February 14, 2010

Magic Carpet on the Bus

 
Heute habe ich mir ein Geschenk gemacht und habe mir den Film angesehen, den ich eigentlich mit der Jungen Dame vor 2 Jahre sehen wollte. Und während Doktor Y seiner Patienten Tipps gibt, einen Film wie No Country for old Men anzusehen (absolut der beste Film für Patienten einer Psychischen Anstalt — oder, Doktor Y? hast du den Tipp wiederum von deinem Direktor Gebrochene Lanze?) während er also seine Patienten in solch einen Film schickt, weiss ich heute weshalb es nicht sein sollte, zusammen mit der Jungen Dame ins Kino zu gehen und Into the Wild von Sean Penn sehen.


Standbild von No Country For Old Men, Geheimtipp von Doktor Y

Es sollte nicht sein. Und zwar, weil der Darsteller alleine in einem Bus stirbt, auf seiner Suche nach sich selbst und nach der Liebe. Mein ganz persönlicher Bus ist die Harte Klinik gewesen. Dort habe ich nicht nur den Weg zur Liebe gefunden, nein, dort habe ich so vieles mehr entdeckt!

Doch, wie das Schicksal so wollte (oder so), antwortete mir die Junge Dame "Kino ist nicht so mein Ding." Dies sollte eine der vielen Aussagen sein, die ich im Laufe der letzten 2 Jahre aus dem Mund gewisser Leute gehört habe, doch mit ziemlicher Sicherheit immer gedacht habe, sie würden nicht aus ihrem Kopf oder ihrem Herz stammen. Doch darauf werde ich zurück kommen.

Jedenfalls, hatte ich meinen Bus in der Harten Klinik gefunden. Dort hatten die Junge Dame und ich auch einen Magic Carpet gefunden.

Ich respektiere den Protagonisten der wahren Begebenheit von Into the Wild sehr. Er ist seinen Weg gegangen, seiner inneren Stimme gefolgt. Und er hat sein Ziel erreicht. Ich bin ohne Weiteres der Meinung, die Geschichte von Christopher Johnson McCandless ist ein Film wert. Denn sie sagt uns so viel, so unglaublich viel über unseren Weg als menschliche Wesen auf diesem Planeten. Sie erzählt uns so viel über die ewige Suche des Menschen nach Erfüllung, Glück und Liebe. Und sie erzählt uns, in dem sie es auslässt, so unglaublich viel über die unendlich vielen Umwege die wir gehen können, bis wir zu uns selbst finden.

Szenen aus dem Film Into The Wild.
Das weisse Viereck ist der Bus, inmitten der Wildnis Alaskas.
 
 
Selbstauslöser-Bild von Christopher Johnson McCandless. 1968  †1992
Vor dem Bus in dem er starb.

Und leider musste Christopher nach seiner wichtigsten Erkenntnis sterben. Umgebracht von einem Unkraut. Auch mir hat ein Unkraut sein Gift abgesondert. Auch ich wurde durch eine Verwechslung schwerst krank. Ein Teil von mir ist in der Harten Klinik gestorben, umgebracht von Doktor Y und seines Gleichen. Umgebracht von Wild Sweet Pea (Hedysarum Mackenzii) — was ich tragischer weise für einen Psychiater gehalten hatte — von mir verwechselt mit Wild Potato oder Alaska Carrot (Hedysarum Alpinum) — was sich als Psychopath herausstellte.

All dies hatte man mitbekommen. Als ich dann, sterbend, draussen war, hat man sogar zugeschaut. Man hat Hilfeleistung untersagt und gar verboten! Man stelle sich das mal vor...!

Mein Therapeut ist, unter anderem, im Vorstand der Patientenstelle. Dies habe ich erst vor wenigen Monaten erfahren. Doch diese Tatsache, genauso wie Tausend andere, wurde wahrscheinlich vorgeschoben um Dinge zu unterstellen die nie gewesen sind. Ich kann mir bildlich vorstellen, wie mein Therapeut zum Täter gemacht wird. Nach dem ich natürlich der erste Täter gewesen bin. Die Junge Dame hat auch ihre Täterschaft abbekommen. Und so weiter und so fort.

Alle sind Täter? Ihr verrückte wahnsinnige Psychopathen? Alle sind Täter ausser euch? Und mit euch meine ich Doktor Y, Doktor NO, Gebrochene Lanze, Lady Marmelade, Frau Sooo Schööön, die Therapeutin der Jungen Dame, und all die anderen Wahnsinnigen die dieses Spiel mitgespielt haben. Aber auf diese werde ich auch noch zurück kommen.

Und all die Andern? All diejenigen, die keine Täter gewesen sind, von mir aber für solche gehalten wurden? Wie vielen Menschen wurde ich ungerecht? Wie vielen? Ich weiss es heute nicht. Werde es aber eines Tages wissen. Und für jeden von ihnen, verfluche ich euch einmal mehr.



Nelson Mandela hat vor 20 Jahren Unglaubliches geschaffen. Was mich so beeindruckt, ist die gewaltlose Überwindung undenkbarer Taten! Dies, in einem Land wie Afrika, grenzt für mich an ein Wunder. Und es brauchte einen Nelson Mandela um dieses Wunder zu ermöglichen. Ohne ihn wäre das Ende der Apartheid einzig mit dem Blut von Hunderttausenden möglich gewesen. Doch dieses Wunder setzte etwas extrem Wichtiges voraus: Opfer und Täter sitzen gegenüber, sehen sich in die Augen, und sind ehrlich. Kein Tabu darf sein. Nelson Mandela und Desmond Tutu haben dieses Wunder bewirkt. Nie werde ich den weinenden Tutu vergessen, gebeugt mit dem Kopf auf seine Knien, völlig ausser Stande seine Gefühle zu unterdrücken, angesichts der unfassbaren Erzählungen von Opfern und Tätern. Es fliesst mir noch heute kalt den Rücken runter, wenn ich mir auch nur versuche vorzustellen, was Desmond Tutu in der Stunde vor seinen Tränen gehört haben muss, welch unmenschliche Fratze das menschliche Angesicht plötzlich annehmen kann. Und dennoch ist es Mandela und Tutu gelungen, aus dieser Hölle auf Erden einen Dialog der Versöhnung zu machen.


Nach all der erlebten Gewalt, in den letzten 2 Jahren, habe ich mich immer wieder gefragt, wann endlich diese Wut in mir nachlässt, wann ich endlich erlöst werde von meiner Racheslust. Nun weiss ich, dies wird nie geschehen. Nicht solange ich euch in die Augen gesehen habe und ihr zu dem stehen müsst, was ihr angestellt habt. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wort um Wort.



Meine Heldin, was soll ich sagen? Ich habe nicht viel zu sagen, hier und heute. Doch ich möchte wieder einmal einen Satz zitieren, der hier so wundervoll passt.

Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
Antoine de Saint-Exupéry

Und irgendwo werden wir unser Magic Carpet wieder finden. Und, sollte es in einem Bus sein, dann in dem den wir zum herumreisen benützen. Aber ich glaube eher, dieser unser Magic Carpet lässt sich überall finden, wenn wir ihn sogar in der Harten Klinik gefunden hatten.

Bild: The Kiss, von Walter Girotto

In diesem Sinn...
Bis zum Flug auf unserem fliegenden Ding da.
I love you.