ist, dass ich aus eigenen Kräften wieder in den Arbeitsprozess kommen könnte.
Zusammenfassung der Zusammenfassung: Die Harte Klinik hält mich vom Arbeiten fern, weil ich meinen Realitäts-Sinn verloren haben soll. Die IV verweigert mir das Anrecht auf Unterstützung, weil ich aus eigenen Kräften ein selbständiges Leben zu führen im Stande sein soll.
Bin ich gerade wahnhaft-psychotisch, oder stimmt etwas in dieser Geschichte irgendwie nicht ganz?
Ja. Ich schreibe hier, während die Rechnungen sich stapeln. Und ich nicht einmal mehr die Kraft habe, die dringend nötigen Stundungsgesuche zu schreiben.
Aber was bin ich schon? Ich bin nur ein Hamster, ein einem verdammten Rad. Und, ausserdem, bin ich seit der Harten Klinik ganz einfach RAUS. Muss den Schiedsrichter verpasst haben... Aber ich versuche weiter zu machen.
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