July 09, 2010

der Park im Süden

 
Es ist schon hart heutzutage, wo alles im Überfluss vorhanden ist. Wir werden dermassen von Informationen überschüttet Tag für Tag, dass wir gar nicht mehr die Kraft und Aufmerksamkeit haben können, diese zu filtern und zu verarbeiten, das Wichtige hervorzuheben und auf uns einwirken zu lassen. Es ist ein homogenisierter Brei, so wie alles heute homogenisiert wird. Zum Beispiel die Milch: Ich hörte, dies könnte einer der Gründe sein, weswegen die menschliche Rasse immer mehr an Allergien leidet, bis hin zur Lichtunverträglichkeit. Aber zurück zu den Informationen. Satire ist seit je eine wichtige Komponente des Soziallebens, politische Satire wurde auch von den grossen Mächten und von vielen Despoten benutzt (das Dritte Reich machte von Satire einen regen und durchdachten Gebrauch), und natürlich wurde sie genauso gegen diese Mächte und diese Despoten benützt. The Great Dictator von Charlie Chaplin ist ein Meisterwerk, hat er diesen schon für sich exzellenten Film noch zu einer Zeit gedreht, in der sich niemand traute Hitler zu thematisieren, geschweige denn ihn ins Lächerliche zu ziehen. Zuvor, ja, und auch später; doch zu diesem Zeitpunkt war Chaplin der einzige, der sich der so schwierigen Aufgabe widmete, Hitler ins Lächerliche zu ziehen, ohne dabei weder seine Opfer noch den Krieg allgemein zu wenig ernst zu nehmen.






Heute ist es einfacher Satire zu produzieren und sie an den Mann zu bringen, es ist inzwischen jedoch viel schwieriger geworden, diese wirken zu lassen und mit ihr vielleicht etwas auszulösen. So bin ich immer wieder verblüfft, wie intelligent und scharfsinnig, genau auf den Punkt gebracht, soziale Kritik in der Serie South Park geäussert wird. Ein wunderbares Beispiel dafür ist die Episode mit der HIV-Erkrankung der jungen Hauptfiguren und der darauf folgenden Entdeckung einer Heilmethode. Das Rezept lautet: Man nehme Dollarscheine für einen Wert von mehreren Zehntausend Dollar und stecke sie in einen Shaker, man mixe das Ganze und injiziert dann den so gewonnenen "Saft" intravenös in das kranke Subjekt.

Alle freuen sich enorm über diese Entdeckung, viel Leiden und Schmerz können so erspart bleiben. Ein Weisser begibt sich auf Reisen um die frohe Botschaft zu verkünden und fährt mit seinem Jeep zu den Einwohnern von Strohhütten in den Bush. Er kommt an, steigt aus und schreit, man habe endlich ein Heilmittel gegen HIV gefunden. Die Leute zeigen überhaupt keine Reaktion. Der Weisse zögert... "Freut euch!" und fährt weiter.

Dies ist schärfste, knallharte Satire. South Park gegen oft bis und immer wieder über die Schmerzensgrenze. Genau wie unsere Gesellschaft. Und was ist mit solch kompromissloser Kritik an diese Gesellschaft? Sie wird in einem Cartoon auf MTV verpackt und füllt unser Abendprogramm, unter der Sparte Unterhaltung...

So weit ist es gekommen. So weit sind wir gekommen. Die unverblümte Darstellung von Missstände in unserer Welt kann heute mehrere Milliarden Menschen erreichen, jederzeit. Doch sie ist zur Unterhaltung verkommen. Und das Tragische daran ist nicht, dass es eine Serie wie South Park gibt, welche krass mit der Schmerzgrenze umgeht. Das Tragische ist, dass sich die Macher solcher Satire inzwischen in der Sparte Unterhaltung bewegen müssen, um uns überhaupt noch irgendwie erreichen zu können. Nein... nicht einmal dies ist tragisch. Vielleicht ist es tragisch, dass um einen Platz im Abendprogramm zu finden, die Sendung auch voller Geschmackslosigkeiten sein muss: Fürtze, Schimpfwörter, Beleidigungen, politisch unkorrekter Aussagen sein muss? Nein... nicht einmal dies ist tragisch. Tragisch ist, dass man es gar nicht mehr wahrnimmt, dass es als "Blödsinn" abgetan wird. Und bei South Park macht man meisterhaften Blödsinn, meiner Ansicht nach.



Nicht alles was als Blödsinn daherkommt, ist deswegen auch Blöde.