January 21, 2011

3 Jahre

 
21. Januar 2011
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Heute vor 3 Jahre bin ich in die Harte Klinik eingetreten. Zur Feier des Tages erzähle ich von zwei Träume, die ich in den letzten Monaten hatte.

Der Schlaf... Woher kommt der Schlaf? Wozu dient er? Weshalb ist er solch grundlegender Bestandteil unseres Lebens? So sehr, dass wir riesige Türme rund um das Schlafen bauen. Ganze Städte-Teile. Weshalb ist er, bei all den Wundern die von der Evolution errungen wurden, noch da? Schlafen Insekten? Träumen sie? Schlafen Einzeller? Träumen sie von der "Ur-Brühe"? Oder von der letzten Teilung? Ab wann benötigt ein Gehirn Schlaf? Ab wann träumt er? Was ist der Traum? Weshalb wurde er nicht weg evolutioniert? Könnten wir nicht einfach nur da sein, mit offenen Augen, während unser Gehirn auf Sparflamme läuft, in einer Art Trance? Weshalb gibt es ihn noch, den Schlaf, macht er jedes Tier doch zur leichten Beute. Weshalb sind wir während eines Drittels unserer Existenz derart angreifbar?

Oder ist die Funktion des Schlafes doch viel tiefgründiger als wir sie deuten können? Haben die Aborigines etwas gefühlt, was uns abhanden gekommen ist? Ist dieses Universum, das wir Tag täglich besuchen, genau so real wie das Eine hier in dem ich auf die Tasten tippe?


Ich liege. Rund um mir wird gehämmert. Schlag um Schlag schwindet das Licht. Plötzlich bin ich in Dunkelheit gehüllt. Ruhe. Nur mein Atem. Nun schaukelt alles. Für eine kurze Zeit. Wieder Ruhe. Und plötzlich ohrenbetäubender Lärm. Wieder und wieder. Der Lärm wird langsam aber stetig dumpfer. Immer entfernter. Bis irgendwann Ruhe ist. Völlige Ruhe. Doch ich bin nicht ruhig. Ich fühle Panik. Ich ersticke. Mein Herz platzt gleich. Ich wurde lebendig begraben!

Moment... Das ist ja nicht ein Traum. Das ist mein Leben! Die letzten 3 Jahre meines Lebens... Das ist was... Moment... Das ist doch eine Szene aus "Kill Bill Vol. 2" von Quentin Tarantino. Es ist die Szene als Uma Thurman lebendig begraben wird und sich dann aus eigener Kraft befreien wird. Aber... Weshalb ist mir diese Szene in den Sinn gekommen, als ich ein Traum von mir erzählen wollte? Vermischen sich die Welten? Verwischen die Grenzen?


Es ist Nacht. Mehr als ein halbes Dutzend Menschen sind auf den Beinen, in diesem Wald. Dort oben ist die Hütte, in der ich mit Freunde einige Tage verbracht habe. Wir befinden uns etwas unter dem Haus, auf dem Schotter-Weg in Richtung Tal. Ein Auto wird manövriert, auf einer kleinen Lichtung. Ich sehe die Heckleuchte, wie sie ihr grelles Licht auf die Bäume werfen wenn gebremst wird, auf die Erde, alles scheint von Blut übergossen zu sein. Wir warten auf das andere Auto. Nun fahren wir los. Ich befinde mich im Kofferraum eines Autos. Keine Ahnung wie ich hier gelandet bin. Ist aber nicht schlimm. Ich fühl mich wohl. Vielleicht verstecke ich mich ja nur. Das Auto wird nähmlich von Freunden gefahren. Wir fahren in Richtung Tal. Zuerst warteten wir auf das Auto, nun versuchen wir plötzlich zu fliehen. Ich weiss nicht weshalb. Das zweite Auto schliesst auf, es kommt immer näher. Ich kann es sehen. Wie ist das überhaupt möglich? Ich bin im Kofferraum eingeschlossen und sehe dennoch alles was rund herum geschieht. Ich höre die Gespräche meiner Leute, achte aber nicht darauf. Ich weiss, was ich zu tun habe. Weshalb ich es tun muss, kann ich nicht sagen. Es fühlt sich aber ganz logisch und sinnvoll an. Es fühlt sich wie die beste Option an, im diesem gegebenen Fall. Ich fühle keinerlei Reue, Traurigkeit, Angst oder Wut. Im Gegenteil: Alles wird gut. Es muss sein. Also nehme ich das Gewehr, setze es mir vors Gesicht und drück ab. Nun liege ich plötzlich am Boden, auf der trockenen Wald-Erde, irgendwo auf dem Weg oder gerade daneben. Nein, ich liege hinter dem Auto, das nun steht. Ich kann fühlen wie Flüssigkeit aus dem Innern meines Schädels auf die staubige Erde fliesst. Ich fühle das Loch in meinem Hinterkopf. Ich sehe die Lichter. Wieder sind es die Heckleuten, die vor dem Schwarzen der Umgebung und der näheren Umgebung die sie beleuchten an wunderschöne Sonnen-Untergänge erinnern. Ich sehe das Licht eines Blinkers, wie es aufhellt und wieder erlöscht. Es ist wunderschön. Ich höre die Stimmen der Menschen rund herum. Aber weshalb? Ich liege hier, rund herum ist der Weg ist mit Flüssigkeiten aus meiner Schädeldecke durchnässt, und ich verstehe jedes Wort das Gesprochen wird. Weshalb? Bin ich etwa nicht tot? Ich fühle kein Schmerz. Ich fühle nichts schlimmes. Was ist aber los? Weshalb bin ich noch? Oder... Weshalb bin ich noch in dieser Welt?

