Ich erzähle einem Sozialarbeiter, wie ich von der Helsana ohne Vorwarnung ausgesteuert wurde und so, praktisch von einem Tag auf den Andern, von 8000.- SFr Monatseinkommen zum Sozialfall wurde. Und ich sagte, wie sehr ich dies unglaublich und ungeheuerlich fände, dass eine solche Versicherung nicht die Verantwortung habe, jemanden vor dem Gang zum Sozialamt zu bewahren — zumindest das Möglichste tun und ihn unterstützen, um dies zu vermeiden. Ich meine: Jeder Arbeitgeber muss seinem Angestellten eine Kündigungsfrist gewähren. Wenn die Helsana, als Krankentaggeld-Versicherung, über 2 Jahre lang, mein Einkommen sichert, hat sie nicht die moralische Verpflichtung mir zumindest die Chance zu geben, mein Lebensstandard anzupassen und somit Betreibungen und Pfändungen zu vermeiden, wenn sie ihre Pflicht erfüllt hat?
Die Antwort, die ich damals bekam war ja sehr beruhigend:
Das ist ja nicht so, normalerweise.Also... Um zu Rekapitulieren... Ich werde von heute auf morgen zum Sozialamt geschickt, werde garantiert betrieben, habe (gerade!) eine viel zu teure Wohnung bezogen, und rege mich über die Helsana auf, die das alles hätte vermeiden können. Und da ist ein Typ der sich offensichtlich damit auskennt, wie so was im "Normalfall" abläuft, der mir sagt ich solle mich nicht aufregen, denn normalerweise würde die Helsana nicht so mit ihren Versicherten umgehen. Da ist ja mal eine beruhigende Neuigkeit! Sehr beruhigend...
Nur, das Problem dabei ist, in den letzten 3 Jahren ist mir wahrscheinlich ziemlich Vieles zugestossen, was mich aufgeregt hat doch nicht hätte aufregen sollen, denn "normalerweise" würde es anders laufen. Und dazu kommt, dass ich durch meine Beschuldigungen alle Symptome eines Paranoiden und sogar eines Amokläufers aufweise. Denn, dies ist der typische Schluss den man im Nachhinein bei einem Amokläufer ziehen würde: Man würde sagen dass alle Zeichen da gewesen sind. Aber ich drehe die Sache um und behaupte, dass ich (aus welchen Gründen auch immer) Dinge durchmachen musste die einen Menschen derart in seiner psychischen Stabilität gefährden könnten, dass die Entwicklung von Selbstmord- oder sogar Mord-Gedanken nicht überraschen würden. Ja, im Nachhinein wäre dies sogar ein ziemlich typischer Fall von einem Amokläufer, einem armen, gekränkten Paranoiden, der die ganze Welt gegen ihn sieht. Ganz typisch. Doch, ich werde nicht durchdrehen. Ich werde niemals mehr als eine Scheibe zerschlagen. Das Durchdrehen überlasse ich anderen, wie zum Beispiel Doktor Y.
Und nun frage ich den Leser: Ist das nicht beruhigend zu wissen, dass unsere moderne Psychiatrie aus einem Junkie einen Menschen mit riesen Potential machen kann? Gut, ja, das Potential zu Verwüsten und zu Töten... Aber Potential! Einer der Aufträge der Psychiatrie lautet ja, den Patienten dabei zu unterstützen seine Potentiale zu entdecken und zu entfalten. Nun, die Harte Klinik und die Helsana haben hier ganze Arbeit geleistet!
Für mich beruhigend: Ich habe noch ganz andere Potentiale.
Zdenek Janda: Fighter
Nicht destruktive Potentiale. Aber auch die des Kämpfen. Denn, diesen Kampf sehe ich nicht als destruktiv, hilft er mir doch beim Überleben. Und, sollte er auch nur einen einzigen Menschen davor bewahren können ähnliches zu erleben wie ich, dann ist er das Wert gewesen. Wenn all das Leiden, das ich überwinden musste, zur Bewahrung anderer dienen kann, dann könnte ich sogar damit leben. Doch so weit ist es noch lange nicht. Also beruhige ich mich und kämpfe weiter, in einer Welt des Hieronymus Bosch.
Spokes for the Wheel of Torment == Buckethead & Dan Monti
Most of the paintings by Hieronymus Bosch