May 15, 2011

David, Lucio & Chemicals

 
Ich hörte etwas Musik und, als zufällig Rod Steward kam wurde mir wieder schlagartig klar, weshalb ich David Bowie so sehr mochte. Ab und zu reicht etwas Schmerz um Gesundheit wieder richtig schätzen zu können. Bowie war ein verdammtes Genie, wie er immer wieder neue Charaktere schuf und diese mit absoluter Hingebung verkörperlichte. Ausserdem schaffte er es immer wieder den Geist der Zeit genauestens zu treffen, meistens mit mehreren Jahren Vorsprung auf alle anderen noch dazu. Ja, er war der grosse Trend-Macher, er antizipierte Styles in einer Zeit in der sich alles sehr sehr schnell und radikal veränderte. Mehrmals hat er ganze Generationen einen Soundtrack geliefert. Soundtrack, der vielleicht — schnelllebig wie die Zeiten die er beschallte — auch rasch wieder Vergangenheit wurde. Seine Werke waren leider nicht von langlebiger sozialer Relevanz, doch musikalisch bestehen sich auch noch nach Jahrzehnten. Aber Bowie erfand sich wieder und wieder neu. Bis zu dem Punkt, an dem es „Leben oder Kunst“ geheissen hätte. Viele vor ihm gingen den Pfad der Kunst, sie konnten gar nicht anders. Zum Glück schaffte Bowie den Weg des Lebens. Und, wenn man so wie er an beiden Enden brennt, benötigt es grossen Charakters, um den Docht nicht ganz ausbrennen zu lassen und eine kontrollierte Verbrennung hinzukriegen. Hut ab! Willensstärke, Charakter und, vielleicht jemanden dem einen mehr Liebe schenkt als man bisher erfahren durfte... Gesellschaftskritisch ist mir leider wenig von Bowie geblieben, und dort sehe ich auch nicht seine Leistungen. Wie auch immer... Dies ist auch eine nebensächliche Bemerkung, die ich machen wollte.

Von einem David zum anderen. Ich habe als Teenager die Platte „The Catherine Wheel“ so oft gehört, dass die Nadel des Plattenspielers sie aus dem Gedächtnis hätte spielen können: David Byrnes Musik zum Ballett von Twila Tharp. Eine dieser Platten, die ich — damals wie heute — schlicht und ergreifend als Kunststück betrachte. Später entdeckte ich dann zufällig die digitale Version, die noch eine ganze Reihe von Stücken zusätzlich zu bieten hatte. Ich habe mir immer wieder gewünscht, als ich das Album in den letzten Jahren hörte, einmal eine Chemical Brothers Version einiger Stücke hören zu dürfen. Es gibt das eine oder andere Stück, dass sich bestens für die Bros eignen würde. Es gibt eigentlich eine ganze Menge Musik, von der ich mir wünschen würde, einen Chemical Brothers Remix zu hören. Die von ihnen bearbeiteten Stücke haben immer etwas gewonnen, durch ihre Hände gegangen zu sein. Was würden sie aus Musik vom gemeinsamen Album von Brian Eno und David Byrne machen? Oder den Talking Heads? Mit King Krimson: Wäre da noch eine Steigerung möglich? Robert Fripp und Chemical Brothers: Höchste Massstäbe in den jeweiligen Bereichen. Und so gibt es einfach viel gute Musik, die schon an und für sich sehr gut ist, bei der ich mir die Zugabe der Brother-Action, der Vielschichtigkeit, der unübertroffenen Klang-Vielfalt, als Annäherung zur Perfektion vorstelle.

Und dann wären da noch die Sänger. So wie die Bros aus einem Richard Ashcroft ein Master-Piece machten, so gäbe es auch ganz andere Kandidaten. Zucchero zum Beispiel, wenn er in einem seiner Songs aus „Fly“ von der funkelnden Seele singt, die von nun an nicht mehr zu halten hat. Wenn er in „Così celeste“seine Madonna besingt, die allen Hoffenden gehören könnte, wäre sie nicht aus ganzem Herzen seine. Wie er von der Liebe singt, die in der Luft ist und einen nicht mehr verlassen wird, wenn man sich nur ein wenig selbst zuhört. Oder wenn er in „Bacco Perbacco“ von Funky und Mercy singt, die es bräuchte wenn die Sonne untergeht und von dem Leben in Fülle mit Brot, Wein, Honig und Venus das man dann haben könnte. Lucio Dalla ist ein anderer Kandidat, mit seiner magischen und abgespaceten Erfahrung einer ganzen Stadt die aufs Meer sticht, in „La notte dei miracoli“. Oder wenn er im Song „Futura“, beim sexuellen Akt mit seiner Partnerin von der Zukunft und ihrer werdenden Tochter singt. Oder „Il parco della luna“, mit Sonny Boy und Fortuna, die sich wie Kinder umarmten, bevor sie mit ihrem hölzernen Pferd die Verlorenen in der Nacht einsammeln gingen, zwischen hier und dem Mond. Und das sind nur 2 Italiener, die mir gerade in Sinn kommen. Mir unbekannte Engländer und Amerikaner, die pure Poesie in Musik zu verwandeln wissen, gibt es bestimmt zu Haufe.

The Chemical Brothers feat. David Byrne & Zucchero. Das wäre... Das wäre... STARK! Ja, das wäre sowas von STARK! Selbst wenn dieser Tag nie kommen sollte, Träumen bleibt etwas wundervolles. Und... Die chemischen Brüder haben bis jetzt immer genügend Phantasie und Talent gehabt, um immer wieder Verblüffendes hervorzubringen. Vom dem her, bin ich so oder so voller Vorfreude.