Ja. Dies war ein Traum von mir, den ich vor einiger Zeit hatte. Das Besondere daran? Ich würde diesen Traum nicht als Albtraum bezeichnen. Ich fühlte keinen Leid während des Träumens und auch nicht danach, beim mich Erinnern. Ein anderer Traum, den ich gerade vor etwas mehr als einer Woche hatte, völlig harmlos in der Handlung, völlig ohne Gewalt oder Blut, ist der reinste Dolch in meinem Herzen gewesen, sowohl während des Träumens wie auch nach dem Erwachen, in der Erinnerung daran.

Es ging dabei um ein Umher-Irren, von einem Menschen zum Nächsten. Teils alleine und Teils von Bekannten begleitet. Ich ging also von einem Menschen zum Nächsten, von einer Begegnung zu der Nächsten, von einer Situation zu der Nächsten. Und immer und immer wieder spielte sich die selbe Szene ab. Immer und immer wieder fühlte ich die selben Gefühle. Und jedes Mal tat es ein bisschen mehr Weh. Bis es unerträglich wurde. Bis mein Herz schmerzte. Bis ich weinen wollte. Oder mir das Herz aus dem Leib reissen. Nicht im Traum, im Schlaf! Ich würde lieber sterben, als diesen Traum weiter träumen zu müssen. Ich würde am liebsten weinen. Winseln, wie ein Baby. Wahrschenilich tue ich es auch. Ich begegnete also den verschiedensten Menschen und bei jeder Begegnung merkte ich irgendwann wie die Person genau Bescheid wusste und so tat als nichts wäre. Jeder verhielt sich mir gegenüber als sei alles in bester Ordnung, als wisse er von absolut nichts. Und jeder Einzelne wusste bestens Bescheid. Jeder wusste, ich war beruflich unterwegs und man würde mir bald kündigen. Die Kündigung war überhaupt nicht schlimm. Das habe ich schon mehrmals erlebt und, ich weiss inzwischen, das Leben geht weiter. Die Kündigung ist nicht das Problem. Sondern die Tatsache, dass jeder davon weiss. Sogar bevor ich davon wusste. Von meinem Chef. Durch ihn hat sich die Geschichte verbreitet und ist nun in aller Munde. Die Kündigung ist nicht das Problem. Die Begegnungen mit den Menschen aber, dieses Fühlen wie sie mir nichts sagen wollen, wie sie so tun als sei nichts, dieses Gefühl wurde mit der Zeit einfach unerträglich. Nicht auszuhalten. Jedes Realisieren wie der Mensch vor mir auch schon in das offene Geheimnis eingeweiht wurde ist wie ein Dolch in meinem Herz. Jedes Mal sterbe ich ein klein wenig. Weshalb es so schmerzhaft ist? Keine Ahnung. Es schmerzt nun einfach. Und zwar höllisch.

Das war's auch schon, mit diesem schrecklichen Albtraum. Viel schmerzhafter und aufwühlender als der erste Traum. Viel viel brutaler. Ein langsames, stetiges aufspiessen und umbringen meines Herzens. Meiner Freude. Meiner Lebenslust.


So träume ich. 3 Jahre nach dem ich in die Harte Klinik eintrat. Was dies alles wohl bedeuten mag?

Vielleicht, dass ich besser mit dem Tod "leben" kann, wenn ich ihn selber entschlossen haben, als wenn ich wie in toter durchs Leben gehen muss, wo die Entscheidung zu meinem Tod andere getroffen haben, hinter meinem Rücken?

Oder vielleicht sagt uns das einzig etwas über meine Verfassung? Vielleicht ist meine seelische Verfassung nicht die Beste?

Wer weisst das schon so genau, oder?



Ghost Beside My Bed  ==  Altered State


nbsp;