June 08, 2021

Nils Melzer:
«Don't switch off the fire alarm!»

 
Julian Assange ist schon seit einer ganzen Weile aus den Schlagzeilen und mit allem was auf der Welt gerade passiert, ist er in der öffentlichen Wahrnehmung schon längstens vergessen gegangen, doch Assange ist noch immer im Gefängnis, er ist in absolut kritischem Zustand und sein Leben steht auf dem Spiel. Ich glaube, ich kann nichts sinnvolles darüber schreiben, wo doch Menschen darüber sprechen, die in einer viel besseren Position sind, um der Welt mitzuteilen, was sich hier für eine menschliche Tragödie abspielt, eine von Staates wegen gewollte Tragödie, gegen welche die internationale Gemeinschaft so gut wie nichts unternimmt.

Hier eine kurze und kraftvolle Ansprache von Julians Partnerin und Mutter der gemeinsamen Kinder Stella Morris, welche sie in Genf gehalten hat, wo gerade die Statue von Julian Assange, zusammen mit denen von Edward Snowden und Chelsea Manning ausgestellt sind. Im Video kommen im zweiten Teil auch noch andere Unterstützer der Causa-Assange kurz zu Wort, wie z.B. sein Vater, Yanis Varoufakis, Abby Martin, Noam Chomsky und Edward Snowden. acTVism Munich ist ein Kanal der sich immer stark für Julian Assange eingesetzt hat und der sich bemüht klarzumachen, dass hier die Pressefreiheit auf dem Spiel steht, dass kein Verräter oder Spion von mehreren Staaten in einer gemeinschaftlichen Aktion unterdrückt wird, sondern ein einfacher Bürger, investigativer Journalist und News-Verleger.




Autor unbekannt
Statuen von (beginnend von rechts):
Edward Snowden, Julian Assange, Chelsea Manning



Powerful Speech  ==  Stella Moris
[11’Min. 34”Sec.]




Die deutsche Übersetzung sollte bald folgen und ich werde sie hier verlinken.



It is an aberration that Julian is not a free man:
in no sane world can this be normalized.

Stella Moris




Ich möchte hier noch Prof. Nils Melzer posten, der UN-Sonderbeauftragte gegen Folter, der sich für Julian Assange einsetzt, seit er sich mit dem Fall beschäftigt, weil was er dabei herausfand ihn so erschüttert hat. Er scheut sich nicht die Sachen bei ihrem Namen zu nennen und sowohl das perönliche Schicksal von Assange, die Folter die er erleiden muss, wie auch das grössere, geopolitische Bild zu zeichnen, in dem sich mehrere Staaten zusammenrotten um zu verhindern dass die Wahrheit über ihre Machenschaften ans Licht kommt und um mit der Folter eines Menschen, der neue Wege geschaffen hat um diese Wahrheiten an die Öffentlichkeit zu bringen. Diese Folter soll als Mahnmal für mögliche Nachamern dienen, als abschreckendes Mahnmal.




Autor unbekannt



The Case Julian Assange  ==  Nils Melzer
[17’Min. 38”Sec.]




Deutsche Version:
https://youtu.be/KDA9ELU1NXU



Ich muss an dieser Stelle schon wieder auf Roger Schawinski zu sprechen kommen, der in seiner letzten Sendung "Roger gegen Markus" mit grösster, vorgespielter Empörung von dem Fall berichtete, als das Militär von Weissrussland vor einigen Wochen einen Linienflug von Ryanair, das gerade das Land überflog und in Richtung Litauen unterwegs war, zur Landung zwang, angeblich wegen eines Bomben-Alarms. Es wurde zwar keine Bombe gefunden, dafür aber ein oppositioneller Politiker, Roman Protassewitsch, den die Staatsmacht suchte, und der unmittelbar verhaftet wurde. Ich möchte keineswegs diesen Fall verharmlosen, denn es wäre in keinster Weise zu tolerieren, dass ein Diktator wie Alexander Lukaschenko einen Linienflug zur Landung zwingt um so einen politischen Feind ins Gefängnis stecken zu können. Was mich aber so unglaublich stört an Schawinskis' Berichterstattung ist die Tatsache das er vergessen hat zu erwähnen, dass Weissrussland behauptet, der Anruf, der vor einer Bombe an Bord dieses Fligers warnte, aus der Schweiz gekommen sein soll. Ich halte es nicht für unmöglich, dass schweizer Geheimdienste, unter falschen Voraussetzung, das Lukaschenko-Regime dazu verleiten, ein Linienflug zur Landung zu zwingen, im Wissen, dass wenn der Flieger einmal am Boden sein wird, es ganz sicher den Ermittlern auffallen wird, dass sich ein zur Festnahme ausgeschriebener politischer Dissident an Bord befindet und dass sie ihn dann verhaften werden.

