December 09, 2009

Bereit zum Abtauchen!

Eine Frage habe ich an die Leitung der Harten Klinik, an Direktor Gebrochene Lanze, an leitenden Arzt Doktor NO, aber auch an Oberarzt Doktor Y und an Therapeutin Lady Marmelade.
Habt ihr einen "tiefst möglichen Punkt"?
Ich meine: Gibt es für euch einen Punkt bei dem ihr euch sagt: "Bis hier und nicht weiter"? Und ich meine dies nicht irgendwie aus Respekt für einen Patienten, aus ethischen oder moralischen Gründen (diese Hoffnung ist bei mir vor einiger Zeit auf nicht mehr wiedersehen verflogen). Nein! Ich meine aus ganz persönlichen Gründen. Um ein winzig kleines Bisschen an Würde noch bewahren zu können, sollte zum Beispiel einmal eine Tochter oder ein Sohn mitbekommen, von irgendwem erfahren was ihr so getrieben habt. Gibt es einen Punkt bei dem ihr euch sagt
Ich bin schon sehr sehr tief gesunken, aber tiefer als hier möchte ich wirklich nicht!
Gibt es sowas? Oder könnt ihr nicht einmal dies euren Kindern vorweisen, als Beispiel für vorbildliche Eltern?


Und, wenn ihr bereit seid, euch ohne zu zögern in den Abgrund zu stürzen bis hin in die Unterwelt, sind andere damit einverstanden sich mitreissen zu lassen oder stellt sich die Frage gar nicht und wer für euch arbeitet hat zu springen wann immer ihr einen Sprung wünscht?

Pfleger Geissmann... Ich habe die niveauloseste Geschichte gehört, die nicht einmal ich in meinen dunkelsten Phantasien mit hätte ausdenken können. Die geht in etwa so. Die Junge Dame bittet ihn am Valentinstag um eine Schlaftablette, so stark dass ein Arzt sie verschreiben sollte. Sie bittet und bittet und bittet. Irgendwann bekommt sie ihre Tablette und geht zu Bett. Geissmann sagt mir, er habe die Junge Dame noch nie dermassen glücklich gesehen wie an diesem Abend. Sie erwidert, dies stimme nicht ganz: Auch am Tag an dem die Kostengutsprache kam, seien es grosse Glücksgefühle gewesen. Mein Verständnis ihrer Freude: Am nächsten Tag tretet sie - treten wir beide - aus der Akut-Station aus. Es geht, und zwar steil, Bergauf!

Einige Zeit später, einige kleine Streitereien und Versöhnungen später (davon werde ich auch noch erzählen) zeigt mir die Junge Dame mit Stolz und Freude etliche Tabletten in ihrer Handtasche, offensichtliches Zeichen für ihren reduzierten Konsum und den progressiven Abbau. Wirklich und definitiv ein Grund zur Freude, die ich mit ihr aus ganzem Herzen teile! Etwas schöneres gibt's kaum für mich, zu dieser Zeit: Miterleben zu dürfen, wie wir beide auf dem Weg zur Genesung sind.

Wie schon seit einer ganzen Weile wird die Junge Dame etwas sagen, dass für mein Gefühl nicht wirklich zu ihr passt, dass irgendwie nicht mit dem grossen Bild passen möchte. Wie schon öfters zuvor sagt sie etwas und ich werde das Gefühl nicht los, dass dies nicht nur ihre Worte sind. Aber: Was weiss ich schon? Sie sagt
Wenn ich die verkaufen würde, könnte ich ziemlich etwas an Geld zusammenbringen!
Call me naive, aber irgendwie passt das nicht wirklich zur Situation und zu der Jungen Dame: Kann es wirklich sein, dass beim Teilen einer solchen Freude, bei einem solchen Erfolg in ihrer Genesung, bei diesem wichtigen Schritt aus der Hölle in Richtung Welt, sie sich Gedanken macht über das Verkaufen von Tabletten auf dem Schwarzmarkt? Und kann es sein, dass sie das Bedürfnis verspürt diese Gedanken gerade mit mir zu teilen? Aber zu denken, es gehe hier vielleicht um meine Reaktion wäre ja schon paranoid, oder?