Diese Unterlassung ist der erste Grund, weshalb ich mich so sehr über Schawinskis Beitrag aufrege, doch noch viel mehr rege ich mich auf, für das was danach kam: er meinte, es könne auf keinen Fall sein, dass ein Diktator einen Präzedenzfall schaffe, eine noch nie zuvor genutzte Taktik anwenden um eines Oppositionellen leibhaft zu werden, denn diese Methode könnte einreissen und Nachahmer finden, und dies sei absolut nicht tolerierbar. Ich muss hoffentlich nicht betonen, dass ich natürlich auch der Meinung bin, solche Methoden dürften auf kein Fall zur Normalität werden, doch ich rege mich so sehr auf weil Schawinski schon wieder vergessen hat "eine Kleinigkeit" zu erwähnen, nämlich dass das ach so demokratische Österreich vor nicht allzu langer Zeit genau dasselbe getan hatte, nämlich einen Flieger vom Himmel zu holen, um ein von einem Drittstaat gesuchten Menschen verhaften zu können — dieser Mensch war Edward Snowden, der Drittstaat war Amerika, der Flieger war ein Präsidial-Flugzeug von Bolivien das über diplomatische Sonderrechte verfügte und Österreich hatte nicht einmal den Vorwand des Bombenalarms, sondern gab ganz offen zu, Snowden verhaften zu wollen, womit sie besagte diplotische Rechte, ganz abgesehen vom international Flugrecht, verletzt hatten.

Schawinski empört sich über Lukaschenko, seinem Mangel an Verständnis von Demokratie und von internationalen Gesetze (was alles stimmt) und vergisst dabei, vor lauter Propaganda-Eifer, dass ein EU-Staat und Nachbar seines Heimatlands genau dieselbe Aktion, nein eine noch krassere weil auch noch die internationale Diplomatie verachtend, durchgeführt hatte, um einen Menschen hinter Gitter zu bringen, welcher der gesamten Welt ein unschätzbar wertvolles Geschenk gemacht hatte, das Geschenk der Fähigkeit zu erkennen, was hinter den Kulissen gespielt wird, was der Magier von Oz hinter dem Vorhang treibt, in welch einer Welt der totalen Überwachung wir schon seit geraumer Zeit leben. Doch all dies sind vernachlässigbare Details für Schawinski, dem es viel wichtiger ist Propaganda gegen Lukaschenko zu betreiben, der (fast vergass ich es zu erwähnen) siehe da, sich dem CoVid-Narrativ wiederstetzt, doch dies ist eine andere Geschichte. Oder vielleicht doch eben nicht?



Ich habe diese Geschichte über Schawinski erzählt, weil ich glaube dass es ein Beispiel dafür ist, wie Propaganda falsche Vorstellungen und falsche Weltbilder verbreitet, welche wiederum die Voraussetzung sind, dass auch soganannte demokratische Staaten noch damit davonkommen konnten, einigen Menschen jegliche Rechte zu entziehen und sie sogar schlimmster Folter zu unterwerfen. Der Fall Julian Assange zeigt uns ganz klar, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, bis endlich die offenschichtliche Wahrheit ans Licht und ins Bewusstsein der Bevölkerung kommen kann und bis derartiges monstruöse institutionelle Verhalten nicht mehr toleriert wird. Wir haben einen langen Weg vor uns, bis sich die internationale Gemeinschaft mindestens genauso empört über das Unrecht, das Assange und seiner Familie oder Snowden oder Manning zugefügt wurde, wie das Unrecht das ein Lukaschenko verübt.


Don't Turn Off the Fire Alarm   ==  Nils Melzer
[3’Min. 12”Sec.]





Ladies and gentlemen, we are in Geneva: it's the city of the United Nations, it's the city of the Red Cross and
it's the city of Human Rights. I'm standing here next to Edward Snowden, Julian Assange and Chelsea Manning. The truth is all of them are being persecuted, mistreated and demonized for one thing and one thing only: for having told the truth the whole truth and nothing but the truth about the misconduct of western democracies. They are the skeletons in the closet of the west.

Their persecution and mistreatment is what destroys the credibility of the west. When the western governments today protest against the persecution of Alexey Navalny and of Roman Protassewitsch those governments only laugh and ask: "Well, what about Edward Snowden who is being protected in Russia? What about Julian Assange who's in solitary confinement without having committed a crime but telling the truth? What about Chelsea Manning who is being persecuted to the point of almost dying in an attempt to suicide?"

Whistleblowers and journalists that publish those informations are inconvenient truth tellers. They're as inconvenient as the fire alarm in your house: when a fire goes off in your house and there is smoke, you hear the alarm. We all know the drill: we have to leave the house, we have to leave our work, our daily routine: it's inconvenient. And many voices come up and say: "Well, just switch off the alarm!" That's what these governments are trying to do when they persecute and isolate and silence these people: they're silent silencing the fire alarm in the building of democracy and the rule of law. And if i stand here on this chair it's because i was the fire alarm in the UN for this case and i rang the alarm bell and i wrote to these governments and informed the public, but they wanted to switch off the alarm. No one reacted.

So we are inconvenient truth tellers, the four of us and the millions of others that are out there that speak the truth, inconvenient truths. You can switch off the fire alarm for now and you will feel comfortable for a couple of more moments, but the next time you open your eyes and you wake up and you look around, the whole building will be on fire! It's now in the hands of the public to react.

Thank you Geneva for hosting us here. Thank you for giving us this platform, but I know this voice goes out to the world.


Nils Melzer - June 10, 2021





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