Jedenfalls sage ich ihr, meiner Meinung nach solle sie dies sein lassen. Sie schliesst die Tasche und das Thema ist auch abgeschlossen.


Viel viel später wird man mir, wie schon so oft, ein paar Äusserungen hinschmeissen, die aber unweigerlich nur zu einem Gedankengang führen können, bei mir. Und man lässt mich 2 Dinge vermuten
  1. In dieser Nacht, der Valentinsnacht, hat die Junge Dame genau so wenig diese Tablette genommen wie sie sie auch später nicht mehr genommen hat. Folglich: Es könnte sein, dass sie nicht durchgeschlafen hat wie ich vermutete, es könnte sein, dass sie Besuch von Pfleger Geissmann bekommen hat.

  2. Noch niveauloser ist der 2. Fetzen an Infos... Irgendwie kursiert das Gerücht, die Junge Dame musste rausgeschmissen werden, weil sie sich für sexuelle Begegnungen in Tausch gegen Medikamente angeboten haben soll. Ich meine... Ich denke dies spricht für sich und muss gar nicht mehr von mir kommentiert werden. Was man mir nicht schlüssig mitteilt: Ist dies jetzt ein Gerücht den ich hören sollte, ist es eine Beschuldigung die wirklich hinter dem Rücken der Jungen Dame in der Klinik ausgesprochen wurde, oder dies oder jenes oder sonst noch was...
Das Tragische an der ganzen Geschichte ist ja, dass die Junge Dame mehrmals über Pfleger Geissmann mit mir gesprochen hatte
Also, von der Bettkante würde ich ihn bestimmt nicht stossen!

Nun frage ich euch Wahnärtze was. In welchem Sinn hat die Junge Dame mir dies damals gesagt? Was wollte sie damit zum Ausdruck bringen? Was wollte sie mir mitteilen?

Wisst ihr was? Ich habe ein Minimum an Anstand und Respekt, dass ich jedem Menschen den ich begegne entgegenbringe. Ich finde einfach sowas gehört sich und es ist für mich auch völlig normal und natürlich. Umso mehr, wenn ich einen Menschen liebe: Es ist selbstverständlich, mich immer wieder in Frage zu stellen, nichts als Selbstverständlich zu betrachten. Und gerade bei der Jungen Dame, habe ich mich immer wieder in Frage gestellt. Habe gedacht, dass bei aller Liebe sie vielleicht Dinge erfuhr, die mich in ein anderes Licht stellten. Doch dann kam immer wieder der Gedanke: Wenn sie solche Dinge erfahren hat, dann von wem und weshalb?

Ihr seid einfach ein Häufchen Wahnärzte, die sich sogar die besten Eigenschaften eines Menschen nehmen und in Scheisse verwandeln. Schamlos und ohne zu zögern seid ihr bereit gewesen, die Junge Dame in die schlimmste kleine Schlampe zu verwandeln, in meinen Augen. Und... Here we go again! In meinen Augen! Die Augen die in die Augen der Jungen Dame gesehen haben!

Oh je... Ihr kleine Wahnhäufchen. Eure Kinder tun mir sowas von Leid. Zumindest so sehr wie euch mein Sohn als Kind eines Junkies leid tat!

Und, weiter, würde mich auch noch interessieren, wie sich Pfleger Geissmann bei dieser ganzen Sache fühlte. War sein Enthusiasmus kaum zu bremsen, an dieser Charade teilnehmen zu dürfen? War er voller Freude, den genauen Fahrplan meines Absturzes schon bei meinem Austritt aus der Akut-Station zu kennen?

Denn, es gab einen genauen Fahrplan. Den gab es sehr wohl und er war unter anderem mit dem Geburtstag der Jungen Dame verknüpft. Aber dies ist eine andere Geschichte und eine andere Schande, die ihr euren Kindern beim Weihnachtsfeuer an Heiligabend erzählen könnt...